Die ersten Detektoren für Exoplaneten-Weltraumteleskop PLATO ausgeliefert
- Ab 2026 wird das Weltraumteleskop PLATO erdgroße Exoplaneten im Orbit um benachbarte Sterne suchen.
- Jedes der 26 PLATO-Einzelteleskope wird mit einem Set von vier CCD-Sensoren ausgestattet.
- Alle Einzelteleskope zusammen liefern eine Bildfläche von rund zwei Gigapixeln.
- Schwerpunkte: Raumfahrt, Optische Technologien, Exploration
Die erste Serie von lichtempfindlichen Kamerasensoren, die auf dem Weltraumobservatorium PLATO (PLAnetary Transits and Oscillations of stars) zum Einsatz kommen, wurden im März 2019 von der Europäischen Weltraumorganisation ESA abgenommen. Die Auslieferung dieser Detektoren ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum Bau eines bahnbrechenden Weltraumteleskops, das ab 2026 erdgroße Exoplaneten im Orbit um benachbarte Sterne suchen und entdecken wird. Ein Weltraumteleskop wie PLATO hat es noch nie gegeben: Es wird aus 26 einzelnen Teleskopen bestehen, die auf einer Satellitenplattform montiert sind. „Insgesamt wird mit allen PLATO-Kameras damit die größte lichtempfindliche CCD-Fläche wissenschaftlich genutzt, die je im Weltraum zum Einsatz kam,“ sagt Professor Heike Rauer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Leiterin des Instituts für Planetenforschung und des PLATO Nutzlast-Konsortiums.
„Diese Sensoren sind ein Herzstück der gesamten Mission. Die Lieferung der ersten Detektoren ist sehr wichtig für den weiteren Fortschritt beim Bau von PLATO und der Vorbereitung der gesamten Mission. Damit kann der erste Schritt bei der komplexen Integration in den Teleskopen beginnen und die Tests der Teleskope fortgesetzt werden“, so Prof. Rauer weiter. PLATO ist die dritte europäische Mission, deren Aufgabe die Suche nach Exoplaneten ist – Planeten außerhalb unseres Sonnensystems. Die erste und sehr erfolgreiche Mission CoRoT, an der auch das DLR beteiligt war, stand unter Leitung der französischen Weltraumagentur CNES und beobachtete von 2007 bis 2013 Sterne in der Milchstraße. Die nächsten beiden Missionen stehen unter der Leitung der Europäischen Weltraumorganisation ESA: CHEOPS (kurz für CHaracterising ExOPlanet Satellite) wird noch in diesem Jahr gestartet werden, und PLATO, dessen Start für 2026 vorgesehen ist. Das PLATO-Konsortium, das die eigentlichen wissenschaftlichen Instrumente, die Nutzlast des Satelliten, entwickelt, steht unter der Leitung des DLR.
Die größte Fläche an Kamerasensoren zur Suche nach erdähnlichen Planeten
Die Hauptaufgabe von PLATO wird es sein, nach erdähnlichen Planeten oder Gesteinsplaneten zu suchen, die relativ nahe gelegene sonnenähnliche Sterne umkreisen. Über einen Zeitraum von Monaten bis Jahren wird PLATO mit hochempfindlichen Lichtdetektoren, ganz ähnlich wie bei fortgeschrittenen Versionen der in Digitalkameras verwendeten CCDs, die sich ändernde Helligkeit von Tausenden von Sternen überwachen. Ist dieser Lichtabfall periodisch, so rührt er von Planeten her, die vor ihrem Stern vorbeiziehen und dessen Licht dabei um einen winzigen Bruchteil abschwächen.
Für diese Beobachtungen wird jedes der 26 PLATO-Teleskope mit einem Set von vier CCD-Sensoren ausgestattet sein. CCDs (Charge-Coupled Device) sind lichtempfindliche, ‚ladungsgekoppelte‘ Halbleiterelemente, die in einer Fläche zu einem „Chip“ angeordnet sind und hinter einer Optik angebracht zur Erzeugung eines fotografischen Bildes verwendet werden. Es ist im Grunde dieselbe Technik, die hinter jedem Bild steht, das heute mit einem Mobiltelefon oder einer Kamera gemacht wird. CCDs für Kameras im Weltraum müssen allerdings viel höheren Ansprüchen genügen, als auf der Erde. „Die Lieferung der ersten Detektoren zu diesem Zeitpunkt ist wichtig, da sie die frühzeitige Verfügbarkeit eines der Hauptelemente der gesamten Mission sicherstellt“, sagte Bengt Johlander, der PLATO Nutzlastmanager für die ESA. „Damit kann der erste Schritt für die komplexen Tests der Teleskopkameras beginnen.
Jedes der 26 Teleskope verfügt über vier CCDs, die von der Firma Teledyne e2v in Chelmsford (Großbritannien) speziell entwickelt und produziert wurden. Die jetzt ausgelieferten ersten 20 CCDs für PLATO wurden Mitte März an die ESA geliefert, die restlichen 84 Detektoren in weiteren Chargen bis Ende 2020. Jede der PLATO-CCDs erzeugt ein Bild von jeweils 20 Megapixeln, eine Größenordnung, wie sie auch kommerzielle Digitalkameras bieten. Mit den meisten CCDs wird alle 25 Sekunden eine Aufnahme und damit eine Lichtmessung durchgeführt werden. Acht dieser CCDs werden in zwei „schnelle“ Teleskope („Fast-CCDs“ oder FCCDs) eingebaut, die alle 2,5 Sekunden Messungen an helleren Sternen durchführen und damit der Feinjustierung des Satelliten dienen. Alle Einzelteleskope zusammen liefern eine Bildfläche von rund zwei Gigapixeln. Dies ist mehr als doppelt so viel wie bei der Gaia-Misssion der ESA, die derzeit über die größte jemals im Weltraum geflogene Kamera verfügt. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an ein schnelles Auslesen der CCDs und die sich anschließende automatische Verarbeitung der Bilddaten. Jeden Tag werden etwa 435 Gigabit zur Erde übertragen.
Die 11.000-fache Fläche des Vollmondes wird gleichzeitig untersucht
Mit den sich zum Teil überschneidenden Gesichtsfeldern der Teleskope können die Kameras von PLATO jedes leichte Abdunkeln und Aufhellen eines Sterns erkennen, das durch die Bewegung eines oder mehrerer Planeten vor ihm verursacht wird. Extrasolaren Planeten sind aufgrund ihrer geringen Größe und ihrer geringen Helligkeit, der Nähe zu ihrem Stern und der großen Entfernung von der Erde extrem schwer zu erkennen und zu untersuchen. Die CCDs sind ein Schlüsselelement des wissenschaftlichen Instruments, das von dem Konsortium aus europäischen Forschungszentren und -instituten unter Federführung des DLR bereitgestellt wird. PLATO wird nicht nur nach neuen Planeten fahnden, sondern auch die Eigenschaften ihrer Zentralsterne untersuchen und die Planetenmassen sowie die Größen und das Alter der Sterne mit beispielloser Genauigkeit bestimmen. Damit wollen die Wissenschaftler verstehen, wie Planetensysteme aufgebaut sind und potenziell bewohnbare Welten identifizieren.
Das gesamte Teleskopsystem wird ein extrem weites Sichtfeld haben und eine Gesamtfläche am Himmel von ca. 2250 Quadratgrad abdecken. Zum Vergleich: Der Vollmond überspannt nur ca. 0,2 Quadratgrad am Himmel. PLATO wird dieses riesige Sichtfeld erfassen können, weil die Teleskope gruppenweise überlappende Gesichtsfelder haben. Das große Format der CCDs, etwa 8 mal 8 Zentimeter pro Detektor, ergibt eine optisch empfindliche Gesamtfläche von 0,74 Quadratmetern. Die Detektoren arbeiten bei einer Temperatur unter minus 65 Grad Celsius, um durch ein besonders niedriges Niveau des „Grundrauschens“ eine erhöhte Empfindlichkeit zu erhalten.
Je nach dem endgültigen wissenschaftlichen Operationsplan wird PLATO zwischen 10 und 50 Prozent des Himmels von seiner Umlaufbahn um den so genannten L2-Lagrange-Punkt aus beobachten. Lagrange- oder „Gleichgewichtspunkte“ sind fünf Punkte im System zweier Himmelskörper, an denen sich die Schwerkraft aufhebt und ein leichter Körper wie beispielsweise ein Satellit einen Himmelskörper ohne Antrieb in derselben Umlaufzeit wie der Körper mit der kleineren Masse umkreisen kann und sich so seine Position nie verändert. Der L2-Punkt im System Sonne-Erde befindet sich von der Sonne gesehen 1,5 Millionen Kilometer hinter der Erde und gestattet 24 Stunden am Tag einen von Sonnenlicht ungestörten Blick ins Weltall bei gleichzeitig ununterbrochener Kommunikation zur Bodenstation.
Die M-Klasse-Mission PLATO der Europäischen Weltraumorganisation ESA
PLATO ist die dritte M-Klassen-Mission (M steht für ‚medium size‘) im langfristigen Cosmic Vision-Programm der ESA. Ziel ist es, eine große Anzahl extrasolarer Planetensysteme zu finden und vor allen Dingen terrestrische Planeten oder Gesteinsplaneten zu untersuchen, von denen einige in der bewohnbaren Zone um sonnenähnliche Sterne liegen könnten. Während der geplanten vierjährigen Hauptmission wird PLATO Hunderttausende von Sternen beobachten, was zur Entdeckung und Charakterisierung von Tausenden neuer Exoplaneten führen wird. PLATO wird große Himmelsabschnitte durchmustern und beobachten und sich dabei auf die hellsten und nächstgelegenen Sterne konzentrieren. PLATO wurde auch konzipiert, um die seismische Aktivität in Sternen zu erforschen, um den Zentralstern eines Planeten zu genau zu charakterisieren, insbesondere sein Alter.
Die ESA stellt die Raumsonde, die CCDs, den Missionsbetrieb und Teile der wissenschaftlichen Operationen zur Verfügung. Das PLATO Nutzlast-Konsortium, das über nationale Agenturen finanziert wird, darunter auch über das DLR-Raumfahrtmanagement mit Geldern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, und unter der Leitung von Prof. Heike Rauer vom DLR in Berlin arbeitet, entwickelt die wissenschaftliche Nutzlast und beteiligt sich am wissenschaftlichen Betrieb.