10. März 2022

Schiffswrack der „Endurance“ gefunden – sichere Navigation dank Satellitendaten

  • „Endurance“ gefunden: das 1915 gesunkene Forschungsschiff von Ernest Shackelton in gutem Zustand.
  • TerraSAR-X-Satellitenbilder halfen bei der Navigation des Expeditionsschiffs.
  • DLR-Forschende untersuchten während der Expedition die Eigenschaften von Meereis.
  • Schwerpunkte: Raumfahrt, Erdbeobachtung

Vor mehr als hundert Jahren sank die „Endurance“ in der Antarktis, eingeschlossen und zerdrückt vom Packeis. Die Crew überlebte und die übermenschliche Rettungsaktion machte die Expedition des Polarforschers Ernest Shackleton legendär. Jetzt wurde das Wrack mit Unterstützung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) geortet. Das DLR erstellte TerraSAR-X-Satellitenbilder, die halfen sicher im eisbedeckten Weddellmeer zu navigieren. Die DLR-Forschenden an Bord des Expeditionsschiffs untersuchten auch die Eigenschaften von Meereis, um die Navigation in Polregionen zu verbessern.

Meereis unterliegt ständigen Veränderungen. So können Winde und Meeresströmungen innerhalb von Stunden große Eismassen zusammenschieben und offene Fahrrinnen schließen. Mehr noch, steht das Eis entsprechend unter Druck, schieben sich Schollen über- und untereinander oder richten sich senkrecht auf. Solche Presseisrücken sind auch für Eisbrecher oft unpassierbar. Radarsatelliten wie TerraSAR-X liefern Aufnahmen der Erd- und Eisoberfläche und zeigen unterschiedliche Strukturen im Meereis – dank der aktiven Radarantenne durch Wolken und Dunkelheit. Diese Aufnahmen sind extrem wertvoll bei der Navigation polar operierender Schiffe.

TerraSAR-X Satellitendaten und Meereis-Drift

Darauf setzte auch die Suchexpedition Endurance22 mit ihrem Eisbrecher „S.A. Agulhas II“. Dank der hochauflösenden Satellitendaten konnten sie einen Weg durch das Labyrinth von Fahrrinnen zwischen meterdicken Meereisschollen finden. Mit an Bord waren zwei Forschende vom Earth Observation Center (EOC) sowie vom Institut für Hochfrequenztechnik . Sie nutzten jeden Überflug des Radarsatelliten TerraSAR-X, um Aufnahmen für die S.A. Agulhas II zu ordern. So konnten sie die Meereis-Lage im Blick behalten. Dank der polnahen Umlaufbahn des Satelliten klappte das bis zu mehrmals täglich. Algorithmen der EOC-Forschungsstelle Maritime Sicherheit Bremen berechneten daraus zusätzlich hochaufgelöst die Meereis-Drift – eine wertvolle Zusatzinformation vor Ort. Unterstützung erhielten die Fernerkundungsexperten an Bord auch von der DLR-Bodenstation Neustrelitz.

In aktuellen Forschungsprojekten EisKlass2 und FastCast2 wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DLR einen Schritt weitergehen. Statt einzelne tagesaktuelle Radaraufnahmen zur Navigation heranzuziehen, soll das Meereis mittels neuer Algorithmen hinsichtlich der Navigierbarkeit klassifiziert und unter Einbeziehung von Vorhersagemodellen stundenweise in die Zukunft projiziert werden, um daraus konkrete Routenvorschläge für Schiffe zu berechnen. Um die dafür notwendigen Algorithmen zu entwickeln, erhoben die DLR-Forschenden auf der S.A. Agulhas II „in situ“ Messdaten. Dazu gehören etwa Aufnahmen einer Infrarotkamera, um Meereiseigenschaften besser zu analysieren.

Spektakulärer Fund im Weddellmeer

Anfang Februar 2022 stach die Forschungs- und Suchexpedition Endurance22 von Kapstadt aus in See, um Shackletons Polarschiff mit moderner Technologie aufzuspüren. Gefunden wurde die Endurance nun in 3.008 Metern Tiefe und etwa sechseinhalb Kilometer südlich von der Stelle, die Kapitän Frank Worsley 1915 zuletzt angegeben hatte. Das Holzwrack liegt aufrecht im Wasser und ist in einem hervorragenden Zustand, wie die Fotos der Tauchroboter belegen. Sogar der Schriftzug „Endurance“ am Heck ist noch deutlich erkennbar. Für die Expedition wurde ein internationales Team aus weltweit führenden Meeresarchäologen, Ingenieuren, Technikern und Meereis-Wissenschaftlern auf dem Forschungseisbrecher S.A. Agulhas II zusammengebracht. Die Endurance wird aber nicht geborgen. Sie steht unter strengem Schutz im Antarktis-Vertrag als Kulturgut der Menschheit. Das Expeditionsteam dokumentiert den Jahrhundert-Fund mit Fotos, Videoaufnahmen sowie 3D-Aufnahmen vom Meeresgrund. Die Rückkehr ist für Ende März geplant – mit spektakulären Bildern und einzigartigen wissenschaftlichen Daten für kommende Generationen.

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Dr. Anja Frost

Institut für Methodik der Fernerkundung
Forschungsstelle für Maritime Sicherheit Bremen
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