Training unter künstlicher Schwerkraft
- Ziel der Pilotstudie Gravity Gym ist es, erste Erkenntnisse über die Machbarkeit eines Trainings unter künstlicher Schwerkraft zu gewinnen, welches so oder ähnlich später einmal im All eingesetzt werden kann, um Raumfahrtbesatzungen zum Beispiel während einer Marsmission fit zu halten.
- Schwerpunkte: Raumfahrt, Medizin
Im Grunde sind normale Menschen und Astronauten gleich: Regelmäßiges sportliches Training und ausreichend Bewegung tragen wesentlich zur menschlichen Gesundheit bei. Bewegungsmangel führt schnell zu Einbußen in Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. Doch bei Astronauten kann die fehlende Schwerkraft diese Prozesse noch beschleunigen. Daher müssen Menschen im All besonders viel Sport treiben, um den Abbau von Muskeln und Knochenmasse zu verlangsamen. Die Wirkung von künstlicher Schwerkraft könnte dazu beitragen, dieses Training signifikant zu verbessern. Wie ein solches Schwerkraft-Training aussehen könnte, wird derzeit auf der Kurzarm-Human-Zentrifuge des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln untersucht.
Negative Effekte der Schwerelosigkeit
Schwerelosigkeit bewirkt im menschlichen Organismus einen allmählichen Knochen- und Muskelabbau. Besonders betroffen sind die Beine, da sie im Gegensatz zu der ständigen Belastung auf der Erde, im All so gut wie nicht beansprucht werden. Zudem können sich das Herz-Kreislauf-System und der Stoffwechsel verändern und auch die geistige Leistungsfähigkeit kann beeinflusst werden.
Durch die Kombination aus künstlicher Schwerkraft, die durch eine Zentrifuge erzeugt wird, und bestimmten Trainingsmethoden könnten neue Maßnahmen entwickelt werden, welche die negativen physiologischen Effekte der Schwerelosigkeit mildern und dadurch die menschliche Gesundheit während langfristiger Weltraummissionen erhalten.
Trainingsplan
Die Pilotstudie "GravityGym I" des DLR-Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin untersucht erstmalig die Auswirkungen eines gezielten Trainings der Bauch- und Rückenmuskulatur auf die Muskelaktivierung, die Biomechanik sowie das subjektive Empfinden unter Zentrifugation, also unter erhöhter Schwerkraft. Nach einer Anpassung der Studienbedingung auf die geltenden pandemiebedingten Hygieneauflagen konnte die GravityGym-Studie nun mit 12 sportlichen Männern und Frauen starten.
Ihre Aufgabe erscheint zunächst simpel: während der Rotation der Zentrifuge sollen Übungen zur Stärkung der Bauch- und Rückenmuskulatur mithilfe von Gummibändern und Schlingentrainern durchgeführt werden. Dabei war die Auswahl geeigneter Übungen nicht einfach: Das DLR-Zentrifugenteam um Timo Frett testete im Selbstversuch zusammen mit dem ESA-Space Medicine Team, aus Dr. Nora Petersen und Dr. David Green, ein Trainingskonzept, das die physikalischen Gegebenheiten während der Zentrifugation berücksichtigt. Um Übelkeit und Schwindel zu vermeiden, sollten zum Beispiel Bewegungen mit dem Kopf besonders bei ungeübten Versuchsteilnehmern unterbleiben. So entstand eine Mischung aus Übungen mit Anleihen aus Physiotherapie, Krafttraining und Pilates, die nun hinsichtlich ihrer Effektivität getestet wird.
Alle Versuchsteilnehmer werden im Vorfeld medizinisch gründlich getestet und für die Überwachung während der Zentrifugation verkabelt. Gemessen werden unter anderem die Muskelaktivität in Bauch und Rücken sowie die Herzfrequenz, das subjektive Belastungsempfinden und die Dicke der Bandscheiben.
Ziel dieser Pilotstudie ist es, erste Erkenntnisse über die Machbarkeit eines Trainings unter künstlicher Schwerkraft zu gewinnen, welches so oder ähnlich später einmal im All eingesetzt werden kann, um Raumfahrtbesatzungen zum Beispiel während einer Marsmission fit zu halten.
Das Forscherteam plant im Rahmen des GravityGym-Projekts die Erprobung vieler weiterer Trainingsmethoden wie beispielsweise die Installation eines Ruderergometers oder eines Laufbandes auf der Zentrifuge.