Billigflieger nicht mehr so billig
- Langsame Erholung bei den Low-Cost-Fliegern, jedoch zu deutlich höheren Preisen.
- Der „Low Cost Monitor“ des DLR erscheint seit 2006 zweimal jährlich und zeigt aktuell die Entwicklungen der in Deutschland verkehrenden Billigfluggesellschaften auf.
- Schwerpunkte: Luftfahrt, Luftverkehr
Low-Cost-Flugverbindungen ab Deutschland verzeichneten in der Wintersaison 2022/2023 ein weiter anhaltendes, langsames Wachstum. Allerdings ist das Vorkrisenniveau noch lange nicht erreicht. Gleichzeitig sind die Billigflieger nicht mehr so billig. Low-Cost-Fluggesellschaften ziehen sich von Großflughäfen zurück und Langstreckenangebote nach Übersee kommen erst vereinzelt wieder in den Markt. Diese Ergebnisse stehen im nun erschienenen „Low Cost Monitor 1/2023“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Bericht wird seit 2006 zweimal jährlich veröffentlicht.
„Die betrachteten Fluggesellschaften haben im Low-Cost-Segment im Januar 2023 wöchentlich 485 unterschiedliche Strecken ab Deutschland angeboten“, sagt Studienleiter Dr. Peter Berster vom DLR-Institut für Luftverkehr in Köln. „Dies sind 45 Strecken mehr als letztes Jahr, allerdings immer noch mehr als 200 Strecken weniger als beim Rekord im Winter 2019 vor der Coronapandemie.“
Preise steigen deutlich
„Die schwierige Lage am Markt führt dieses Jahr zu deutlich steigenden Preisen im Low-Cost-Segment“, erklärt Berster. „Die ermittelte Preisspanne lag im Frühjahr 2023 auf einem Niveau von rund 103 bis 147 Euro bei den Durchschnittspreisen der betrachteten Fluggesellschaften Ryanair, Easyjet, Eurowings und Wizz.“ Im Frühjahr 2019 lag diese Spanne noch bei rund 59 bis 106 Euro.
Nach der aktuellen Analyse ist Easyjet mit einem durchnittlichen Ticketpreis von rund 103 Euro vor Eurowings, Ryanair und Wizz die Gesellschaft mit den preisgünstigsten Angeboten inklusive aller Steuern und Gebühren im deutschen Markt.
Im Schnitt haben sich bei kurzfristigen Buchungen die Preise stark erhöht. Aber auch bei den längerfristigen Vorausbuchungen gibt es deutliche Preissteigerungen. Dabei gleichen sich die Preise der einzelnen Gesellschaften immer mehr an.
Weniger innerdeutsche Flugverbindungen
Innerdeutsche Flugstrecken spielen insgesamt nur noch eine untergeordnete Rolle. Nachdem es im Jahr 2010 noch einen Spitzenwert von rund 120 innerdeutschen Strecken gab, folgte ein langanhaltender Rückgang. Aktuell sind nur noch 26 Strecken verblieben.
Insgesamt nimmt der Anteil des Low-Cost-Segments am Flugverkehr von deutschen Flughäfen rund 21 Prozent ein. Berlin bietet dabei das größte Flugangebot in diesem Bereich mit über 467 geplanten Starts pro Woche, gefolgt von Düsseldorf mit rund 281. Danach kommen Köln, Hamburg und Stuttgart.
Europaweit knapp 7.000 unterschiedliche Strecken
Insgesamt liegt das europaweite Angebot im Low-Cost-Segment noch rund 24 Prozent unter dem Flugangebot von 2019. Spanien und Großbritannien sind jeweils mit rund 6.000 Starts pro Woche die bedeutendsten Länder für Low-Cost-Flüge vor Italien mit rund 5.000 sowie Frankreich und Deutschland mit jeweils mehr als 2.000 Starts.
Von den europaweit insgesamt rund 6.600 unterschiedlichen Strecken werden rund 83 Prozent von nur einem Low-Cost-Anbieter bedient. Im Europaverkehr haben die Fluggesellschaften im niedrigen Preissegment einen Anteil von rund 30 Prozent der geplanten Flüge in einer Woche im Winter 2023. Rund 70 Prozent der europäischen Flüge werden vorwiegend von den eher klassischen Linien- und Ferienfluggesellschaften durchgeführt. Der Low-Cost-Verkehr auf der Langstrecke in Deutschland und Europa ist auch im Winter 2022/2023 noch sehr gering im Vergleich zu 2019. Es gibt mittlerweile aber wieder Flüge in die USA und nach Singapur.
Low Cost und traditioneller Linienflugbetrieb
Die Airlines gestalten ihr Low-Cost-Angebot oft sehr unterschiedlich. Dadurch lassen sich auf Kundenseite nur wenige eindeutige Abgrenzungskriterien für das Marktsegment definieren: beispielsweise ein niedriger Preis und seine generelle Verfügbarkeit oder ein Direktvertrieb über das Internet. Zunehmend wird die Tendenz sich vermischender Geschäftsmodelle bei den Airlines sichtbar. Die vom DLR im „Low Cost Monitor“ betrachteten Fluggesellschaften werden nicht aufgrund ihres Geschäftsmodells identifiziert, sondern sind solche, die eine hohe Anzahl von Angeboten im Niedrigpreissegment des Gesamtmarkts aufweisen. Typisch für das aktuell betrachtete Preissegment bleiben die niedrigen Preise, ihre generelle Verfügbarkeit und die – in Abhängigkeit von der Vorausbuchungsdauer – große Spreizung zwischen dem billigsten und dem teuersten Tarif.
Auf der Betriebsseite zeigt sich, dass Low-Cost-Fluggesellschaften auf den Punkt-zu-Punkt-Verkehr setzen und dabei oftmals nur mit einem Flugzeugmuster und verschiedenen Flughäfen als Basen operieren. Im Gegensatz dazu stehen Netzwerk-Fluggesellschaften, die die gesamte Palette an Kurz-, Mittel- und Langstreckenflügen mit Umsteigeverkehren über ein festes Flughafen-Drehkreuz anbieten sowie Touristik-Fluggesellschaften, die eng mit Reiseveranstaltern kooperieren.
Die genannten Ergebnisse der Studie basieren auf Daten einer Referenzwoche im Januar 2023. Auf Anfrage bietet das DLR individuelle Auswertungen des Luftverkehrsmarkts unter Auswahl einer breiten Palette an Kriterien an.
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Falk Dambowsky
Dr. Peter Berster