5. November 2021 | Wie im echten Leben

VRU-Simulator bringt alle Verkehrsteilnehmenden von der Straße ins Labor

  • Das DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik hat einen Fußgänger- und Fahrradsimulator entwickelt.
  • Mit Hilfe des Simulators können die Forschenden das gesamte System Straße mit allen Verkehrsteilnehmenden in zukünftige Simulationen einbeziehen.
  • Der Simulator wurde am 4. November 2021 in einer virtuellen Veranstaltung eröffnet.
  • Schwerpunkte: Verkehr, Digitalisierung

Radfahrer und Fußgängerinnen sind im Straßenverkehr aufgrund der Möglichkeit, sich bei Unfällen schwer zu verletzen, besonders gefährdet. Aus diesem Grund hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen Fußgänger- und Fahrradsimulator entwickelt und aufgebaut. Am 4. November 2021 fand die Eröffnung des sogenannten VRU-Simulators in Braunschweig statt.

VRU steht für Vulnerable Road Users, und der Name ist Programm. Radfahrerinnen und Fußgänger sind die verletzlichsten Teilnehmenden im gesamten Straßenverkehr. Bisher wurden sie in der Forschung rund um das automatisierte Fahren allerdings noch nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Um das zu ändern und das gesamte System Straße umfassend und vollständig zu untersuchen, entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DLR-Instituts für Verkehrssystemtechnik den VRU-Simulator. "Mit dem VRU-Simulator können wir Fahrradfahrer und Fußgänger von nun an direkt in unsere Simulatorstudien zum Straßenverkehr einbeziehen", erklärt Dr. Martin Fischer vom DLR-Institut für Verkehrssystemtechnik. "Insbesondere möchten wir verstehen, wie die Interaktion zwischen den unterschiedlichen Verkehrsteilnehmenden aussieht. Was ist dabei wichtig und worauf müssen wir beispielsweise bei der Interaktion mit automatisierten Fahrzeugen achten? Die Forschung, welche durch den VRU-Simulator ermöglicht wird, soll einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit von Fahrradfahrern und Fußgängerinnen liefern."

Video: Der VRU-Simulator
Um das Verkehrssystem in seiner ganzen Komplexität zu untersuchen, ist es notwendig, alle Beteiligten, also auch Fußgänger und Radfahrer, die sogenannten Vulnerable Road Users (VRU), zu berücksichtigen. Daher hat das DLR einen Fußgänger- und einen Fahrradsimulator entwickelt und gebaut. Die Simulatoren ergänzen das bestehende MoSAIC-Labor, das nun Fußgänger, Radfahrer und mehrere Autofahrer zu einer Simulation verbinden kann.

VR-Brillen und Bewegungsplattformen sorgen für ein realitätsnahes Umgebungsempfinden

Dafür haben die Forschenden in den letzten Monaten ein bereits bestehendes Multi-User-Labor, das MoSAIC (Modular and Scalable Application platform for ITS Components), in dem bisher in einer Simulation mehrere Fahrzeuge untereinander agieren konnten, erweitert. Auch die Fußgängerinnen und Radfahrer sind ab jetzt in das Szenario integrierbar. In der Ego-Perspektive überqueren sie zum Beispiel große Kreuzungen auf dem Rad, drücken Ampelknöpfe oder spielen, während sie über die Straße laufen, an ihrem Handy. Sie winken sich zu und geben Handzeichen, die die anderen Verkehrsteilnehmenden dann für sich richtig deuten müssen. Um dieses Zusammenspiel in der Simulation zu ermöglichen, müssen viele technische Komponenten zusammenwirken.

"Für die Visualisierung der Umgebung nutzen wir VR-Brillen und moderne Softwarewerkzeuge, die ursprünglich aus der Spieleentwicklung kommen. Um Radfahrern ein möglichst reales Fahrverhalten zu ermöglichen, ist eigens ein Fahrradsimulator konzipiert und aufgebaut worden. Dabei ist das Fahrrad auf einer Bewegungsplattform mit Neigungsmöglichkeit montiert", erklärt Dr. Martin Fischer das System. "Die Fußgängerinnen bewegen sich auf einer Treadmill, sozusagen einem omnidirektionalen Laufband mit motorisierten Rollen, die sie immer wieder zum Mittelpunkt zurückbringen. So hat man die Möglichkeit, virtuell eine weite Strecke zu gehen und kann sich in einem beliebig großen Szenario bewegen." Die Auto-Cockpits sind aus dem bisherigen Laboraufbau bereits vorhanden und können ebenfalls in das Szenario eingebunden werden. Insgesamt stehen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern so mehrere Fahrsimulatoren, zwei unterschiedliche Fußgängersimulatoren und ein Fahrradsimulator für ihre Forschung zur Verfügung.

Zukünftige Simulationen mit realem Verhalten

Für Studien im VRU-Simulator kann auch die Möglichkeit genutzt werden, den Verkehrsteilnehmenden Nebenaufgaben zu geben, um zu schauen, was passiert, wenn sie zum Beispiel plötzlich abgelenkt werden – wie im richtigen Leben. Der Vorteil in der Simulation ist jedoch, dass hier keine reale Gefahr besteht. Die Daten, die die Forschenden so über das Verhalten aller Verkehrsteilnehmenden bekommen, können dann ausgewertet und für unterschiedliche Fragestellungen verwendet werden. So kann zum Beispiel auch das Verhalten von simulierten Radfahrern und Fußgängerinnen besser modelliert werden. Das käme den Forschenden dann zugute, wenn sie in andere Simulationen Fußgänger und Radfahrerinnen mit einem realitätsgetreuen, aber vorher festgelegten Verhalten einbinden möchten.

Darüber hinaus untersuchen und testen die Forschenden im MoSAIC-VRU-Lab neue Assistenzfunktionen, bevor sie diese in eine reale Testumgebung wie dem Testfeld Niedersachen oder AIM überführen.

Kontakt

Jasmin Begli

Kommunikation Braunschweig, Cochstedt, Stade, Trauen
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Lilienthalplatz 7, 38108 Braunschweig
Tel: +49 531 295-2108

Dr. Martin Fischer

Gruppenleiter Menschzentrierte Simulationsumgebungen
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Verkehrssystemtechnik
Lilienthalplatz 7, 38108 Braunschweig