7. Februar 2024 | Erdbeobachtungsmission TanDEM-X

TanDEM-X: Deutsche Radarsatelliten zeigen Vulkanausbruch in Island

  • Im Dezember 2023 und im Januar 2024 kam es im Bereich der isländischen Sundhnúkur-Kraterkette zu vulkanischen Eruptionen.
  • Die DLR betriebenen Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X haben Radarbilder des Gebiets vor und nach den Eruptionen aufgenommen.
  • Bei Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmungen oder Vulkanausbrüchen liefern Radarsatelliten wichtige, zusätzliche Information über Lage, Ausdehnung und Ausmaß des Ereignisses und unterstützen damit den Zivilschutz vor Ort.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Erdbeobachtung

Am 18. Dezember 2023 kam es im Bereich der Sundhnúkur-Kraterkette zwischen Grindavík und dem Fagradalsfjall zu einer vulkanischen Eruption. Diese hatte sich bereits in den Wochen zuvor durch kleine Erdbebenschwärme angekündigt. Die Haupteruption dauerte bis zum 21. Dezember 2023. Am 14. Januar 2024 brach erneut Lava durch zwei Spalten weiter südlich und floss bis zu den ersten Häusern Grindavíks. Zu Beginn eines Ausbruchs ist es wichtig, schnell Informationen über Lage und Ausdehnung der vulkanischen Aktivität zu erhalten.

Wetterdienste und Zivilschutz-Organisationen weltweit nutzen in zunehmendem Maße Daten, die durch Satelliten mit einem Synthetic Aperture Radar (SAR) erstellt werden, um genau diese Informationen unabhängig von Beleuchtungs- und Witterungsbedingungen zu erheben. Die beiden vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X haben Radarbilder des Gebiets vor und nach Beginn der Eruption vom 18. Dezember 2023 aufgenommen.

Animierte Darstellung des Lavastroms an der Sundhnúkur-Kraterkette zwischen November 2023 und Januar 2024
Die Farbigkeit der Aufnahmen stammt aus statistischen Auswertungen und zeigt die Oberflächenrauigkeit der Lava an.

Die Farbigkeit der Aufnahmen stammt aus statistischen Auswertungen und zeigt die Oberflächenrauigkeit an. Aus den SAR-Bildern lässt sich die ausgetretene Lava deutlich erkennen. Einen Tag nach Ende der Eruption (zweites Bild der Animation oben) ist diese noch sehr hell, in den Wochen danach (drittes und viertes Bild der Animation oben) nimmt die Helligkeit im SAR-Bild ab. Das liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit an der Änderung der Rauigkeit der Lava, welche die Rückstreueigenschaften des Materials für das Radarsignal bestimmt. Durch die Abkühlung glättet sich die Oberfläche des Lavastroms, ihre Rauigkeit gleicht sich der umliegenden erkalteten Lava früherer Ausbrüche an.

Veränderung der Topographie im Bereich der Sundhnúkur-Kraterkette
Diese wurde durch die vulkanische Eruption am 18. Dezember 2023 verursacht.

Beide Satelliten haben die Region einzeln und auch gemeinsam aufgenommen, um aus der Kombination eines Bildpaares mit Hilfe von Interferometrie eine digitale Höhenkarte (Digital Elevation Model, DEM) zu berechnen (Bild oben, vor bzw. nach der Eruption). Auf diesen kann man die durch den Lavastrom verursachte Höhenänderung und die Flussrichtung der Lava Richtung Nordosten gut erkennen. Aus der Differenz zweier Höhenkarten – vor und nach der Eruption – errechnet sich die Höhenänderung (Bild unten). Daraus lässt sich auf das ausgetretene Lavavolumen schließen. Eine erste Abschätzung liefert ein Volumen von etwa 15 Millionen Kubikmetern Lava innerhalb der ersten fünf Tage nach Ausbruch. Zum Vergleich: Das Abbruchvolumen des Brenner-Basistunnels wird auf ca. 21,5 Millionen Kubikmeter geschätzt, bei einer geplanten Bauzeit von 25 Jahren.

Differenz der beiden Höhenmodelle vom 1. Dezember und 23. Dezember 2023
Die Höhenänderungen durch die Lava sind farblich gelb/rot hervorgehoben.

Ein interessantes Detail: Mittig in der linken Bildhälfte befindet sich das für die Versorgung wichtige Geothermiekraftwerk Svartsengi und die Blaue Lagune, die durch Medienberichte bekannt und bereits vor der Eruption für Besuchende gesperrt wurde. Zum Schutz der Infrastruktur wurde in kurzer Zeit ein ringförmiger Schutzwall angelegt, um die potentiellen Lavaströme umzulenken. Den Bau dieses Walls sieht man im Vergleich der beiden DEMs. Zwischen der ersten und der zweiten Aufnahme wurde er weitgehend fertig gestellt.

Auch die zweite Eruption vom 14. Januar 2024 ist in den SAR-Aufnahmen erkennbar. Hier trat Lava aus zwei Spalten südlich der ersten Eruption aus. Nördlich von Grindavík ist die Lavafläche oberhalb einer der Schutzwälle sowie direkt am Nordende der Stadt erkennbar (unten, linke Bildhälfte). In der rechten Hälfte der zweiten Aufnahme sind leicht hellere Flächen an den Bergen zu sehen, die vermutlich durch Schneefall zwischen erster und zweiter Aufnahme entstanden. Für diese zweite Eruptionen liegt bislang noch kein Höhenmodell vor.

Animierte Darstellung der zweiten Eruption vom 14. Januar 2024 am nördlichen Stadtrand von Grindavík
Eine neue oberflächennahe Magma-Akkumulation in ähnlicher Größenordnung nördlich von Grindavík lässt weitere Eruptionen in der Gegend in nächster Zeit wahrscheinlich erscheinen.

Über die Mission

Die Missionen TerraSAR-X und TanDEM-X wurden im Auftrag des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz realisiert. Es sind die ersten deutschen Satelliten, die im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen dem DLR und der Airbus Defence and Space GmbH realisiert wurden.

Das DLR ist für den Aufbau und Betrieb des Bodensegments zuständig sowie für die wissenschaftliche Nutzung der Daten und deren Verteilung an extern Forschende weltweit verantwortlich. Airbus Defence and Space beteiligte sich an den Kosten für Entwicklung, Bau und Einsatz der Satelliten. Die Programmlinie „Geo-Intelligence“ bei Airbus DS übernimmt die kommerzielle Vermarktung der Daten. Seit 2016 wird das Projekt in einer Fortsetzungsvereinbarung mit Airbus weitergeführt.

TerraSAR-X und TanDEM-X eignen sich besonders für die Beobachtung von Veränderungen auf der Erdoberfläche. Sie sind in der Lage, 2D- beziehungsweise 3D-Bilder mit hoher Auflösung und unabhängig von Wetterbedingungen und Tageslicht aufzunehmen. Beide Satelliten liefern Radarbilder in hoher Qualität für vielfältige Anwendungen im wissenschaftlichen, kommerziellen und sicherheitsrelevanten Bereich.

Kontakt

Michael Müller

Redakteur
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-3717

Klara Antesberger

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme
Münchner Straße 20, 82234 Weßling

Dr.-Ing. Markus Bachmann

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
In­sti­tut für Hoch­fre­quenz­tech­nik und Ra­dar­sys­te­me
Münchener Straße 20, 82234 Weßling

Dr. Patrick Klenk

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
In­sti­tut für Hoch­fre­quenz­tech­nik und Ra­dar­sys­te­me
Münchener Straße 20, 82234 Weßling