CHARLIZE
Der Mars hat eine signifikante aber dünne Atmosphäre. Im Vergleich zur Erde mit einem Druck von etwa 1000 hPa herrschen auf dem Marsboden im Mittel nur 6 hPa. Dieser geringe Druck hat zur Folge, dass die mittlere freie Weglänge der Gasmoleküle im Mikrometerbereich liegt und damit mit der Größe von Staubpartikeln und Poren im Marsboden vergleichbar ist. Unter solchen Bedingungen kann sich Gas entlang von Temperaturgradienten in den Poren – konkret von kalten zu warmen Stellen – bewegen, was als thermisches Kriechen bekannt ist. Diesen Effekt gibt es auf der Erde so nicht nennenswert in der Natur. Im Sonnensystem gibt es thermisches Kriechen in natürlicher Umgebung nur im Marsboden.
In der Folge der Gasbewegung kann das thermische Kriechen zu Überdruck nur Millimeter unter der Marsoberfläche führen und somit die Partikelschicht darüber nach oben drücken. Für diese Schicht ist es dann leichter sich zu lösen, wenn weitere Kräfte wirken.
In CHARLIZE geht es konkret um die Situation, dass sich Partikel auf dem Hang eines Hügels, Berges oder Kraters oberhalb eines bestimmten Neigungswinkels lösen. Dieser Winkel hängt davon ab, ob auf der Fläche thermisches Kriechen aktiv ist oder nicht. Im ersten Fall wird die Bewegung bei kleineren Winkeln auftreten. Temperaturunterschiede entstehen dabei im Marsboden auf ganz natürliche Weise durch Sonneneinstrahlung. Die genaue Morphologie des Bodens spielt hier eine große Rolle, da sie die Details des thermischen Kriechens bestimmt.
Unter Erdgravitation kann das Verhalten nur bedingt nachgestellt werden, da die Schüttung, die dem Marsboden und damit 1/3 Erdanziehungskraft entspricht, lockerer ist. Hinzu kommt, dass die Unterstützung durch thermisches Kriechen relativ zur Gravitation betrachtet auf der Erde schwächer ausfällt. Deshalb wird in CHARLIZE versucht, Marsbedingungen so gut wie möglich zu reproduzieren. Unter Schwerelosigkeit wird eine Zentrifuge verwendet, um Marsgravitation zu erzeugen. Ein Partikelbett, das den Marsboden simuliert, wird bei geringem Umgebungsdruck platziert, um die Bedingungen für thermisches Kriechen zu realisieren. Die Probe wird in dieser Kampagne durch einen Rührer gelockert und inhomogenisiert. Im weiteren wird der Boden während einer Parabel geneigt, um Marshänge zu simulieren. Schliesslich wird das Partikelbett beleuchtet, um die Sonneneinstrahlung nachzustellen. Abhängig von allen Umgebungsparametern wird untersucht, unter welchen Bedingungen und bei welchem Winkel die Hänge und einzelne Partikelschichten zu rutschen beginnen.