2. September 2021 | Solarthermische Kraftwerke

Neue Testanlage für Solarturmkraftwerke

  • Im Jülicher Multifokusturm startet der Testbetrieb eines neuen Solarstrahlungsempfängers mit Flüssigsalz für Turmkraftwerke.
  • Solarkraftwerke mit Flüssigsalz können besonders hohe Temperaturen aufnehmen.
  • Eine Erhöhung der Salztemperatur soll die Stromgestehungskosten senken.
  • Im Herbst 2021 geht die Anlage in Betrieb.
  • Ab Frühjahr 2022 starten die Tests im Solarbetrieb.
  • Schwerpunkte: Energie, Energiespeicher, Klimawandel

Mit dem Einbau eines neuen Strahlungsempfängers am Solarturm des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) erreicht in Jülich ein Projekt zur Leistungssteigerung von Solarkraftwerken einen wichtigen Meilenstein. Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie werden in den kommenden Monaten Tests unter realen Kraftwerksbedingungen durchgeführt.

Forscherinnen und Forscher des DLR-Instituts für Solarforschung haben gemeinsam mit Industrieunternehmen einen neuen Solarstrahlungsempfänger für Turmkraftwerke entwickelt, der höhere Betriebstemperaturen ermöglicht. Der von MAN Energy Systems gefertigte Strahlungsempfänger (Receiver) wurde auf der ersten Testebene des Multifokusturms installiert. Die Infrastruktur des Turms erlaubt es, die Anlage unter ähnlichen Bedingungen wie in einem realen Solarkraftwerk zu testen. Ziel des Projekts unter der Leitung des DLR ist, die Wirtschaftlichkeit von Flüssigsalzreceivern und somit des Gesamtkraftwerkes weiter zu verbessern.

In solarthermischen Turmkraftwerken werden tausende Spiegel eingesetzt, um Sonnenlicht zu einem Strahlungsempfänger an der Spitze eines Turmes zu reflektieren. In den Metallrohren des Strahlungsempfängers zirkuliert ein Wärmeträgermedium, das die Wärme aufnimmt und zu anderen Stellen im Solarkraftwerk transportiert. Mit der Wärme kann beispielsweise Wasser verdampft und eine Dampfturbine betrieben werden, die dann wiederum Strom erzeugt. Steht mehr Wärme zur Verfügung als benötigt, kann ein Speicher die Wärme aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben.

Salz als Wärmespeicher

Solarturmkraftwerke mit Flüssigsalz als speicherbarem Wärmeträgermedium sind aufgrund der hohen möglichen Temperaturen besonders gut geeignet, kostengünstig Solarstrom bereitzustellen. Die maximale Betriebstemperatur in kommerziellen Kraftwerken liegt zurzeit bei 565 Grad Celsius. Das Spiegelfeld eines Solarturms könnte sogar noch deutlich höhere Temperaturen erzeugen, wodurch die vorhandene Solarenergie besser genutzt würde. Die höchstmögliche Temperatur wird jedoch unter anderem durch das Flüssigsalz gedeckelt: ab 565 Grad Celsius zersetzt es sich zunehmend. Forschung und Industrie arbeiten gemeinsam daran, die Kosten der Stromerzeugung weiter zu reduzieren. Eine der Stellschrauben ist, durch technische Maßnahmen die Salztemperatur zu erhöhen.

„Unser Receiver ist für eine Austrittstemperatur von 600 Grad Celsius ausgelegt. Somit geht das Design deutlich über den Stand der Technik von 565 Grad Celsius hinaus. Diese Temperatur möchten wir nun in der Praxis demonstrieren“, erklärt die Projektleiterin Miriam Ebert eines der entscheidenden Merkmale des neuen Prototyps.

Um den Betrieb im Multifokusturm unter möglichst realen Bedingungen testen zu können, integrieren die Projektpartner den Receiver in einen Salzkreislauf. Die Anlage kann in allen Betriebszuständen eines kommerziellen Kraftwerkes gefahren werden. Dazu zählt zum Beispiel das tägliche Befüllen und Entleeren des Receivers. Die Tests bieten die Möglichkeit, den Einsatz von Komponenten und Sensoren bei höheren Temperaturen zu prüfen und das Kostensenkungspotential in kommerziellen Anlagen zu bewerten. Im Herbst 2021 geht die Anlage zunächst ohne Sonne in Betrieb, ab Frühjahr 2022 starten dann die Tests im Solarbetrieb.

Dr. Christian Schuhbauer, Head of New Technologies bei MAN Energy Solutions in Deggendorf, unterstreicht die Bedeutung dieser Arbeiten: „Die Tests ermöglichen uns eine fundierte wirtschaftliche Bewertung der Technologie. Die Ergebnisse werden wir in der Angebotsgestaltung bei kommerziellen Projekten mit Flüssigsalz-Solarreceivern nutzen können.“

Partner und Förderer

Ebenfalls am Projekt beteiligt sind das Solar-Institut Jülich der Fachhochschule Aachen und die Flexim Flexible Industriemesstechnik. Weitere assoziierte Partnerfirmen im Konsortium sind Holter Regelarmaturen, Stahl-Armaturen PERSTA, Endress + Hauser Messtechnik zur Entwicklung von Messtechnik und Ventilen. Der assoziierte Projektpartner Mannesmann Stainless Tubes unterstützt die Arbeiten gemeinsam mit der Salzgitter Mannesmann Forschung in materialwissenschaftlichen Fragen.

Das Forschungsprojekt ist Bestandteil des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojektes „High Performance Molten Salt II“ (FKZ 0324327) und des vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen geförderten Projektes „SALSA – Testplattform für solare Hochtemperatur Flüssigsalz Receiver Systeme“ (FKZ PRO 0071).

Kontakt

Michel Winand

Kommunikation Köln, Bonn, Jülich, Aachen, Rheinbach und Sankt Augustin
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Linder Höhe, 51147 Köln
Tel: +49 2203 601-2144

Miriam Ebert

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Solarforschung
Pfaffenwaldring 38-40, 70569 Stuttgart