Tankstellenbau und Entwicklung von Wasserstoff-Lkw koordinieren
- Das DLR und die Firma Ludwig-Bölkow-Systemtechnik haben eine Studie zum Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur für Lkw im Fernverkehr durchgeführt.
- Wasserstoff-Lkw für den Fernverkehr benötigen Tanks mit größerer Speicherkapazität. Deren Technologien stellen neue Anforderungen an Tankstellen und Wasserstoffinfrastruktur.
- Die Studie empfiehlt einen raschen Ausbau des Tankstellennetzes sowie einheitliche Standards für Tankverfahren.
- Schwerpunkte: Verkehr, Energie, Energiespeicher, Wasserstoff
In einer gemeinsamen Studie haben das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Firma Ludwig-Bölkow-Systemtechnik (LBST) den Entwicklungsstand sowie Perspektiven zum Bau von Wasserstofftankstellen untersucht. Im Fokus stand dabei der überregionale Lkw-Verkehr. Die Studie „H2-Infrastruktur für Nutzfahrzeuge im Fernverkehr“ stellt Technologien und Maßnahmen vor, um Lkw auf langen Strecken im In- und Ausland mit Wasserstoff zu versorgen.
Hersteller von Wasserstoff-Lkw erproben aktuell für den Fernverkehr geeignete Fahrzeuge mit Reichweiten von bis zu 1.000 Kilometern. Dies erfordert Wasserstofftanks mit größerer Speicherkapazität als bisher. Je nach Speichertechnologie planen die Hersteller Serienfertigungen in ein bis vier Jahren.
Die Studie empfiehlt, bereits parallel zur Markteinführung der neuen Wasserstoff-Lkw das Tankstellennetz und die Infrastruktur aufzubauen. Das Tanken von Wasserstoff erfordert zudem dringend international einheitliche Standards für Einfüllstutzen, Tankkupplungen und -verfahren.
Demonstrationsprojekte können Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur beschleunigen
Rund 35 Prozent der CO2-Emissionen im Verkehr stammen von Nutzfahrzeugen – gut die Hälfte davon verursacht der Fernverkehr. Das Klimaschutzgesetz schreibt vor, bis zum Jahr 2030 die Emissionen im Verkehrssektor gegenüber 2020 in etwa zu halbieren. Mit sogenanntem „grünem“ Wasserstoff betriebene Lkw können den CO2-Ausstoß des Güterverkehrs deutlich verringern. Der Wasserstoff wird hierbei klimafreundlich mit Hilfe erneuerbarer Energien gewonnen.
Eine flächendeckende Markteinführung von Wasserstoff-Lkw dauert einige Jahre. Mit Blick auf die bis 2030 zu erreichenden Ziele für den Klimaschutz weist das Autorenteam auf einen dringenden Handlungsbedarf hin. Wissenschaftlich begleitete Demonstrationsprojekte können den Aufbau des Tankstellennetzes parallel zur Erprobung neuer Speichertechnologien erleichtern und beschleunigen.
Wasserstoffgas oder Flüssigwasserstoff
Das Autorenteam von DLR und LBST hat Möglichkeiten zum Aufbau eines leistungsfähigen Tankstellennetzes für Wasserstoff-Lkw analysiert und dabei wirtschaftliche, logistische sowie technologische Kriterien berücksichtigt. Dies betrifft unter anderem den Einsatz von flüssigem statt gasförmigem Wasserstoff.
Der Einsatz von Flüssigwasserstoff sowie künftige Tanksysteme für Lkw stellen neue Anforderungen an Tankstellen und Wasserstoffinfrastruktur. An Tankstellen für gasförmigen Wasserstoff lassen sich nur Fahrzeuge mit Drucktanks befüllen – Tankstellen mit Flüssigwasserstoff hingegen können alle Tanksysteme bedienen.
Wasserstoff per Tanklaster, Pipeline oder durch Elektrolyse vor Ort
„Heutzutage wird Wasserstoff entweder als Gas oder verflüssigt per Tanklaster an die Tankstellen geliefert. Je nach Größe und Standort einer Tankstelle ist künftig ein Anschluss an eine Pipeline denkbar. Im ländlichen Raum lässt sich Wasserstoff auch durch Elektrolyse vor Ort erzeugen“, erklärt Mathias Böhm vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte, Mitautor der Studie. „Ob eine Tankstelle gasförmigen oder auch flüssigen Wasserstoff anbietet, hängt stark von ihrer Lage zu den Haupttransportstrecken und den sich durchsetzenden Tanktechnologien ab.“
Bei der Technologiebewertung zu Ausbau und Versorgung des Tankstellennetzes konnten die DLR-Autoren zahlreiche Kompetenzen und Erfahrungen aus Forschungsprojekten zu Wasserstoffinfrastrukturen und -speichern für den Schienenverkehr in die Studie einbringen.
Täglich bis zu acht Tonnen Wasserstoff pro Tankstelle
„Um künftig vergleichbare Betankungskapazitäten wie heute mit Diesel zu erreichen, läge der tägliche Bedarf pro Tankstelle zwischen einer und acht Tonnen Wasserstoff. Dies entspricht rund der zehnfachen Kapazität heutiger Wasserstofftankstellen“, betont Jan Zerhusen von Ludwig-Bölkow-Systemtechnik, der als Mitautor die Studie geleitet hat. Hierfür sind die Produktionskapazitäten von Wasserstoff in Deutschland und Europa aktuell zu gering, so die Studie.
Einheitliche Tankverfahren
Das Befüllen von Wasserstofftanks unterscheidet sich grundlegend vom Tanken von Dieselkraftstoff. Die Tanks speichern Wasserstoff unter hohem Druck von mehreren hundert Bar oder als flüssigen, tiefkalten Wasserstoff bei rund –250 Grad Celsius. Dies erfordert spezielle Einfüllstutzen und gasdichte Tankkupplungen. „Das Betanken erfolgt mit Hilfe sogenannter Betankungsprotokolle. Diese regeln den Betankungsdruck und die Betankungsgeschwindigkeit“, so Jan Zerhusen. „Für den Einsatz von Wasserstoff-Lkw im Fernverkehr sind hierfür dringend einheitliche Standards nötig.“
Heutige Wasserstofftanks bieten Lkw nicht genug Reichweite
Die Reichweite heutiger Wasserstoff-Lkw ist mit durchschnittlich 400 Kilometern für den internationalen Güterverkehr noch zu gering. „Für den Lkw-Fernverkehr sind Wasserstofftanks mit höheren Speicherdichten eine Lösung“, erläutert Mathias Böhm. „Mit Hochdrucktanks oder Tanksystemen für Flüssigwasserstoff lässt sich die Reitweite von Lkw auf rund 1.000 Kilometer vergrößern.“ Die aktuellen Technologiereifegrade der Tankvarianten unterscheiden sich jedoch deutlich. Das Autorenteam der Studie geht davon aus, dass die für Pkw schon marktreife 700-Bar-Variante künftig auch im Lkw-Fernverkehr zum Einsatz kommt.
Über die Studie „H2-Infrastruktur für Nutzfahrzeuge im Fernverkehr“
Die Studie „H2-Infrastruktur für Nutzfahrzeuge im Fernverkehr“ ist kostenfrei auf der Internetseite der baden-württembergischen Landesagentur e-mobil BW zum Download verfügbar.
Die Studie entstand im Auftrag von e-mobil BW. Autoren sind die Firma Ludwig-Bölkow-Systemtechnik als Projektleiter und das DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte. Herausgeber der Studie ist die Plattform H2BW. Diese bündelt Aktivitäten im Bereich der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in Baden-Württemberg.