Offizielle Inbetriebnahme der DLR-Testumgebung BALIS
- Das DLR hat am 28. Oktober 2024 in Empfingen das Testfeld BALIS in Betrieb genommen.
- Mit dieser einzigartigen Testinfrastruktur entwickelt und erprobt das DLR neuartige Antriebssysteme auf Basis von Wasserstoff-Brennstoffzellen mit einer Leistung im Megawatt-Bereich.
- Aktuell sind solche Antriebssysteme noch nicht kommerziell erhältlich.
- Sie können in Zukunft zum Beispiel bei Antrieben für Schiffe und perspektivisch in der Luftfahrt zum Einsatz kommen, um eine CO2-freie Mobilität zu ermöglichen.
- Schwerpunkte: Energie, Verkehr, Luftfahrt, Wasserstofftechnologien, Mobilität der Zukunft, klimaverträgliches Fliegen
Im Projekt BALIS baut das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Empfingen ein einzigartiges wissenschaftliches Testfeld auf. Das DLR entwickelt und erprobt mit ihm Brennstoffzellen-Antriebe für unterschiedliche Verkehrsträger. Im Fokus des BALIS-Projekts stehen Brennstoffzellen-Systeme mit einer Leistung von rund 1,5 Megawatt, die zukünftig zum Beispiel Schiffe antreiben und perspektivisch in der Luftfahrt eingesetzt werden können. Aktuell sind solche Systeme noch nicht auf dem Markt erhältlich. Kommt in Brennstoffzellen Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen – sogenannter grüner Wasserstoff – zum Einsatz, ermöglichen sie CO2-freie und damit klima- und umweltverträgliche Mobilität. Die Anlage befindet sich auf dem Innovationscampus des E2U Empfinger Entwicklungszentrum für Umwelttechnologie. Dort hat am 28. Oktober 2024 die feierliche Inbetriebnahme mit Vertretenden aus Politik, Verwaltung und Industrie stattgefunden. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert das Testfeld BALIS mit 26 Millionen Euro.
Einmalige Testanlage für Brennstoffzellen-Antriebsstränge für mobile Anwendungen
„Der Dialog zwischen Forschung und Industrie, der beim Aufbau und der Nutzung von Großanlagen wie BALIS entsteht, ist für beide Seiten von unschätzbarem Wert. Denn so zeigen wir gemeinsam, dass neue Technologien nicht nur funktionsfähig sind, sondern entwickeln sie hin zu einer Größe und einer Wirtschaftlichkeit, womit sie als Lösung für die Industrie interessant werden“, sagte Prof. Dr.-Ing. Karsten Lemmer, Mitglied des DLR-Vorstands und verantwortlich für Innovation, Transfer und wissenschaftliche Infrastrukturen. „Speziell in der Luftfahrt ist der Schritt vom stabilen Antriebssystem auf dem Boden hin zur Qualifikation für den Einsatz in Flugzeugen sehr komplex und benötigt Zeit. Eine Anlage wie BALIS schafft dafür die Basis und Verlässlichkeit, die es für die Transformation der Luftfahrt benötigt.“
„Die Eröffnung des Testfelds ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045. Der Verkehr steht vor großen Herausforderungen und Wasserstoff bietet uns die Chance, emissionsfreie Antriebssysteme für unterschiedliche Verkehrsträger zu entwickeln und zu implementieren. Mit gezielter Förderung unterstützen wir Forschung und Entwicklung, um innovative und am Ende marktfähige Lösungen zu schaffen. Gemeinsam mit Industrie und Wissenschaft legen wir so die Grundlagen für eine nachhaltige Mobilität“, erklärte Hartmut Höppner, Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Verkehr.
„Wasserstofftechnologien sind zentral für die Energie- und Verkehrsforschung im DLR. Wie kein anderes Forschungszentrum deckt das DLR mit seiner interdisziplinären Kompetenz aus Luftfahrt, Raumfahrt, Energie, Verkehr, Sicherheit und Digitalisierung dabei die ganze Prozesskette ab: von Werkstoffen und Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Ressourcen, über die Anwendung in mobilen und stationären Systemen bis hin zur Systemanalyse. Sie zeigt, in welchen Zusammenhängen und unter welchen Bedingungen Wasserstofftechnologien ein wirtschaftlich zukunftsweisendes, sicheres und nachhaltiges Energie- und Mobilitätssystem schaffen können“, erläuterte die DLR-Bereichsvorständin Energie und Verkehr Prof. Dr. Meike Jipp.
Das komplexe und modular aufgebaute BALIS-Testfeld ermöglicht, einzelne Komponenten und auch ganze Antriebsstränge umfassend zu untersuchen: Dazu gehören das Brennstoffzellen-System selbst, Elektromotoren, Tankinfrastruktur sowie Steuerungs- und Regelungstechnik. Aufgrund des flexiblen Aufbaus und der damit verknüpften Forschungsmethodik ist die Anlage damit weltweit einmalig. Alle Teile der Anlage sind in Containern untergebracht. Verantwortet wird das Projekt vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik.
Neue Generation von Brennstoffzellen-Systemen für klimaverträgliche Mobilität
Zusätzlich zum Aufbau und Betrieb des Testfelds baut das DLR auch ein eigenes elektrisches Antriebssystem der Megawatt-Leistungsklasse auf. Es besteht aus Brennstoffzellen-System, Wasserstofftank, Elektromotor sowie Steuerungskomponenten und Leistungselektronik. Damit gehört das DLR zu den ersten Einrichtungen, die über ein solches System verfügt. Mit ihm lassen sich alle Prozessschritte eines Brennstoffzellen-Antriebssystems grundlegend erfassen, verstehen und qualifizieren. Die größten kommerziell erhältlichen Brennstoffzellen für mobile Anwendungen haben eine Leistung von bis zu mehreren hundert Kilowatt. Um den Megawatt-Bereich zu erreichen, müssen die Brennstoffzellen-Systeme aus mehreren verschalteten Brennstoffzellen-Modulen aufgebaut werden. Daraus ergeben sich hohe Betriebsspannungen und -ströme. Diese müssen für einen stabilen und effizienten Betrieb optimal gesteuert werden. Gleichzeitig sind ein geringes Gewicht und eine hohe Effizienz des Antriebssystems entscheidend für die kommerzielle Anwendung im Schwerlastbereich. Im Fokus der Arbeiten steht deshalb zunächst das Verhalten und die Optimierung dieses Megawatt-Antriebssystems für einen stabilen Betrieb bei unterschiedlichen Lastszenarien.
Weiterer Schwerpunkt: Umgang und Einsatz von flüssigem Wasserstoff
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der BALIS-Testinfrastruktur ist die Handhabung von flüssigem Wasserstoff (liquid hydrogen, LH2) in großen Mengen für den Betrieb des gesamten Antriebssystems. Dazu baut das DLR aktuell mit zusätzlichen Mitteln von rund drei Millionen Euro einen Versuchstank und die notwendige Betankungsinfrastruktur auf. Bezogen auf das Speichervolumen hat flüssiger Wasserstoff eine höhere Speicherdichte als gasförmiger Wasserstoff. Flüssig wird Wasserstoff erst bei sehr tiefen Temperaturen ab -253 Grad Celsius. Deshalb wird flüssiger Wasserstoff auch als kryogener Wasserstoff bezeichnet. Das Verflüssigen, Speichern und Weiterleiten des Wasserstoffs stellen aus diesem Grund spezielle Bedingungen an die Infrastruktur, um Druck und Temperatur konstant zu halten.
Enge Verzahnung mit der Industrie: Anlage für nächsten Jahre ausgelastet
Für die nächsten drei Jahre ist die Testumgebung BALIS schon ausgelastet mit Forschungsvorhaben und Kooperationsprojekten mit Industriepartnern. Zu den Unternehmen, mit denen das DLR dafür zusammenarbeitet, gehören innovative Start-ups, etablierte Mittelständler und Global Player aus dem Energie- und Luftfahrtsektor. Dazu zählen unter anderem die DLR-Ausgründung H2FLY sowie der Brennstoffzellenhersteller PowerCell, der Spezialist für elektrische Antriebe Compact Dynamics sowie der Hersteller und Lieferant von technischen Gasen Air Liquide. Aus dem Luftfahrtsektor arbeitet das DLR unter anderem mit den Firmen Diehl Aerospace, GE Aerospace und Deutsche Aircraft zusammen. Systempartner, mit dem die Anlage ausgelegt und realisiert wurde, ist das Unternehmen AVL.
Weiterführende Links
Finanzierung und Koordination des Projekts BALIS:
Das Projekt BALIS wurde im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie mit insgesamt knapp 30 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gefördert und über den Energie- und Klimafonds finanziert. Die Förderrichtlinie wurde von der Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.