DLR auf der Paris Air Show 2017
- DLR zeigt technische Innovationen für ökoeffizientes Fliegen ebenso wie wegweisende Satellitenprojekte für globales Monitoring des Systems Erde
- Stand in Halle 2C am Deutschen Gemeinschaftsstand
- Schwerpunkte: Mobilität, Digitalisierung, Big Data, Luftfahrt, Raumfahrt
Mit den Schwerpunkten Mobilität und Digitalisierung präsentiert sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom 19. bis 25. Juni 2017 auf der diesjährigen Paris Air Show. Am deutschen Gemeinschaftsstand in Halle 2C zeigt das DLR technische Innovationen für ökoeffizientes Fliegen mit geringeren CO2- und Lärmemissionen ebenso wie wegweisende Satellitenprojekte für das globale Monitoring des dynamischen Systems Erde am Boden und in der Atmosphäre, wobei immer größere Datenmengen professionell gehandhabt werden. Eine Asteroidenmission sowie neue technologische Entwicklungen für Raketentriebwerke runden den Messeauftritt ab. Für den 21. Juni 2017 ist zudem die offizielle Vereinbarung zweier neuer Kooperationen des DLR mit Onera und Airbus sowie mit Embraer geplant.
"Als ingenieur-wissenschaftliche Forschungseinrichtung legt das DLR als Partner der Industrie die technologischen Grundlagen für neue Produkte der Luft- und Raumfahrtindustrie," betont Frau Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR, "Luft- und Raumfahrt sind aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Es gilt, diese Technologien verantwortungsvoll im Interesse der Gesellschaft zu gestalten und nachhaltig einzusetzen. Eine Aufgabe, der sich das DLR im Auftrag der Politik mit Nachdruck widmet."
Der 52. Aerosalon Paris, als eine der größten Luftfahrtmessen der Welt, bietet auch die Plattform für neue Partnerschaften. Auf der diesjährigen Fachmesse sind Austeller aus mehr als 50 Ländern vertreten, Fachbesucher kommen aus circa 90 Ländern. Einer der Schwerpunkte in diesem Jahr sind Start ups, von denen mehr als 100 ihre Produkte zeigen werden. Begleitet wird die Messe zudem von einem B2B-Meeting-Programm, in dem der Wissens- und Erfahrungsaustausch in Kombination mit der Lösungssuche im Luft- und Raumfahrtsektor im Vordergrund steht.
"Mit der Präsenz auf dem Aerosalon 2017 in Paris demonstriert die deutsche Luft- und Raumfahrtbranche eindrucksvoll ihre Wettbewerbsfähigkeit für die Mobilität der Zukunft. Insbesondere auf dem Gebiet der Digitalisierung, die zunehmend den gesamten Lebenszyklus der Produkte bestimmt, sind Unternehmen aus Deutschland von der Entwicklung bis zum Betrieb vorn mit dabei," erklärt Dr. Wolfgang Scheremet, Abteilungsleiter Industriepolitik im Bundeswirtschaftsministerium. "Die Basis für den Erfolg der Branche bilden neben dem Ideenreichtum der Unternehmen auch die Förderung von Innovation durch das Luftfahrtforschungsprogramm (LuFo) und unsere Raumfahrtprogramme im nationalen und europäischen Rahmen. Durch die interdisziplinären Forschungsarbeiten trägt das DLR als nationale Forschungseinrichtung und Raumfahrtagentur ganz wesentlich dazu und zur Stärkung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes Deutschland bei."
Das DLR präsentiert im Einzelnen auf dem diesjährigen Aerosalon in Paris folgende Themen aus der Luft und Raumfahrt:
CRISPmulti: Leises und umweltfreundliches Triebwerk der Zukunft
Die Effektivität der Schuberzeugung eines Triebwerks steigt, wenn die Geschwindigkeit des Luftstrahls am Triebwerksaustritt reduziert wird. Gleichzeitig sinkt der sogenannte Strahllärm, da die Wirbelbildung am Strahlrand – eine Hauptquelle der Geräuscherzeugung am Triebwerk – abnimmt. Im Projekt CRISPmulti (Counter Rotating Integrated Shrouded Propfan) bilden zwei gegenläufige ummantelte Rotoren den Fan am Einlauf des Triebwerks. Dieses Konzept bietet die Chance, Flugzeugtriebwerke effizienter, umweltfreundlicher und leiser zu machen sowie das Gewicht und den Außendurchmesser zu verringern.
Forschungsflugzeug ATRA: Bessere Aerodynamik mit aktiver Strömungskontrolle
Ein technisch hochdetailliertes Modell des größten DLR-Forschungsflugzeugs Airbus A320 ATRA (Advanced Technology Research Aircraft) gibt am DLR-Stand Einblick in aktuelle Forschungsarbeiten zur aktiven Strömungskontrolle. An dem aus 400 Einzelkomponenten bestehenden, modularen Funktionsmodell wird ein Seitenleitwerk mit einem vereinfachten Absaugsystem die HLFC-Technologie (Hybrid Laminar Flow Control) veranschaulichen, die in diesem Jahr im Rahmen des EU-Projektes AFLoNext (Active Flow Loads & Noise Control on Next Generation Wing) erstmals im Flugversuch erprobt werden soll. Des Weiteren wird an dem Modell ein äußerst effizientes UHBR-Triebwerk (Ultra High Bypass Ratio) gezeigt und über aktuelle Tätigkeiten im EU-Projekt Clean Sky 2 zur aktiven Strömungskontrolle am Triebwerk-Flügel-Übergang informiert.
ACCESS und ECLIF: Forschung für klimaschonende Luftfahrt-Treibstoffe
Flugzeugtriebwerke stoßen Rußpartikel aus. Diese wirken als Kondensationskeime für kleine Eiskristalle, die als Kondensstreifen sichtbar werden. Diese können sogenannte länger bestehende Kondensstreifen-Zirren bilden, die heute eine ähnlich große Klimawirkung haben wie alle über mehr als 100 Jahre in der Atmosphäre gesammelten Kohlendioxid-Emissionen des Luftverkehrs zusammen. Eine Beimischung von Biotreibstoff reduziert im Reiseflug die Rußpartikelemissionen eines Flugzeugtriebwerks um 50 bis 70 Prozent gegenüber der Verbrennung von reinem Kerosin. Dies zeigt eine im Fachjournal NATURE erschienene Studie, die auf gemeinsamen Forschungsflügen der NASA, des DLR und des kanadischen National Research Council (NRC) beruht. Mit der Möglichkeit anhand von Biotreibstoffen die Rußemissionen in Triebwerksabgasen um mehr als die Hälfte zu verringern, öffnet sich ein Weg die Klimawirkung von Kondensstreifen zu reduzieren. Bei weiteren Forschungsarbeiten im Rahmen des DLR-Projekts ECLIF (Emissions and Climate Impact of alternative Fuel) wird sich die NASA bei Forschungsflügen Anfang 2018 in Deutschland beteiligen.
Klimaoptimierte Flugrouten
Um die Klimawirkungen des Luftverkehrs zu reduzieren, werden nicht nur optimierte Flugzeuge und Triebwerke benötigt, sondern auch geänderte Routen. Eine genaue Analyse der tagesgenauen meteorologischen Bedingungen hat gezeigt, dass je nach aktueller Wetterlage die Klimawirkung der Luftverkehrsemissionen um das zehnfache variiert. Hierdurch ergeben sich besondere Einsparpotenziale bei der Klimawirkung des Luftverkehrs, insbesondere durch Optimierung der Nicht-CO2-Emissionen – Stickoxide, Kondensstreifen und Rußpartikel – über die Vermeidung der Bildung von Kondensstreifen und des Klimagases Ozon. Die Ergebnisse einer anhand von Computermodellen durchgeführten 1-Tages- Studie des Nordatlantischen Flugkorridors zeigen, dass leicht veränderte Flugrouten die Klimawirkung durch Kondensstreifen und Ozon deutlich um rund 25 Prozent verringern, wobei die Betriebskosten nur geringfügig um rund 0,5 Prozent steigen.
Die deutsch-französische Klimamission MERLIN
Methan (CH4) ist nach Kohlendioxid (CO2) der zweitgrößte Beitrag zur vom Menschen verursachten Klimaerwärmung. Ein von den Vereinten Nationen eingesetztes Wissenschaftlergremium bescheinigte Methan ein 25-fach höheres Potenzial zur globalen Erwärmung als CO2. Um effektiven Klimaschutz betreiben zu können, ist es dringend notwendig, den Zyklus des Treibhausgases Methan besser zu verstehen. Die hochpräzise globale Vermessung des Methangehaltes in der Erdatmosphäre kann nur vom Weltraum aus erfolgen. Besonders Schlüsselregionen wie tropische Feuchtgebiete, Regenwälder und Permafrost-Regionen sind ohne Satelliten nur schwer zugänglich. Der deutsch-französische Kleinsatellit MERLIN (Methane Remote Sensing LIDAR Mission) soll mit Hilfe eines LIDAR-Instruments (Light Detecting and Ranging) ab 2021 aus einer Höhe von rund 500 Kilometern Methan aufspüren und überwachen. Ziel der dreijährigen Mission des DLR und der französischen Raumfahrtagentur CNES ist unter anderem die Erstellung einer globalen Weltkarte der Methankonzentrationen.
Tandem-L: Erfassung von dynamischen Prozessen auf der Erdoberfläche
Tandem-L ist ein Vorschlag für eine hochinnovative Satellitenmission zur globalen Beobachtung von dynamischen Prozessen auf der Erdoberfläche in einer bisher nicht erreichten Qualität und Auflösung. Aufgrund seiner neuartigen Abbildungstechniken und seiner enormen Aufnahmekapazität mittels zweier Radarsatelliten, die das nahmensgebende L-Band nutzen, wird Tandem-L dringend benötigte Informationen aus den Bereichen der Bio-, Geo-, Kryo- und Hydrosphäre liefern. Wichtige Missionsziele sind die globale Messung der Waldbiomasse zum besseren Verständnis des Kohlenstoffkreislaufs, die systematische Erfassung von Deformationen der Erdoberfläche im Millimeterbereich für Erdbebenforschung und Risikoanalyse, die Quantifizierung von Gletscherbewegungen und Schmelzprozessen in den Polarregionen, die großflächige Beobachtung von Meeresströmungen sowie die feinskalige Messung von Variationen in der oberflächennahen Bodenfeuchte. Tandem-L trägt damit entscheidend zu einem besseren Verständnis des dynamischen Systems Erde bei und liefert wichtige bisher fehlende Informationen zu Auswirkungen und Ausmaß von Klimaänderungen.
FireBIRD: Feuerdetektion per Satellit
Die DLR-Satellitenmission FireBIRD ist auf die Feuerfernerkundung aus dem Weltraum ausgerichtet. Dazu zählen das Entdecken und Vermessen von sogenannten Hochtemperaturereignissen und die Bereitstellung der Fernerkundungsdaten für die wissenschaftliche Forschung im DLR und für externe Partner. Das Raumsegment besteht aus den beiden Satelliten TET-1 (Technologie-Erprobungsträger) und BIROS (Berlin InfraRed Optical System). Satellit TET-1 ist bereits seit Juli 2012 in einer polaren Umlaufbahn und hat den ersten Teil seiner Mission als Technologie-Erprobungsträger erfolgreich abgeschlossen. Satellit BIROS, der am 22. Juni 2016 startete, ist zusätzlich mit einem Antriebssystem für aktive Lage- und Bahnregelung ausgestattet. Hauptnutzlast beider Satelliten ist ein multispektrales Kamerasystem, das im mittleren Infrarot optimal Feuer detektiert und im fernen Infrarot vor allem die Hintergrundtemperatur als Vergleichsgrundlage erfasst.
Laser Communications Terminal: Technik für die Europäische Datenautobahn im All
Im Rahmen der globalen Vernetzung verlangt unsere Informationsgesellschaft immer höhere Datenübertragungsraten. Die Satellitenkommunikation bietet eine hervorragende Möglichkeit zur Ergänzung terrestrischer Netze. Die Technologie für den wegweisenden Datenlink stammt aus Deutschland: Das Laserkommunikationsterminal (LCT) wurde vom Raumfahrtmanagement des DLR mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert und federführend von der Tesat-Spacecom GmbH entwickelt. Laser Communication Terminals sind Kernbestandteil des entstehenden satellitengestützten Europäischen Daten-Highways EDRS (European Data Relay System): Im EDRS übertragen Satelliten Daten in Echtzeit per Laser zu Relaisknoten im All und von dort dann zu Bodenstationen auf der Erde.
Kostengünstiges und schubstarkes Raketentriebwerk
Im „Prometheus-Projekt“ arbeiten die französische nationale Raumfahrtagentur CNES, Airbus Safran Launchers/Ariane Group und das DLR gemeinsam an der Entwicklung eines kostengünstigen, schubstarken und wiederverwendbaren Raketentriebwerks, das mit Flüssigsauerstoff (LOX) und Methan angetrieben werden soll. Die Möglichkeiten von Methan reichen von einer Ergänzung zu den derzeitigen Flüssigkeitsantrieben der Ariane-Trägerraketen bis hin zum vollständigen Ersatz von Flüssigwasserstoff. In einer 12-monatigen Testkampagne am Prüfstand P3 des DLR-Standorts Lampoldshausen konnten bereits wichtige Ergebnisse zur Weiterentwicklung notwendiger kritischer Technologien wie beispielsweise der Brennkammer erzielt werden. Nächstes Ziel ist es nun, einen LOX/Methan-Technologiedemonstrator mit 100 Tonnen Schub unter repräsentativen Bedingungen zu testen. Dieses Triebwerk hat das Potenzial, die Kosten des in den 1980er Jahren entwickelten europäischen Hauptstufentriebwerks Vulcain um den Faktor zehn zu verringern. Die Forschung und Technologieentwicklung im Rahmen des „Prometheus-Programms“ sind seit 2016 Teil des „Future Launchers Preparatory Programme“ der Europäischen Weltraumorganisation ESA.
MASCOT: Landung auf einem Asteroiden
Der Asteroidenlander MASCOT, den das DLR gemeinsam mit der französischen Raumfahrtagentur CNES entwickelt hat, ist unterwegs zum Asteroiden Ryugu (1999 JU3). Am 3. Dezember 2014 begann der „Mobile Asteroid Surface Scout“ an Bord der japanischen Sonde Haysabusa2 seine Reise durchs All. Im Sommer 2018 wird er sein Ziel erreichen. Während der Hayabusa2-Orbiter im dichten Flug über dem Asteroiden Material von seiner Oberfläche "einsaugen" und zur Erde zurückbringen wird, soll MASCOT auf Ryugu aufsetzen und erstmals in der Raumfahrtgeschichte an mehreren Orten Messungen auf einem Asteroiden durchführen.