BMBF und Forschung starten Großoffensive für die sichere Quantenkommunikation
Schwerpunkte: Quantentechnologien, satellitenbasierte Quantenkommunikation
Die Bundesregierung will in den kommenden Jahren ihre Unterstützung im Bereich der optischen Quantenkommunikation massiv aufstocken. Auf einer Pressekonferenz im Berliner Fraunhofer-Forum verkündete Bundesforschungsministerin Anja Karliczek am 17. Mai 2019 den offiziellen Start der neuen Großoffensive QuNET. Zukünftig soll hier intensiv an photonischen Technologien für abhörsichere quantenbasierte Kommunikationsnetzwerke geforscht werden. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bringt in das vom Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF geleite Vorhaben seine Expertise im Bereich satellitenbasierter Quantenkommunikation ein.
Die Sicherheit des Datenverkehrs ist eine der größten Herausforderungen der digitalen Gesellschaft. Im Vorhaben QuNET (= Quantum Network) werden die Gesetze der Quantenphysik genutzt, um Kommunikationsnetze sicherer zu machen und sensible Informationen so zu übertragen, dass deren Vertraulichkeit sicher gewahrt bleibt. QuNET startet im Herbst mit einem Fördervolumen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) von zunächst 25 Millionen Euro.
Ministerin Anja Karliczek stellte dazu die Pläne des BMBF vor: "Im digitalen Zeitalter sind Wirtschaft und Gesellschaft auf eine sichere Kommunikation mehr denn je angewiesen. Sichere Datenleitungen sind die Lebensadern unseres Zeitalters. Deshalb muss der Datenaustausch so sicher wie möglich gemacht werden. Die Quantenkommunikation bietet dafür einzigartige Möglichkeiten. Deutschland und Europa müssen in diesem Bereich eigene Kompetenzen ausbauen, um nicht von anderen abhängig zu werden. Darum müssen wir die Forschung auf diesem Zukunftsfeld voranbringen. Deutschland und Europa sollen der vertrauenswürdigste Datenraum der Welt werden - deshalb werde ich das Thema auf die deutsche und europäische Agenda setzen. Mit der Initiative QuNET legen deutsche Spitzenforschung und Unternehmen gemeinsam den Grundstein für die sichere Kommunikation der Zukunft. Ich bin den Teilnehmern dieses einzigartigen Projekts dankbar, dass sie sich in diesem Zukunftsfeld engagieren."
Ziel von QuNET ist die sichere Kommunikation. Vor allem Regierungsorganisationen, Banken und sicherheitskritische Unternehmen müssen ihre Sicherheitsinfrastrukturen überdenken und erneuern. Das auf insgesamt sieben Jahre angelegte Projekt soll darüber hinaus als zentrale Plattform für den Aufbau einer deutschen Quantenkommunikationsinfrastruktur dienen und wird wegweisend für ein zukünftiges Quanteninternet sein. Auf europäischer Ebene verfolgen die Bundesregierung und die QuNET-Partner das Ziel, einen sicheren europäischen Datenraum zu schaffen.
Herausforderung satellitenbasierte Quantenkommunikation
Das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation forscht seit über 20 Jahren auf dem Gebiet der freiraumoptischen Datenübertragung. Diese ermöglicht Datenübertragungen mit sehr hohen Datenraten. Den Rekord stellte das Institut zusammen mit ADVA Optical Networking im November 2017 auf. Dabei gelang es auf einer für Satelliten relevanten Distanz 13.16 Terabits pro Sekunde zu übertragen. Auf solchen Arbeiten aufbauend forscht das Institut auch seit einigen Jahren in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern an der satellitenbasierten Quantenkommunikation.
Im Forschungsprojekt QuNET wird das DLR die Übertragung von Quantenzuständen zwischen Satelliten und Erde bearbeiten. Das Satellitensystem wird mit verschiedenen quantentechnischen Quellen ausgestattet, um eine optimale Anbindung an ein heterogenes Quantennetzwerk zu gewährleisten. Dies beinhaltet beispielsweise Einzelphotonenquellen, Verschränkungsquellen oder anders aufgebaute Sendemodule zur Quantenschlüsselverteilung.
Bei der Übertragung der Quantenzustände ist eine möglichst hohe Signalqualität wichtig. Deswegen muss die satellitenseitige sende- und bodenseitige Empfangsoptik so gestaltet werden, dass die Quantenzustände möglichst ungestört übertragen werden und die Strahlausrichtung extrem präzise gestaltet werden kann. Die Forschungsarbeiten des DLR beinhalten auch eine ausführliche Kanalcharakterisierung, um dessen Einfluss auf die Zustandsübertragung quantifizieren zu können.
Schon 2011 konnte das DLR in Zusammenarbeit mit der Ludwig-Maximilians-Universität München eine Quantenkommunikation zwischen einem Flugzeug und einer Bodenstation zeigen. Für diese Arbeiten wurde 2015 der Erwin-Schrödinger-Preis des Stifterverbands verliehen. Aktuell ist das DLR in mehreren Initiativen zur Entwicklung von satellitenbasierter Quantenschlüsselverteilung involviert.
Über die QuNET-Konsortialpartner
DLR-Institut für Kommunikation und Navigation
Das Institut befasst sich mit der Konzeption und Analyse von Systemen für die Kommunikation und Navigation in Anwendungen der Raumfahrt, Luftfahrt, Energie, Verkehr und Sicherheit. Das Spektrum der Arbeiten reicht von Grundlagenfragen bis hin zu Technologiedemonstrationen. Eine besondere Demonstration gelang Mitarbeitenden des Instituts gemeinsam mit der Ludwig-Maximilians-Universität München im Jahr 2011. Erstmals wurde erfolgreich zwischen einem Flugzeug und einer Bodenstation ein Quantenschlüssel erzeugt - ein wichtiger Schritt hin zu einer weltweiten abhörsicheren Datenkommunikation.
Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF
Das Fraunhofer IOF entwickelt optische Systeme zur Kontrolle von Licht - von der Erzeugung bis hin zu dessen Anwendung. Das Leistungsangebot umfasst die gesamte photonische Prozesskette vom Systemdesign bis zur Herstellung von kundenspezifischen Lösungen und Prototypen. Das Institut ist in den fünf Geschäftsfeldern Optische Komponenten und Systeme, Feinmechanische Komponenten und Systeme, Funktionale Oberflächen und Schichten, Photonische Sensoren und Messsysteme sowie Lasertechnik aktiv.
Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut HHI
Das Fraunhofer HHI ist weltweit führend in der Erforschung mobiler und optischer Kommunikationsnetze sowie in der Kodierung von Videosignalen und deren Verarbeitung. Am HHI entwickelte photonisch integrierte Schaltkreise sind weltweit bei der Übertragung hoher Datenraten durch Glasfasernetze im Einsatz. Im Projekt QuNET steuert das Institut seine Expertise in photonisch integrierten Schaltkreisen (PICs) für das Quantennetz sowie in Test und Management von Glasfasernetzen bei.
Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts MPL
Das MPL der Max-Planck-Gesellschaft deckt ein breites Forschungsspektrum ab, darunter nichtlineare Optik, Quantenoptik, Nanophotonik, photonische Kristallfasern, Optomechanik, Quantentechnologien, Biophysik und Verbindungen zwischen Physik und Medizin. Das Institut bringt seine Expertise in der Quantenkommunikation bei QuNET federführend in das Gesamtkonzept und die Sicherheitsanalyse durch interdisziplinäre Fragestellungen ein. Dies umfasst die Grundlagenforschung in der Quantenoptik sowie informationstheoretische und technische Aspekte. Gleichzeitig entwickelt das MPL zusammen mit den anderen Partnern neuartige Quantenquellen, Techniken für die effiziente Kopplung an Quantengattern und Systeme für die Quantenschlüsselverteilung, die effizient mit klassischen Telekommunikationstechniken zusammenarbeiten.