20. März 2024 | DLR unterstützt Schweizerische Bundesbahnen im Projekt FAST

Rangieren aus der Ferne

Der im Projekt erprobte Protoyp des Fernrangierarbeitsplatzes
Bremsprobe und auf Signal losfahren – am Fernrangierarbeitsplatz ist für die Triebfahrzeugführenden vieles wie gewohnt, aber es gibt auch Unterschiede. Während sie etwa beim Fahren auf der Lok die Beschleunigung auch körperlich wahrnehmen, sind hier vor allem der Videostream und die Geschwindigkeitsanzeige die maßgeblichen Informationsquellen. Anhand eines Sets von rangiertypischen Aufgaben untersucht das DLR im Auftrag der SBB, wie gut der Arbeitsplatz bereits für die Fernsteuerung geeignet ist und wie er noch optimiert werden kann.
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SBB AG

  • DLR, SBB und ALSTOM erproben Rangieren von Zügen aus der Ferne.
  • Rangieren ist ein komplexer Anwendungsfall. Im Fokus der Untersuchungen stehen die Anforderungen an die Mensch-Technik-Interaktion.
  • Das DLR bringt vor allem sein Know-how bei der nutzerfreundlichen Gestaltung eines Arbeitsplatzes für die Fernsteuerung ein.
  • Schwerpunkte: Verkehr, Bahnforschung, automatisiertes und vernetztes Fahren

Was ist nötig, um eine Lok im Rangierbetrieb fernzusteuern? Wie muss ein Arbeitsplatz zum Rangieren aus der Ferne aufgebaut sein und funktionieren? Diese Fragen untersucht das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Auftrag der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Am 21. März 2024 präsentieren DLR, SBB und ALSTOM bei einer Fahrdemonstration erste Ergebnisse. Das Vorhaben ist ein Machbarkeitsnachweis (Proof-of-concept) im SBB-Projekt FAST (Full Automation Specification Testing) und leistet einen Beitrag zur Spezifikation von Anforderungen an Automatisierung im Bahnbetrieb auf europäischer Ebene.

Keine Automation ohne menschliche Operateure

Seit einigen Jahren gibt es Überlegungen, wie eine Automatisierung im Bahnbereich aussehen könnte. Selbst in einem Szenario, in dem Züge selbständig fahren, muss das korrekte Funktionieren der Systeme überwacht werden können und bei Bedarf müssen Diagnosen und Eingriffe möglich sein. „Auch bei hoher Automation werden menschliche Operateure ein unverzichtbarer Bestandteil des Systems Bahn bleiben“, erklärt Dr. Annika Dreßler vom DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik. „Um hier einen sicheren und effizienten Betrieb zu gewährleisten, müssen wir die zukünftigen Arbeitsplätze so gestalten, dass sie den Leistungsvoraussetzungen, Fähigkeiten und Bedürfnissen der Akteure entsprechen“, so Dreßler weiter.

Der Anwendungsfall des Rangierens bietet den Forschenden ein ideales Testfeld, um die Anforderungen einer Fernsteuerung an Mensch, Technik und Organisation (MTO) zu untersuchen. Insbesondere geht es darum, welche Anforderungen für eine optimale Mensch-Technik-Interaktion erfüllt sein müssen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DLR beschäftigten sich dabei beispielsweise mit den Fragen, welche sensorischen Informationen und Rückmeldungen in welcher Qualität benötigt werden und welche Funktionen den Fernoperateurinnen und -operateuren zur Verfügung stehen sollten.

90 Tonnen zuverlässig aus der Ferne steuern

Den Prototyp des Fernrangier-Arbeitsplatzes ließen die SBB von ALSTOM aufbauen. Für die Erprobung wählten DLR und SBB gemeinsam ein Set von Aufgaben aus dem Rangierbetrieb aus, die gute Testfälle für die Sensorik, Informationsübertragung und Funktionen des Arbeitsplatzes darstellen. „Unsere Testszenarien umfassen unter anderem das Fahren nach Signalen in verschiedenen Konstellationen, das Heranfahren an ein anderes Schienenfahrzeug zum Kuppeln und die Erkennung unterschiedlicher Hindernisse im Gleis“, erklärt Dreßler. Im Februar und März 2024 haben 24 Lokführer der SBB aus Personen- und Güterverkehr sowie Infrastruktur und Rangierbetrieb das System getestet. Die gesteuerte Lok vom Typ Aem 940 befand sich dabei auf dem Rangierbahnhof Zürich-Mülligen. Die Steuerzentrale dagegen stand im ALSTOM-Gebäude – im fünf Kilometer entfernten Oerlikon.

„Mit dem Abschluss der Tests beginnt für uns nun die spannende Phase der Datenauswertung“, sagt Dreßler. „Sie wird uns zeigen, wie gut das prototypische System bei Tag und Nacht unter verschiedenen Witterungsbedingungen für die Ausführung der Rangieraufgaben geeignet war und was wir noch verbessern können.“

Kontakt

Jasmin Begli

Kommunikation Braunschweig, Cochstedt, Stade, Trauen
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Lilienthalplatz 7, 38108 Braunschweig
Tel: +49 531 295-2108

Dr. Annika Dreßler

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Verkehrssystemtechnik
Lilienthalplatz 7, 38108 Braunschweig