Erfolgreicher Erstflug von „RED KITE“
- Hohe Leistungsfähigkeit der RED KITE erlaubt schwerere Nutzlasten für Höhenforschungsraketen.
- Mit dem Erstflug des neuen Raketenmotors wurde bereits das Experiment APEX-TD (Air Breathing Propulsion Experiment – Technology Demonstrator) getestet.
- Der neue Raketenmotor geht ab Februar 2024 in den Regelbetrieb für das MAPHEUS-Programm des DLR zur Forschung in Schwerelosigkeit.
- Schwerpunkte: Raumfahrt, Höhenforschungsraketen.
Höhenforschungsraketen benötigen leistungsfähige Raketenmotoren, um das Weltall zu erreichen und anschließend vor dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre für mehrere Minuten in Schwerelosigkeit zurück zur Erde zu fallen. In einem gemeinsamen Entwicklungsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Bayern-Chemie ist es nun gelungen einen neuen Raketenmotor der Eintonnen-Klasse zu entwickeln und zu qualifizieren. Am 13. November 2023 startete die Mobile Raketenbasis (MORABA) des DLR die erste Forschungsrakete, angetrieben von einer einstufigen „RED KITE“ (übersetzt „Roter Milan“) vom Startplatz Andøya Space im Norden Norwegens. Mit einer Gesamtlänge von 6,6 Metern und einer Startmasse von 1,5 Tonnen erreichte das Vehikel den Scheitelpunkt der Flugbahn in 71 Kilometern Höhe. Im Aufstieg erreichte die Rakete eine maximale Fluggeschwindigkeit von 5.150 Kilometer pro Stunde, was einer Machzahl von knapp 5 entspricht. Anschließend fiel die Forschungsrakete rund 60 Kilometer entfernt zum Startpunkt in den Atlantischen Ozean. Umfangreichen Messdaten wurden während des Fluges an die Bodenstation übertragen.
„Wir freuen uns über die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Bayern-Chemie. Mit RED KITE steht der internationalen Forschungsgemeinschaft nun ein neuer, leistungsstarker Raketenmotor für Höhenforschungsmissionen zur Verfügung“, sagt Dr. Anke Pagels-Kerp, DLR-Bereichsvorständin Raumfahrt, anlässlich des gelungenen Erstflugs. „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen wie der Forschung unter Schwerelosigkeit, Atmosphärenphysik, Über- und Hyperschalltechnologien oder neuen Raumfahrttechnologien haben jetzt verbesserte Möglichkeiten, Höhenforschungsraketen als kostengünstige und flexible Forschungs- und Erprobungsplattform zu nutzen.“
Der Geschäftsführer der Bayern-Chemie, Dr. Wolfgang Rieck, freute sich sehr über den erfolgreichen Test: „Respekt und Gratulation an das Projektteam für diese Topleistung. Wir sind alle stolz auf den gemeinsamen Erfolg und freuen uns darauf, die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem DLR in der Serienfertigung fortzusetzen.“
Die hohe Leistungsfähigkeit der RED KITE ermöglicht konkret erweiterte Nutzlastkapazitäten im Vergleich zu den bisher in Europa durchgeführten Schwerelosigkeitsforschungsprogrammen. Die in Deutschland erstmalig verantwortete Gesamtsystemauslegung in der Größenordnung von einer Tonne Festtreibstoff ist ein wesentlicher Schritt verbunden mit einer erheblichen Fähigkeitssteigerung in der Raketentechnologie. Der Motor wurde für den Einsatz vornehmlich als Boosterstufe von mehrstufigen Forschungsraketen konzipiert. Die gut 900 Kilogramm Komposittreibstoff brennen innerhalb von zwölf Sekunden ab und liefern den notwendigen hohen Startschub für Forschungsraketen.
Erstflug und erstes Experiment an Bord
Während der Mission SOAR (Single Stage Operational Assessment of Red Kite) wurde nicht nur der neue Raketenmotor erfolgreich im Flug erprobt, sondern der Testflug hatte bereits eine wissenschaftliche Nutzlast des DLR-Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik sowie des DLR-Instituts für Bauweisen und Strukturtechnologie an Bord. Bei dem Experiment APEX-TD (Air Breathing Propulsion Experiment – Technology Demonstrator) wurde die Durchströmung eines sogenannten Überschall-Verbrennungsantriebes untersucht, sowie passende Thermalschutzkonzepte erprobt. Die gesammelten Daten werden nun im Detail ausgewertet.
Das DLR beauftragte die Firma Bayern-Chemie Ende 2019 mit der Entwicklung und Fertigung eines Feststoff-Motors der Eintonnen-Klasse. Die Abteilung MORABA der DLR-Einrichtung Raumflugbetrieb und Astronautentraining verantwortete neben der Integration des RED KITE Motors in ein flugfähiges Vehikel ebenso den On-board Computer der Rakete, die Bahnverfolgung mittels DLR-eigenem Radar, sowie die Missionsplanung, wozu auch umfangreiche Flugdynamik-Berechnungen gehören. Zusammen mit dem Startplatzbetreiber Andøya Space, der unter anderem für die Flugsicherheit verantwortlich war, gelang die erfolgreiche Qualifikation des Feststoffmotors. Dieser wird im nächsten Schritt bereits im Februar 2024 als zweistufige Höhenforschungsrakete für das MAPHEUS-Programm des DLR zur Forschung in Schwerelosigkeit in den Regelbetrieb gehen. In einer zweistufigen Konfiguration ergibt sich mit RED KITE die Möglichkeit mehr als 400 Kilogramm Nutzlast verschiedener Experimente auf mindestens 250 Kilometer Höhe zu bringen. MAPHEUS-14 wird dann unter anderem mit einem 3D-Druck-Experiment in Schwerelosigkeit an die erfolgreiche Flugreihe von DLR-Höhenforschungsraketen anknüpfen.