Quantentechnologien aus dem Labor in den Weltraum bringen
Vom 5. bis zum 6. Mai 2021 findet der Online-Workshop „Quantum Technologies for Space Days“ der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR und der Agentur für Luft- und Raumfahrt der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG statt. Österreichische und deutsche Quantenforscher aus Wissenschaft und Industrie erörtern dabei gemeinsam die Möglichkeiten, Quantentechnologie aus dem Labor in den Weltraum zu bringen. Das Nationale Weltraumprogramm wird zukünftig um 63 Millionen Euro aufgestockt, um speziell auf die Raumfahrt ausgerichtete Quantentechnologie zu fördern.
Kurzinterview mit Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR
Herr Pelzer, der Begriff „Weltraum-Quantentechnologie“ klingt wie eine Erfindung aus dem wissenschaftlichen Elfenbeinturm. Inwiefern hat diese Technologie Auswirkungen auf unseren Alltag?
Weltraum-Technologien sind durch ihren Einsatz in der Satellitenkommunikation, Satellitennavigation und Erdbeobachtung heute schon unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltags. Quantentechnologien sind Technologien auf Basis der Quantenphysik. Diese Technologien werden weltraumbasierte Anwendungen in den nächsten Jahren nicht nur deutlich verbessern, sondern auch weitere Innovationen ermöglichen. Zum Beispiel kann man die Eigenschaften von Quanten nutzen, um die Satellitenkommunikation physikalisch sicher, also nicht abhörbar, zu verschlüsseln.
Was kann die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR hierzu beitragen?
Wir haben die Entwicklung von Quantentechnologien durch Förderung in unserem Nationalen Programm für Weltraum und Innovation bereits seit rund 15 Jahren im Blick. Jetzt gilt es, die große Entwicklungskompetenz für neue Technologien in Deutschland gemeinsam mit Unternehmen in Anwendungen zu überführen. Beispielsweise unterstützen wir deutsche Forscher und Unternehmen dabei, optische Uhren weltraumtauglich zu machen. Parallel fördern wir die grundlegende Weiterentwicklung von Quantentechnologien für die Raumfahrt-Anwendungen der übernächsten Generation, etwa hochempfindliche Beschleunigungssensoren auf Quantenbasis. Als Deutsche Raumfahrtagentur im DLR verfolgen wir hierbei einen integrierten Ansatz: Neben der nationalen Projektförderung bringen wir uns im europäischen Rahmen, das heißt in ESA- und in EU-Programmen ein, zum Beispiel mit zentralen Beiträgen in die Entwicklung einer europäischen Quanten-Kommunikationsinfrastruktur.
Wie steht Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern da?
Deutsche Forscher haben sich in einigen Bereichen der Weltraum-Quantentechnologie, etwa in der Atominterferometrie, einen Spitzenplatz in der Welt erarbeitet. In der „Basistechnologie“ Photonik ist Deutschland ebenfalls hervorragend aufgestellt. Wir wollen Deutschland und Europa in den Anwendungsfeldern von Weltraum-Quantentechnologie für die Zukunft fit machen und durch den Aufbau von europäischen Wertschöpfungsketten von externen Zulieferern unabhängiger machen. Dafür vernetzen wir uns auch mit starken europäischen Partnern wie Österreich, einer der weltweit führenden Wissenschaftsnationen in der Quantenkryptographie.
Wo geht die Reise in den nächsten Jahren hin?
Wir, das DLR, werden einen spezifischen Beitrag zur Weiterentwicklung der Raumfahrt-Quantentechnologien in Deutschland leisten. Diese sollen sowohl für kommerzielle als auch für wissenschaftliche und öffentliche Infrastruktur-Anwendungen nutzbar sein. Neben optischen Uhren für Navigationssysteme könnten Quantensensoren eingesetzt werden, um das Erdschwerefeld zu vermessen und damit Veränderungen der Eisschilde sowie Schwankungen des Meeresspiegels zu überwachen. Darüber hinaus können wir mit neuen Quantenexperimenten im Weltraum fundamentale physikalische Theorien wie etwa die Relativitätstheorie testen und unser Weltbild erweitern.