Alternative Treibstoffe in der Luftfahrt – vom Fuel Design zur praktischen Erprobung
- Drei Fragen an Dr. Uwe Bauder und Dr. Tobias Schripp zu ihren Forschungen an alternativen Treibstoffen für die Luftfahrt.
- Schwerpunkt(e): Luftfahrt, Alternative Treibstoffe
Die zivile Luftfahrt ist eine relevante Quelle für anthropogene Kohlenstoffdioxidemissionen und weist ein Wachstum von zirka fünf Prozent Wachstum pro Jahr auf. Aus diesem Grund setzte die International Air Transport Association (IATA) im Jahr 2013 ambitionierte Ziele für die Reduktion der CO2-Freisetzung bis 2050 fest.
Das angestrebte CO2-neutrale Wachstum ab 2020 und die Absenkung der Emissionen auf die in 2005 emittierte Menge bis zum Jahr 2050 erfordern substantielle Entwicklungen im Bereich der Triebwerkstechnologie und der Luftfahrttreibstoffe. Während die Optimierung der Triebwerkstechnologie bereits sehr weit fortgeschritten ist, stellen die alternativen Treibstoffe ein jüngeres Forschungsgebiet mit großem Potential dar. Neue, alternative Treibstoffe müssen in einem iterativen Prozess zwischen Treibstoffdesign und experimentellen Messungen entwickelt werden, wobei die strengen Sicherheitsanforderungen der Luftfahrt berücksichtigt werden müssen.
Neben der Reduktion der CO2-Emissionen haben einige alternative Treibstoffe ein zusätzliches Potential, die Freisetzung von Schadstoffen zu verringern. Insbesondere die Freisetzung von Ruß und (ultra)feinen Partikeln steht hierbei im Fokus. Durch die geringere Bildung von Vorläufersubstanzen im Verbrennungsprozess sind hier Absenkungen bis 70 bis 90 Prozent möglich. Diese Verringerung ist von hoher Relevanz für die Verbesserung der Luftqualität in der Umgebung von Flughäfen sowie bei der Bildung von Kondensstreifen in der Atmosphäre.
Dr. Uwe Bauder und Dr. Tobias Schripp vom Stuttgarter DLR-Institut für Verbrennungstechnik beantworten drei Fragen zu ihrer Arbeit an alternativen Treibstoffen für die Luftfahrt.
Herr Bauder, was sind die großen Herausforderungen, die es beim Thema alternative Treibstoffe anzugehen gilt?
Alternative Treibstoffe haben unbestreitbare Vorzüge. Sie können die CO2-Emissionen reduzieren und zu einer Verbesserung des Treibstoffverbrauchs beitragen. Darüber hinaus führen einige alternative Treibstoffe zu einer deutlich verringerten Freisetzung von Rußpartikeln. Allerdings ist die Herstellung zugelassener alternativer Treibstoffe vergleichsweise teuer und die Zulassung neuer Herstellungsverfahren ist sehr zeit- und kostenaufwändig. Daher ist die Verfügbarkeit alternativer Treibstoffe aktuell der große limitierende Faktor für die breite Verwendung von alternativen Kraftstoffen in der Luftfahrt.
Langfristig müssen daher die weltweiten Produktionskapazitäten für alternative Treibstoffe massiv erweitert werden, was nur durch ein Zusammenspiel von technischen Innovationen bei der Treibstoffherstellung mit geeigneten politischen Rahmenbedingungen möglich sein wird. Zudem muss die Zulassung neuer Treibstoffe effizienter gestaltet werden, um neue Herstellungsverfahren schneller und günstiger in den Markt zu bringen, ohne dabei Abstriche bei der Sicherheit in Kauf zu nehmen.
Insgesamt muss bei der notwendigen signifikanten Erhöhung des Anteils alternativer Treibstoffe sichergestellt werden, dass bei der Produktion keine Konkurrenz mit der Nahrungsproduktion geschaffen wird. Die Paramount Raffinerie in Kalifornien setzt beispielsweise hierbei auf nicht für den Verzehr geeignete natürliche Öle sowie Abfall aus der Landwirtschaft. Eine andere Alternative sind Power-to-Liquid Verfahren. Insbesondere hierbei muss der zur Treibstoffsynthese benötigte Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammen, um eine echte CO2-Reduktion zu erreichen.
Herr Schripp, was schätzen Sie, wie lange wird es noch dauern, bis die ersten Airlines nur noch mit alternativen Treibstoffen fliegen?
Diverse Fluglinien und Flughäfen verwenden bereits Mischungen aus fossilem Kerosin und alternativen Kraftstoffen, sogenannte „blends“. Hierbei handelt es sich allerdings mengenmäßig noch um eher geringe Beimischungen, da die Verfügbarkeit und der Preis noch nicht wettbewerbsfähig sind. Die Entwicklungsziele der IATA (Internationale Luftverkehrs-Vereinigung) für die Luftfahrt liegen bei einem CO2-neutralen Wachstum ab 2020 sowie einer Reduktion der CO2-Emissionen auf das Level von 2005 bis zum Jahr 2050. Dies lässt sich – neben den Fortschritten in der Triebwerkstechnik – nur durch den vermehrten Einsatz alternativer Kraftstoffe erreichen. Wir werden also daher in den nächsten Jahren eine Erhöhung des Anteils alternativer Kraftstoffe im verwendeten Flugzeugtreibstoff beobachten. Eine wirtschaftliche Verwendung von 100 prozentigem alternativen Kraftstoff ist allerdings nach derzeitigem Stand eher Dekaden entfernt – nicht zuletzt da hierfür auch politische regulatorische und teilweise kleinere technische Änderungen nötig sind. Letztlich konkurrieren alternative Kraftstoffe mit sehr günstigen konventionellen Treibstoffen auf Rohölbasis, bei denen die Auswirkungen auf die Umwelt noch nicht eingepreist werden.
Herr Bauder, wie sieht ihr Forscheralltag aus - sitzen Sie meistens am PC oder dürfen Sie auch mal an die großen Flieger ran? Wenn ja, was für ein Gefühl ist das?
Die Arbeit am PC füllt bei mir tatsächlich fast die ganze Arbeitszeit aus. Bei meinem Kollegen Tobias Schripp wird die Bürotätigkeit auch ab zu durch Laborarbeit unterbrochen. Aufgrund des hohen Büroanteils ist es daher umso beeindruckender, wenn wir sehen wie die eigene Forschung bei großen Demonstrationskampagnen, zum Beispiel der mit der NASA gemeinsam durchgeführten ECLIF/ND-MAX-Kampagne in Ramstein, in die Praxis umgesetzt wird. Die praktischen Probleme bei der Durchführung solcher Kampagnen sind eine interessante neue Herausforderung für uns, aber auch ein außergewöhnliches Erlebnis.