1. Februar 2021 | Undercover Eisagenten - Innovationen durch gesellschaftliches Engagement

Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert DLR Projekt

  • Projekt ‘Undercover Eisagenten’ des DLR-Instituts für Datenwissenschaften will Wissenschaft und Gesellschaft näher zusammen bringen.
  • Ultrahochaufgelöste Drohnenbilder geben Information über den Zustand von Permafrost in einem Testgebiet in der Arktis.
  • Projektförderung durch das BMBF für dreieinhalb Jahre geplant.
  • Schwerpunkte: Globaler Wandel, Citizen Science, Raumfahrt, Fernerkundung, Nachwuchsförderung

Permafrost prägt seit Jahrtausenden den Untergrund der arktischen und subarktischen Breiten. Es reicht von wenigen Metern bis mehr als einen Kilometer tief ins Erdinnere. Doch die globale Erwärmung lässt den dauerhaft gefrorenen Boden seit einigen Jahrzehnten drastisch auftauen. Besonders kritisch ist dabei der Austritt der Treibhausgase Methan und Kohlenstoffdioxid. Ziel des Projektes "Undercover Eisagenten" des DLR-Instituts für Datenwissenschaften ist es, die Datengrundlage zu auftauendem Permafrost mit Hilfe von hochauflösenden Drohnen- und Satellitenbildern gemeinsam mit Bürgerwissenschaftlerinnen und Bürgerwissenschaftlern, insbesondere Schülerinnen und Schüler, zu verbessern. Dazu werden Schulklassen in Deutschland und der kanadischen Arktis gemeinsam an der Auswertung von hochauflösenden Fernerkundungsdaten mitwirken. Die Schülerinnen und Schüler werden mit Hilfe einer App auffällige Strukturen und Veränderungen der Landoberfläche auf Satelliten und Drohnen-Aufnahmen kartieren. Der Kartierungsprozess wird dazu in kleine und einfach zu lösende Aufgaben (sogenannte „Micro-Tasks”) unterteilt, die auch auf dem Smartphone bearbeitet werden können. So können viele Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Hintergründen gemeinsam dazu beitragen, den aktuellen Zustand des Permafrosts für große Gebiete in der Arktis zu erfassen. Eine wichtige Komponente des Projekts ist auch die Erhebung von hochauflösenden Fernerkundungsdaten durch Gemeindemitglieder und Schülerinnen und Schüler aus Aklavik (Kanada) mithilfe von kostengünstigen und einfach zu bedienenden Drohnen. Durch die wiederholte Aufnahme der Landoberfläche mit Drohnen können Bewohnerinnen und Bewohner in der Arktis einen entscheidenden Beitrag zur Erforschung der dortigen Klimafolgen leisten.

„Die Integration von Citizen Science - also die Beteiligung von Bürgern am wissenschaftlichen Prozess - in die Permafrostforschung im Rahmen dieses BMBF-Projektes ermöglicht einzigartige Einblicke in die Dynamik des arktischen Permafrostes und bietet somit die Chance, die Konsequenzen der Klimakrise in dieser Region besser zu verstehen und kann damit einen entscheidenden Beitrag zur Erforschung der dortigen Klimafolgen leisten", erklärt apl. Prof. Christian Thiel, Projektleiter und Wissenschaftler in der Abteilung Bürgerwissenschaften des DLR-Instituts für Datenwissenschaften. Citizen Science beschreibt den Prozess der Wissensgenerierung durch verschiedene Beteiligungsformate, bei denen Bürgerinnen und Bürger sich beispielsweise bei der Datenerhebung zu Forschungsfragen, aber auch in co-kreativen Prozessen aus Überzeugung und oftmals in der Freizeit einbringen. In der DLR-Abteilung Bürgerwissenschaften geht es um die Unterstützung der Arbeit an wissenschaftlichen Projekten durch engagierte Bürgerinnen und Bürger. „Die ultrahochaufgelösten Drohnenbilddaten und 3D-Punktwolken erlauben Rückschlüsse über den Zustand des Permafrostes und die Erkennung von Degradierungserscheinungen. Zur Auswertung der Drohnendaten werden Deep Learning Algorithmen eingesetzt “, so der Wissenschaftler aus Jena. "Wir freuen uns, dass wir dank neuester Formen der digitalen Informations- und Kommunikationsmittel Bürgerinnen und Bürger an Forschungs- und Innovationsprozessen teilhaben lassen können und dieses spannende Projekt in Kooperation mit dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) und dem Heidelberg Institute for Geoinformation Technology (HeiGIT) umsetzen können”, betont Thiel.

Hintergrund zum Förderprojekt des BMBF

Mitte Januar sind die ersten von insgesamt 15 Citizen Science-Projekte gestartet, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über eine Laufzeit bis zu vier Jahren fördert. Bei Projekten der Bürgerforschung werden Bürgerinnen und Bürger selbst zu Forschenden, indem sie ihre Expertise und ihr Erfahrungswissen einbringen. Dabei erfahren sie aus erster Hand, wie Wissenschaft funktioniert. Gleichzeitig erhält die Wissenschaft Zugang zu neuen Ideen, Perspektiven und Daten. Zudem wird der Wissenstransfer in die Gesellschaft beschleunigt. Dazu gehen 15 neue Projekte mit einem Gesamtvolumen von neun Millionen Euro an den Start. Die Projekte bieten thematisch eine große Bandbreite: Die Bürgerinnen und Bürger analysieren zusammen mit der Wissenschaft den Permafrost anhand von Aufnahmen aus der Arktis, erarbeiten neue Erkenntnisse zu seltenen Krankheiten oder untersuchen Geschichtsbilder in den Sozialen Medien. Eine elfköpfige Expertenjury hat dem BMBF die ausgewählten Projekte empfohlen. Die ersten Projekte haben am 15. Januar 2021 mit ihrer Arbeit begonnen. Dabei mussten insgesamt 450 Projektanträge gesichtet werden, was das immense Interesse der Wissenschaftsgemeinde und Zivilgesellschaft am Thema Citizen Science verdeutlicht.

Hintergrund DLR-Institut für Datenwissenschaften

Der Schwerpunkt des Instituts für Datenwissenschaften in Jena liegt darin, Lösungen für die neuen Herausforderungen der Digitalisierungsära zu finden. Die Forschung konzentriert sich dabei auf die Bereiche Datenmanagement, Sichere Digitale Systeme und Bürgerwissenschaften. Diese Forschungstätigkeiten ergänzen etablierte Forschungsgebiete an anderen DLR-Instituten und erweitern die Kernkompetenzen des DLR. Entsprechend der thematischen Ausrichtung des Instituts wurden drei Abteilungen eingerichtet, die ebenfalls in sieben Arbeitsgruppen unterteilt sind: Datenmanagementtechnologien, Klimainformatik, Visuelle Analyse, Maschinelles Lernen, Sichere Softwaretechnik, Digitale Produktionsplattformen und Bürgerwissenschaften. Die Forschung wird durch das Bürgerwissenschaftliche Labor ergänzt, das Wissenschaft und Gesellschaft näher zusammenbringen will.

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Kontakt

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Kommunikation Berlin, Neustrelitz, Dresden, Jena, Cottbus/Zittau
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Kommunikation
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin-Adlershof
Tel: +49 30 67055-639

Dr. habil. Christian Thiel

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Datenwissenschaften
Bürgerwissenschaften
Mälzer Straße 3, 07745 Jena