Bereit für den Einsatz im All
- Der deutsche Umweltsatellit EnMAP (Environmental Mapping and Analysis Program) hat seine finalen Tests erfolgreich bestanden.
- EnMAP wird im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) von der OHB System AG entwickelt und gebaut. Die wissenschaftliche Leitung der Mission liegt beim Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ. Das Bodensegment wird durch das DLR in Oberpfaffenhofen entwickelt.
- Der erste deutsche Hyperspektralsatellit soll mit einer Falcon-9-Rakete von SpaceX ins All starten und Daten über unsere Erde erheben, die dabei helfen sollen, unser Leben nachhaltiger zu gestalten.
- Schwerpunkte: Erdbeobachtung, Klimawandel, Umwelt- und Naturschutz
Seine Reise hat begonnen: Der deutsche Umweltsatellit EnMAP, der im Auftrag der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) in Deutschland entwickelt und gebaut und für seinen Einsatz im All getestet wurde, ist bereit für seinen Start. "EnMAP hat als deutsche Umweltmission vor allem den Klimawandel und seine Auswirkungen auf alle Ökosysteme im Visier - zu Land wie zu Wasser. Auch Deutschland bleibt von diesen Veränderungen nicht verschont. Gerade die Wälder sind hierzulande stark betroffen, denn durch negative Umwelteinflüsse hat der 'Stress' für unseren Wald zugenommen. Die Schäden werden bislang vor Ort durch die Forstbeamten größtenteils visuell erhoben - eine Mammutaufgabe, denn 90 Milliarden Bäume verteilen sich über eine Fläche von 11,4 Millionen Hektar", verdeutlicht Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.
Ein Drittel der Fläche Deutschlands sind mit Wald bedeckt: "Hier kann EnMAP helfen. Sein Hyperspektralinstrument wird mit 242 Kanälen auch die Waldgebiete 'abtasten' und so den Gesundheitszustand der Bäume und Pflanzen aus 640 Kilometern Höhe bestimmen", verdeutlicht Pelzer. Mit der EnMAP-Mission wolle Deutschland einen wichtigen Beitrag zur globalen Überwachung von Umweltveränderungen in der Land- und Forstwirtschaft, der Bodenkunde, Geologie oder auch in der Erforschung der Küstengebiete und Inlandsgewässer leisten. Der Satellit selbst wurde von der OHB System AG entwickelt und gebaut und von der IABG mbH für seinen Einsatz im All getestet. Die wissenschaftliche Leitung der Mission liegt beim Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ, ebenso wie das DLR ein Helmholtz-Zentrum. Das Bodensegment wird durch das DLR in Oberpfaffenhofen entwickelt. EnMAP soll mit seinem präzisen Blick aus dem All helfen, Lösungen für die Herausforderungen des Klimawandels zu finden.
So ließe sich beispielsweise künftig großflächig der Pflanzenstoffwechsel untersuchen und erkennen, welchen Gebieten bestimmte Nährstoffe fehlen oder welche Luftschadstoffe den Pflanzen zusetzen. "Durch die Informationen aus dem All können - trotz sich verändernder Klima- und Umweltbedingungen - Wälder und Felder künftig ökonomisch besser und ökologisch nachhaltiger bewirtschaftet werden. Deswegen werden nicht nur Forst- sondern auch Landwirte stark von den EnMAP-Daten profitieren", erklärt Dr. Sebastian Fischer, EnMAP-Projektleiter in der Deutschen Raumfahrtagentur.
Vom Gelände der OHB System AG in Bremen soll der Satellit Ende Februar 2022 mit einem Iljuschin Il-76 Transportflugzeug zum NASA-Raumflughafen Cape Canaveral in Florida gebracht werden. Von dort soll EnMAP dann im April 2022 an Bord einer Falcon-9-Rakete des US-Raumfahrtkonzerns SpaceX zu seinem Zielorbit aufbrechen. EnMAP soll mindestens fünf Jahre lang Umweltdaten erheben.
Umwelttests als Basis für eine erfolgreiche Mission
"Um seinen Flug und den Aufenthalt im Weltraum unbeschadet zu überstehen, musste EnMAP vorher auf Herz und Nieren getestet werden. Denn der 'Ritt' auf der Rakete, extreme Temperaturschwankungen und die harte Strahlung im Weltraum fordern den äußerst empfindlichen Instrumenten auf dem Satelliten einiges ab", sagt Projektleiter Sebastian Fischer. Daher wurde der Satellit einer mehrmonatigen Prüfkampagne im Raumfahrttestzentrum der IABG in Ottobrunn bei München unterzogen. "Die Tests hat EnMAP mit Bravour gemeistert. Die Instrumente und die gesamte Technik haben unter Extrembedingungen hervorragend funktioniert."
Mit 242 Kanälen Umweltveränderungen auf der Spur
Doch was ist das Besondere an EnMAP, wie funktioniert dieser Satellit? Alle Materialien auf der Erdoberfläche reflektieren das Sonnenlicht in einer charakteristischen Art und Weise, einer sogenannten Spektralsignatur. Diese Signatur kann EnMAP mit Hilfe seines Messinstruments "lesen". Um aber Verwechslungen mit anderen Elementen zu vermeiden, müssen diese Signaturen sehr genau erkannt werden. Dies geschieht mithilfe von vielkanaligen Bildern, so genannten Hyperspektralbildern. Dieses Verfahren erlaubt somit die direkte Identifikation der aufgezeichneten Materialien und deren Quantifizierung. Ein Beispiel: man kann so nicht nur erkennen, welche Fruchtart auf einem Acker angebaut wird, sondern auch, wie gut diese mit Nährstoffen versorgt ist. Auch können Mineralien in Böden erkannt und quantifiziert werden.
Großflächig und hoch detailliert
EnMAP hat nicht nur die Landfläche im Visier. Das Hyperspektralinstrument wird mit seinen zwei abbildenden Spektrometern einen Wellenlängenbereich von 420 bis 2.450 Nanometer auch die Küstengebiete und Binnengewässer genau unter die Lupe nehmen. Mit einer spektralen Auflösung von 6,5 Nanometern im sichtbaren und nahinfraroten Bereich und bei zehn Nanometern im kurzwelligen Infrarotbereich sieht EnMAP Details, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben. Sein Hyperspektralinstrument macht zum Beispiel Schadstoffe in Seen und Küstengewässern sichtbar und lässt sie quantitativ genau bestimmen.
Wo früher aufwendig Wasserproben entnommen wurden, reicht künftig also ein Blick aus dem All, um die Wasserqualität großflächig zu ermitteln. Gleiches gilt für mineralische Proben, um zum Beispiel den Grad der Bodenverschmutzung zu erheben. Das kann zum Beispiel nach Unglücken in Chemiefabriken nützlich sein. "Statt Menschen der Gefahr auszusetzen, Proben vor Ort einzusammeln, reicht künftig ein risikofreier Blick aus dem All. Da der EnMAP-Satellit um 30 Grad geschwenkt werden kann, kann er jeden beliebigen Punkt auf der Erdoberfläche alle vier Tage mit einer räumlichen Auflösung von 30 Metern unter die Lupe nehmen. So lassen sich vergleichsweise schnell ablaufende räumlich-zeitliche Veränderungen, wie etwa Erosionsvorgänge oder Pflanzenwachstum, sehr gut dokumentieren", erläutert Sebastian Fischer.
EnMAP - die deutsche Umweltmission und ihre Partner
Die Umweltmission EnMAP wird von der Deutschen Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) geführt. Mit der Entwicklung und dem Bau des Satelliten sowie des Hyperspektralinstrumentes wurde die OHB-System AG beauftragt. Die Mission steht unter der wissenschaftlichen Leitung des GeoForschungszentrums Potsdam (GFZ). Mit dem Aufbau und dem Betrieb des Bodensegments sind drei Institute und Einrichtungen des DLR beauftragt worden: Das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum in Oberpfaffenhofen wird den Satellitenbetrieb durchführen und überwachen. Das Deutsche Fernerkundungsdatenzentrum und das DLR-Institut für Methodik der Fernerkundung werden die empfangenen Satellitendaten archivieren, prozessieren, validieren und für die Wissenschaft zugänglich machen. Auch Firmen und Behörden werden die Daten ausprobieren und damit künftige Services vorbereiten. Die zukünftige Nutzung der EnMAP-Hyperspektraldaten durch Universitäten und wissenschaftliche Einrichtungen und die Entwicklung von speziellen Anwendungen werden durch BMWi-Förderprogramme unterstützt.