3. August 2023 | Klimawandel im Blick mit GABONX

Vom Regenwald ins Weltall – Radartechnologie bestimmt Biomasse

  • Das DLR erstellte Radar-Tomographien vom Regenwald in Gabun, um die Waldbiomasse zu ermitteln. Die Kenntnis ist notwendig, um die globale Erwärmung genau zu berechnen.
  • Getestet wurden Radartechnologien für künftige Satellitenmissionen zur Erdfernerkundung.
  • Die Messkampagne GABONX erfolgte mit F-SAR-Radarsystem an Bord des DLR-Forschungsflugzeugs DO 228-212.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Radartechnologie, Erdfernerkundung, Klimawandel

Bisher gibt es nur Schätzungen, wie viel Waldbiomasse weltweit vorhanden ist. Ihre Größe ist jedoch entscheidend, um die globale Erwärmung genau zu berechnen. Das dient dazu, die Folgen des Klimawandels vorherzusagen und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) arbeiten an Technologien, die Waldbiomasse mit Hilfe von Radarsatelliten künftig weltweit genau zu bestimmen und zu beobachten. Dazu hat ein Forschungsteam aus Oberpfaffenhofen die fünfwöchige Messkampagne GABONX initiiert und im zentralafrikanischen Gabun nun erfolgreich abgeschlossen.

Für den Klimaschutz ist es wichtig, bis ins Detail zu verstehen, wie die Waldbiomasse den Kohlenstoffkreislauf beeinflusst. Dazu benötigen die Expertinnen und Experten hochgenaue Daten darüber, wie sich die globale Waldbiomasse durch Walddegradation, Waldbrand und Abholzung verändert. Die täglichen Messflüge von GABONX deckten insgesamt sieben Gebiete mit unterschiedlichen Ausprägungen von tropischen Regenwäldern ab.

Von den jeweils etwa fünf Kilometer breiten und zehn Kilometer langen Waldgebieten erstellte das DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme tomographische Datensätze. Sie nutzten unterschiedliche Frequenzen im Radarbereich, um daraus Rückschlüsse auf die im Wald gespeicherte Biomasse zu ziehen. Für die Messflüge war das DLR-Forschungsflugzeug Dornier DO 228-212 im Einsatz, das von der Einrichtung Flugexperimente in Oberpfaffenhofen betrieben wird. Die GABONX-Kampagne wurde vom DLR geleitet und erfolgte in Zusammenarbeit mit der gabunischen Raumfahrtagentur AGEOS (Agence Gabonaise d’Etudes et d’Observations Spatiales) sowie den amerikanischen und europäischen Raumfahrtorganisationen NASA und ESA.

CO2-Speicher Regenwald

Bäume speichern große Mengen an Kohlenstoff, indem sie bei der Photosynthese Kohlenstoffdioxid (CO2) aufnehmen und daraus Holz bilden. Auch Böden intakter und naturnaher Wälder, Moore und Feuchtgebiete speichern viel Kohlenstoff. Regenwälder gehören zu den größten CO2-Speichern unserer Erde. Wenn das CO2 plötzlich in großen Mengen freigesetzt wird, etwa durch Abholzung oder Brände, wirkt sich das entsprechend drastisch auf das Klima aus.

Gabun beherbergt tropischen Regenwald in seinen unterschiedlichsten Ausprägungen: forstwirtschaftlich genutzt sowie unberührt in Nationalparks, aber auch mit illegalem Holzeinschlag. An den Küsten ist Mangrovenwald weit verbreitet – ideale Testgebiete für die DLR-Forschenden, ihre Radarsensoren und Auswertungsmethoden für künftige Missionen der Erdfernerkundung entwickeln.

Zu den besonderen Anwendungen gehört die Radar-Tomographie. Mit Wellen im Dezimeterbereich (L- und P-Band) „durchleuchtete“ das F-SAR-Radarsystem des DLR den Wald und erzeugte daraus Informationen zu Baumhöhen und Struktur des Regenwalds. Abgebildet wurden die unterschiedlichen „Stockwerke“ des Waldes, von den dichten Baumkronen bis zum Waldboden. Ähnlich wie in der medizinischen Diagnostik konnten die Forscherinnen und Forscher dreidimensionale Informationen aus der Tomographie gewinnen. Dies eröffnete ihnen einzigartige Einblicke in sonst schwer zugängliche Gebiete und verborgene CO2-Depots.

Die Messgebiete für GABONX hatte das Projektteam größtenteils im Rahmen der AfriSAR-Kampagne bereits 2016 beflogen. Um die zeitlichen Veränderungen des Regenwalds sichtbar zu machen, erstellten sie aktuelle Vergleichsaufnahmen. Die Datensätze sind wertvoll, da sie unter anderem Aufschluss darüber geben, wie viel Biomasse verlorengegangen oder auch nachgewachsen ist.

Wie sieben Jahre zuvor, begleitete diesmal auch die NASA wieder die Messungen. Zeitgleich mit dem DLR führten die US-Amerikaner von dem NASA-Zentrum in Goddard Flüge über denselben Testgebieten mit ihrem Laserscanner LVIS durch. LVIS kann bei guten Sichtbedingungen ohne Wolkenbedeckung sehr genaue Informationen über die Höhe der Bäume, ihre Höhenstaffelung und den Erdboden liefern. Diese Informationen dienten den Radarmessungen des DLR als Referenz.

Messdaten für Satellitenmissionen

Für den effektiven Klimaschutz ist es wichtig, die Biomasse auf globaler Ebene und mit hoher Genauigkeit zu erfassen. Das werden nur Satelliten der nächsten Generationen leisten können. Radarsysteme haben den besonderen Vorteil, dass sie von einem Flugzeug aus genauso arbeiten und einsetzbar sind, wie auf einem Satelliten im Orbit. Das flugzeuggetragene F-SAR des DLR wird daher vielfach zur Vorbereitung von Raumfahrtmissionen genutzt.

Von den GABONX-Messflügen werden insbesondere zwei europäische Erdbeobachtungsmissionen profitieren: Der Radarsatellit Biomass soll 2024 starten und mit sehr langen Wellenlängen im P-Band arbeiten, um Informationen über die in den Wäldern gespeicherte Biomasse und deren Dynamik zu ermitteln. Darüber hinaus wird die ESA voraussichtlich im Jahr 2028 ROSE-L in Betrieb nehmen. Der Radarsatellit im L-Band soll ein weites Aufgabenspektrum zwischen den arktischen Gebieten und den Tropen abdecken, unter anderem im Bereich des Waldmonitorings.

Die im Rahmen von GABONX gewonnenen Daten bieten die Möglichkeit, viele Jahre vor einer geplanten Satellitenmission die notwendigen Werkzeuge zu entwickeln, anhand der Datensätze aus dem Flugzeug zu verifizieren und neue Anwendungen zu generieren. Das DLR treibt damit Innovationen für den Wirtschaftsstandort Deutschland voran und leistet einen Beitrag zum weltweiten Klimaschutz.

Kontakt

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Prof. Dr.-Ing. Alberto Moreira

Direktor
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme
Münchner Straße 20, 82234 Oberpfaffenhofen-Weßling

Ingmar Mayerbuch

Leiter Forschungsflugabteilung Oberpfaffenhofen
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Flugexperimente
Münchener Straße 20, 82234 Weßling