Siegfried Ruff und die Höhenversuche im KZ Dachau 1942
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat ein Team von Historikern unter der Leitung von Prof. Dr. Heiko Stoff an der Medizinischen Hochschule Hannover damit beauftragt, erste Studien und wichtige Quellen zu den sogenannten Höhenversuchen im Konzentrationslager (KZ) Dachau 1942 zusammenzutragen und auszuwerten. Auf der Grundlage umfangreicher Archivrecherchen sollten die wissenschaftlichen Experimente und die Rolle Siegfried Ruffs so weit wie möglich historisch rekonstruiert, kontextualisiert und anschließend kritisch reflektiert werden.
Das erstellte Gutachten lenkt den Blick nicht nur auf die Vorgeschichte und die Hintergründe der Höhenversuche, die Verantwortlichkeit Siegfried Ruffs und die fatalen Verstrickungen deutscher Flugmediziner in die nationalsozialistische Vernichtungspolitik. Es macht auch darauf aufmerksam, dass die Geschichte der missbrauchten und teilweise zu Tode gekommenen Häftlinge sehr leicht aus dem Blick gerät und noch nicht ausreichend erschlossen wurde. Die Erinnerung an diese Menschen stellt eine bleibende Aufgabe des DLR dar.
Siegfried Ruff gehörte zu den einflussreichsten Flugmedizinern der westdeutschen Nachkriegsgeschichte und leitete eine der Vorgängerorganisationen des DLR. Er erlangte seine Bedeutung auch aufgrund seiner umfangreichen Forschungen zur Flugsicherheit in großen Höhen. Diese Untersuchungen begannen bereits im Nationalsozialismus. In diesem Rahmen wurden drei Versuchsserien an Häftlingen im KZ Dachau durchgeführt, über die Siegfried Ruff mindestens informiert war. In einer mobilen Unterdruckkammer wurde erforscht, wie Menschen auf den extremen Sauerstoffmangel in großen Höhen reagieren. Etwa zehn bis dreißig Häftlinge kamen bei diesen Versuchen ums Leben.
Die Studie kann beim Zentralen Archiv des DLR als pdf angefordert werden.
Das DLR hat Anfang 2023 eine umfangreiche wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte seiner Vorgängerorganisationen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gestartet.