5. November 2021 | Energiesystemanalyse und Modellierung

Nature-Artikel – Wie wirkt sich ein Rückgang bei der Ölnachfrage auf den CO2-Ausstoß aus?

  • Nature-Artikel untersucht Zusammenhang zwischen Rückgang der Ölnachfrage und Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen.
  • Annahme des internationalen Forschungsteams: Ein Nachfrage-Schock verdrängt als erstes "schmutzige" Ölquellen mit hohem Förderaufwand. Deshalb sinkt der CO2-Ausstoß zunächst überproportional.
  • Studie beruht auf einem sehr umfangreichen Datensatz der globalen Produktion.
  • Annahme konnte erstmals mit Hilfe eines eigens entwickelten Computermodells bestätigt werden.
  • Schwerpunkte: Energie, Energiesystemanalyse, Klimawandel

Gemeinsam mit Forschenden aus den USA hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersucht, wie sich ein Rückgang bei der Erdölnachfrage auf den Ausstoß von CO2 auswirkt. Im Fokus standen sogenannte Nachfrage-Schocks. Darunter versteht man deutliche Rückgänge bei der weltweiten Nachfrage für eine längere Zeit, zum Beispiel aufgrund von Wirtschaftskrisen oder Pandemien. In solch einer Situation werden teurere Anbieter vom Markt gedrängt. „Unsere Hypothese war, dass dies zunächst besonders die sogenannten marginalen Ölquellen betrifft. Denn bei diesen eher „schmutzigen“ Quellen sind der Förderaufwand – zum Beispiel durch Fracking – und der Emissionsausstoß besonders hoch. Deshalb führt ein Nachfrage-Schock zunächst zu einer überproportionalen Minderung des CO2-Ausstoßes“, fasst Dr. Patrick Jochem zusammen. Er leitet am DLR-Institut für Vernetzte Energiesysteme die Abteilung Energiesystemanalyse.

Spezielles Computermodell und umfassender Datensatz zur Erdölproduktion

Diese Hypothese konnten die Forschenden nun erstmals bestätigen und haben ihre Ergebnisse im renommierten wissenschaftlichen Fachmagazin Nature veröffentlicht. Sie verwendeten ein speziell für diese Frage am DLR mitentwickeltes ökonometrisches Computermodell. Diese Software ermöglicht es, mit Hilfe mathematischer Methoden und statistischer Daten, Annahmen aus der Wirtschaftstheorie empirisch zu überprüfen. Ebenfalls zum ersten Mal stand dem Studien-Team auch ein sehr umfangreicher Datensatz der globalen Rohölquellen zur Verfügung, der rund 90 Prozent der weltweiten Produktion abdeckt. Dieser Datensatz enthält neben den Produktionskosten auch die Fördermengen und „Upstream-Emissionen“ von fast 2.000 Ölfeldern. Upstream-Emissionen bezeichnen den CO2-Ausstoß, der bei der Ölförderung entsteht und der bislang oft nicht berücksichtigt wurde.

Ein Zahlenbeispiele aus der Modellierung: Ein angenommener Nachfrage-Schock von 2,5 Prozent führt dazu, dass diejenigen Ölquellen vom Markt verdrängt werden, deren Emissionen um bis zu 55 Prozent höher sind als der Durchschnitt.

Relevanz auch auf lange Sicht: Auswirkungen und Gestaltung des Öl-Ausstiegs

„Diese Erkenntnisse sind aus heutiger Sicht nicht nur für Schocks interessant. Kurz- und mittelfristig scheint die globale Ölnachfrage zwar weiter zu steigen. Längerfristig muss sie jedoch sinken, um die Klimaschutzziele zu erreichen und die globale Erwärmung zu stoppen. Dann ist es wichtig zu wissen, welche Auswirkungen eine sinkende Nachfrage auf die Emissionsentwicklung hat und wie der Öl-Ausstieg am besten gestaltet werden kann“, fasst DLR-Wissenschaftler Jochem zusammen. „Die weiteren Entwicklungen sind jedoch auch immer sehr abhängig von politischen Entscheidungen, auf nationaler wie internationaler Ebene. Und diese können wir nur begrenzt in unseren Modellen abbilden.“

Kontakt

Denise Nüssle

Presseredaktion
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Pfaffenwaldring 38-40, 70569 Stuttgart
Tel: +49 711 6862-8086

Dr. Patrick Jochem

Abteilungsleiter Energiesystemanalyse
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Vernetzte Energiesysteme
Curiestraße 4, 70563 Stuttgart