Aerodynamik und die Kunst des Flugzeugdesigns
- Die computergestützte Strömungssimulation hilft, Flugzeuge so effizient wie möglich auszulegen und damit Kraftstoff und Emissionen einzusparen.
- Seit 2017 besteht eine enge Partnerschaft von Airbus, ONERA und DLR zur Entwicklung der nächsten Generation von CFD-Codes, die nun verlängert wurde.
- Ziel ist es, den Code auf aktuelle und künftige Airbus-Forschungsprojekte wie ZEROe, EcoPulse und Open Fan auszuweiten.
- Schwerpunkte: Luftfahrt, Digitalisierung, klimaneutrales Fliegen
Die Dekarbonisierung des Luftverkehrs beruht auf einem Zusammenspiel aus vielen kleinen Schritten und echten technologischen Durchbrüchen. Beide Ansätze können nur dann erfolgreich sein, wenn sie sich in ein Ökosystem einfügen, das auf Zusammenarbeit ausgerichtet ist. In diesem Sinne erforschen Airbus und die beiden führenden europäischen Forschungseinrichtungen, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die französische ONERA, wie Hochleistungsrechnen unser Verständnis der Zusammenhänge zwischen Aerodynamik und Flugzeugeffizienz weiter verbessern kann.
Die numerische Strömungsmechanik (engl. Computational Fluid Dynamics, CFD) verbindet angewandte Mathematik, Physik und Hochleistungsrechnen. Sie trägt zu einem besseren Verständnis bei, wie sich Luft über komplexe Strukturen bewegt, und hilft so den Flugzeugingenieuren, den Auftrieb zu maximieren und den Luftwiderstand zu minimieren, damit ein Flugzeug sowohl bei niedrigen als auch bei hohen Geschwindigkeiten so effizient wie möglich fliegt.
„Ich sage immer, bei CFD trifft Wissenschaft auf Kunst. Es ist einfach eine tolle Sache, wie eine Art computergesteuerter Windkanal“, schmunzelt Simon Galpin, Head of Aerodynamics von Airbus. Simon Galpin leitet die bereits seit fünf Jahren bestehende Partnerschaft mit dem französischen Luft- und Raumfahrtlabor ONERA (Office National d'Etudes et de Recherches Aérospatiales) und dem DLR im Auftrag von Airbus.
Experten in greifbarer Nähe
DLR und ONERA sind bereits seit Jahrzehnten Partner von Airbus. In der Vergangenheit hatten beide Forschungspartner mit ihren eigenen Computercodes gearbeitet, die das Fundament der CFD-Simulationen bilden. Obwohl die Codes für sich genommen effektiv waren, fand nur eine begrenzte Kommunikation zwischen den verschiedenen Entwicklungsteams statt.
Mit der Zeit wurde klar, dass die Codes für hochleistungsfähige parallele Rechenplattformen kollektiv überarbeitet werden mussten. Die erneuerte Partnerschaft soll diese Mängel beheben. „Es war sinnvoll, unsere Anstrengungen zu bündeln“, sagt Galpin. „Wir entwickeln eine neue Generation von industrietauglichen CFD-Codes, die nicht nur zur Strömungsvorhersage, sondern auch für Flugzeuge, Hubschrauber und Raumfahrtsysteme gleichermaßen geeignet sind.“
Die Unterzeichnung der ersten Vereinbarung im Jahr 2017 erregte großes Aufsehen in einem Bereich, der viel Zeit, Ressourcen und Investitionen erfordert. „Von einem Tag auf den anderen verdoppelte sich die Zahl der Mitarbeiter“, erinnert sich Philippe Beaumier, Direktor von ONERA Aeronautics. „Plötzlich stand uns ein Team von Experten auf beiden Seiten des Rheins zur Verfügung.“
Ende 2022 verlängerten die Partner nun ihre Vereinbarung mit dem Ziel, den Code auf aktuelle und künftige Airbus-Forschungsprojekte wie ZEROe, EcoPulse und Open Fan auszuweiten. Der Code wird bereits für den Probelauf von Testfällen genutzt, die bisher aufgrund der begrenzten physischen Darstellung und Rechenkapazität als nicht machbar galten. Schon bald könnten diese Testfälle die Auswahl der Antriebs-, Triebwerks- und Tragflächentechnologien beeinflussen, die über die Baupläne einer neuen Generation kraftstoffeffizienter Flugzeuge entscheiden werden.
„Uns geht es darum, die Leistung schon in der Designphase vorhersagen zu können“, sagt Dr. Markus Fischer, Bereichsvorstandsmitglied Luftfahrt des DLR. „Mit dem neuen Code können Spezialisten noch radikalere Designkonzepte wie den Nurflügler mit einer Geschwindigkeit und Genauigkeit untersuchen, wie es mit der bisherigen Software nicht möglich war.“
Jedes Gramm Energie zählt
„Ohne die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Beschleunigung des Innovationstempos könne eine Entkopplung des Luftverkehrswachstums von den Emissionen nicht erreicht werden“, argumentiert Dr. Markus Fischer. Das DLR teilt die Vision einer klimavertäglichen Luftfahrt mit Airbus und ONERA, die einen disruptiven Ansatz erfordert. „Die Dekarbonisierung braucht eine doppelte Revolution: eine technologische und eine methodische“, bestätigt Beaumier. „Um diese Ziele zu erreichen, müssen die Entwicklungszyklen von Flugzeugen halbiert werden. Hier spielen ausgereifte numerische Simulationen eine Schlüsselrolle.“
Galpin weist darauf hin, dass Kerosin-Alternativen vermutlich teurer sein werden. „Wir sollten jedes Gramm Energie aus jedem Kilogramm alternativer Kraftstoffe herausholen und die effizienteste Flugzeugarchitektur nutzen. Der Einsatz moderner CFD-Methoden trägt dazu bei, den Luftwiderstand Schritt für Schritt zu verringern.“
Attraktive Aufgaben für angehende Ingenieure
Airbus hat Zugang zu einigen der leistungsstärksten Computersysteme der Welt, die bei der Entwicklung und Validierung des Codes helfen und das Vertrauen der Ingenieure in ihre Vorhersagen stärken. Es ist eine inspirierende und lohnende Aufgabe mit einer realen Anwendung; „Es geht darum, die Nachhaltigkeitsziele der Luftfahrtindustrie direkt zu unterstützen“, so Beaumier.
Pascal Larrieu, Experte für numerische Simulationen bei Airbus und federführend bei der Entwicklung des neuen Strömungslösers, betonte abschließend: „Dieses Projekt bereitet den Weg für ein vielfältiges, dynamisches und europaweites Forschungsnetzwerk. Wir sind überzeugt, dass unsere Arbeit dazu beitragen wird, angehende Luftfahrtingenieure dafür zu gewinnen, gemeinsam mit uns das Null-Emissions-Ziel zu erreichen.“