1. September 2017

Vom Start 1997 bis zum Ende 2017 - eine außergewöhnlich komplexe Mission

Nach 20 Jahren wird die erfolgreiche NASA/ESA-Mission Cassini-Huygens am 15. September 2017 ihr Ende finden. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) war und ist an der Mission von Anfang an technisch, wissenschaftlich und als im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) projektförderndes Raumfahrtmanagement beteiligt.

In einer Serie von Beiträgen stellen wir noch einmal die Mission, ihre Experimente, den wissenschaftlichen Kontext, ihre wichtigsten Ergebnisse und die dabei geleisteten Beiträge des DLR und anderer wissenschaftlicher Einrichtungen in Deutschland vor.

Am 15. Oktober 1997 startete die Raumsonde Cassini von Cape Canaveral an der Spitze einer Titan 4B-Rakete zu ihrer knapp siebenjährigen Reise in das Saturnsystem. Dort umrundete sie den Planeten und seine zahlreichen Eismonde von 2004 bis 2017 mehr als 13 Jahre lang. Zunächst führte die Bahn der Sonde aber erst einmal in die andere Richtung, um bei zwei Vorbeiflügen an der Venus die Reisegeschwindigkeit zu erhöhen. Nach einem darauffolgenden Flyby-Manöver an der Erde im August 1999 ging es dann endlich Richtung äußeres Sonnensystem, zunächst zum Jupiter.

Der Vorbeiflug am Jupiter fand genau zu Silvester 2000 statt und wird deshalb als "Millenium Flyby" in Erinnerung bleiben. Da sich zu diesem Zeitpunkt auch noch die Raumsonde Galileo im Jupitersystem befand, konnten zum ersten Mal zwei Raumsonden den Jupiter gemeinsam untersuchen und vergleichende Messungen machen. Vom Jupiter aus dauerte es noch einmal dreieinhalb Jahre, bis das Saturnsystem erreicht wurde. Der erste spektakuläre Vorbeiflug an einem Saturnmond erfolgte bereits drei Wochen vor der Ankunft, da sich der kleine Mond Phoebe in sehr großer Entfernung zum Saturn befindet.

Gewagtes Manöver bei der Ankunft

Das Gespann Cassini-Huygens hatte bei der Ankunft am Saturn eine viel zu hohe Geschwindigkeit, die nicht allein mit den Bremstriebwerken so stark reduziert werden konnte, um in eine Umlaufbahn zu gelangen. Deshalb wurde das etwa sechs Tonnen schwere Raumschiff beim Einschwenken in den Saturnorbit zum erst Mal durch eine Lücke in den äußeren Ringen gelenkt. Dadurch kam sie Saturn so nahe, dass auch dessen Schwerkraft eine ausreichende Bremswirkung erzielte und ein zunächst langgestreckter, dann immer engerer Orbit erreicht wurde. Da man nicht wusste, ob kleine Eis- und Staubpartikel mit hoher Geschwindigkeit auf die Sonde prallen würden, wurde das Raumschiff gedreht und mit der Antenne voraus durch die Ringe gesteuert.

Damit begann die erste, zunächst für vier Jahre geplante Phase der Mission. Nach einem ersten Vorbeiflug an Titan im Oktober 2004 wurde am 25. Dezember 2004 die europäische Landesonde Huygens vom Orbiter getrennt, um drei Wochen später am 14. Januar 2005 an einem Fallschirm auf dem größten Saturnmond zu landen. Durch viele weitere Vorbeiflüge am Titan wurde der Orbit der Cassini-Sonde ständig verändert, sowohl hinsichtlich der Bahnneigung als auch des größten Abstands zum Saturn. Das war notwendig, um den Saturn auch bei hohen Breitengraden und die Ringe des Saturns von oben beobachten zu können. Der größte Abstand zum Saturn wurde zu einem nahen Vorbeiflug am weit entfernten Mond Iapetus genutzt. In die Äquatorebene musste die Raumsonde immer wieder zurückkehren, da sich dort alle größeren Saturnmonde befinden.

Frühling und Sonnenwende am Saturn: die zweite und dritte Missionsphase

Nach erfolgreichen vier Jahren im Orbit entschloss sich die NASA 2008 die Mission um zwei Jahre zu verlängern. Diese Missionsphase erhielt den Namen "Frühlingsphase" ("Equinox"), da in dieser Zeit auf der Nordhalbkugel nach der Tag-und-Nachtgleiche der Frühling begann. Dadurch wurden nun auch Aufnahmen der Nordhalbkugel des Saturn und der nördlichen Breiten der Saturnmonde möglich, außerdem konnten die Ringe genau zu jenem Zeitpunkt beobachtet werden, als das Sonnenlicht exakt auf deren Kante schien. Auch in dieser Phase der Mission wurde der Orbit mithilfe von Vorbeiflügen am Titan ständig variiert.

Nachdem am Ende dieser Missionsphase alle Instrumente und auch die Raumsonde selbst weiterhin problemlos funktionierten, beschloss die NASA 2010 eine weitere Verlängerung der Mission - diesmal gleich um sieben Jahre. Dieser Zeitraum bekam den Namen "Sonnenwendenphase" ("Solstice"), da in diesem Zeitraum auf der Nordhalbkugel die Sommersonnenwende stattfand. Aufgrund des günstigen Sonnenstands war zum ersten Mal die Nordpolregion des Saturn zu beobachten.

Das Ende der Mission im September 2017 ist unausweichlich

Diese Phase bedeutete definitiv die letzte Verlängerung, denn am 15. September 2017 wird die Sonde gezielt in den Saturn gelenkt und dort verglühen. Der Grund dafür ist, dass kaum noch Treibstoff an Bord ist und die NASA daher in absehbarer Zeit die Kontrolle über das Raumschiff verlieren würde. Sie befürchteten, dass die unkontrollierbare Raumsonde mit einem von Saturns Eismonden kollidieren könnte, auf denen möglicherweise Leben existiert. Die letzten 22 Orbits von Cassini hatten noch einmal einen spektakulären Charakter: Die Sonde flog ab April 2017 immer wieder durch die Ringe hindurch und kam dem Saturn zwischen den Ringen und der Wolkendecke so nahe wie nie zuvor. In diesen Orbits konnten auch die irregulären Monde in den Ringen mit hoher Auflösung beobachtet werden.

Bis zum Ende der Mission wird die Sonde den Saturn 294-mal umrundet haben. Dabei gab es 113 Vorbeiflüge am Titan, 24 Vorbeiflüge an dem aktiven Eismond Enceladus und weitere 22 nahe Vorbeiflüge an den anderen Eismonden.

Cassini: A Saturn Odyssey
Video "Cassini: A Saturn Odyssey"
Credit:

NASA

Datenmengen und Datenmanagement

Die zwölf Instrumente der Sonde Cassini und die sechs Instrumente des Titan-Landers Huygens haben in den knapp 20 Jahren eine riesige Datenmenge aufgezeichnet und zur Erde gesendet. Besonders wichtige Daten wurden dabei sicherheitshalber doppelt übertragen. Um diese Datenmenge mit der 4-Meter-Antenne der Raumsonde zur Erde zu übermitteln, wurden dort fast ausschließlich die drei großen 70-Meter-Antennen der NASA zum Empfang benutzt. Zum Datensatz gehören unter anderem 6337 Bilder der hochauflösenden Kamera, 2486 Bilder der Weitwinkelkamera und 408.435 Datensätze des Spektrometers, das im visuellen und infraroten Wellenlängenbereich aufnimmt. Alle Daten wurden im "Planetary Data System (PDS)" der NASA archiviert und stehen damit Wissenschaftlern weltweit, aber auch der Allgemeinheit, zur Verfügung. Dabei handelt es sich nicht nur um die Rohdaten, sondern auch um abgeleitete Daten, wie zum Beispiel Bildmosaike und Karten.

Komplizierte Aufnahmeplanung für zwölf Orbiter-Experimente

Die Aufnahmeplanung für alle Experimente war eine sehr komplexe Aufgabe. Zum einen konnten nur so viel Daten aufgenommen werden, wie man später auch zur Erde übertragen konnte - aber alle Betreiber der zwölf Instrumente wollten natürlich mehr Daten aufnehmen, als übertragbar waren. Das andere Problem war, dass alle Instrumente fest angeschraubt waren, es gab keine Plattform, um einzelne Instrumente zu schwenken. Daher konnten nicht alle Instrumente gleichzeitig auf die Oberfläche gerichtet werden. Nur für die optischen Fernerkundungsinstrumente war dies möglich, so dass damit synchrone Beobachtungen möglich waren. Da eine Drehung der Sonde um 90 Grad zirka 30 Minuten dauerte, musste vor den schnellen Vorbeiflügen entschieden werden, welches Experiment das Hauptinstrument sein sollte. Auch die Betreiber der Teilchendetektoren wollten oft in eine andere Richtung blicken als die der optischen Instrumente. Um die Masse der Monde bei einem Vorbeiflug mit Hilfe von Radiosignalen zu vermessen, musste die Hauptantenne zur Erde zeigen, was eine Bildbeobachtung der Oberfläche praktisch unmöglich machte.

Um all diese Konflikte zu lösen, wurden die Wissenschaftler in vier großen Themengruppen zusammengefasst. Diese einigten sich in einem ersten Schritt, welches Thema in einem Orbit am wichtigsten ist und wie viel Datenmenge dafür zur Verfügung steht. Danach begann die Feinplanung mit Fragestellungen wie: Welches Instrument plant die Ausrichtung der Sonde und wie viel Datenmenge bekommt es? Das alles war ein iterativer Prozess, der schon lange vor der Ankunft am Saturn begann und erst vor kurzem sein Ende fand. Da an dem Planungsprozess zahlreiche Einrichtungen in den USA und in Europa, hierzu gehörte auch das DLR-Institut für Planetenforschung, beteiligt waren, bedurfte es einer strikten Koordination und Kontrolle durch das Jet Propulsion Laboratory, das für die NASA die Mission durchführte. Dort wurden alle Planungen auf ihre Durchführbarkeit überprüft, bevor die Kommandos an die Raumsonde gesendet wurden.

Für das ISS-Kamerasystem, das Schwarz-Weiß- und Farbbilder der Atmosphäre, Ringe und Monde von Saturn lieferte, plante das DLR-Institut für Planetenforschung die punkt- und sekundengenauen "Zielsequenzen" für vier mittelgroße Monde (Dione, Rhea, Iapetus und Phoebe). Diese Bilder sind die Datengrundlage für die meisten geologischen Interpretationen der Oberfläche der Monde. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der kartographischen Bearbeitung der Bilddaten für geometrisch exakte Kartenwerke. Für das VIMS-Spektrometer, das die chemischen Zusammensetzung und Struktur der Oberflächen, Atmosphären und Ringe von Saturn und seinen Monden spektral kartierte, führte das DLR-Institut für Planetenforschung die Kalibrierung des Instruments, die Planung von Aufnahmesequenzen sowie die wissenschaftliche Auswertung der Spektrometerdaten durch.

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