Erfolgreicher Erstflug für den Einsatz im Krisenfall
- Das DLR führte gemeinsam mit I.S.A.R. Germany (International Search- and- Rescue) und Germandrones mehrere Testflüge mit einem unbemannten Luftfahrzeug durch.
- Auf einem unbemannten Luftfahrzeug angebracht, kartiert das spezielle MACS-Luftbildkamerasystem Schadenslagen direkt vor Ort in Echtzeit.
Vom 23. bis 26. März 2017 wurde erstmals ein neuartiges System zur schnellen Aufklärung von Schadensgebieten bei internationalen Rettungseinsätzen erprobt. In Kooperation mit I.S.A.R. Germany (International Search- and- Rescue) und Germandrones führte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mehrere Testflüge mit einem unbemannten Luftfahrzeug durch. Die Aufklärungsflüge zeigten, welche Potentiale diese Technologie für Rettungskräfte birgt und welche technologischen Weiterentwicklungen für die Nutzung im realen Einsatz nötig sind.
Bei dem Test in Weeze (Landkreis Kleve, Nordrhein-Westfalen) kam eine spezielle Version des MACS-Luftbildkamerasystems (Modular Airborne Camera System) zum Einsatz, welches vom DLR-Institut für Optische Sensorsysteme entwickelt wurde. Das Kamerasystem kann die aktuelle Schadenslage als interaktive Karte abbilden – und das in Echtzeit. Dazu werden die Luftbildaufnahmen direkt auf ein weltweit verfügbares Oberflächenmodell der Erde projiziert und als Überlagerung in eine digitale Karte eingeblendet. Durch die Verwendung eines schnell fliegenden unbemannten Luftfahrzeugs können Großschadenslagen binnen weniger Minuten aus der Luft kartiert werden - ohne komplizierte Infrastruktur. Das unbemannte Luftfahrtzeug von Germandrones ist in der Lage, vertikal zu starten und zu landen und der vollautomatische Betrieb erlaubt den Einsatz direkt vor Ort im Schadensgebiet. Damit können sich die Einsatzkräfte von I.S.A.R. Germany einen Überblick aus der Luft verschaffen und die aktuelle Lage besser beurteilen, "was eine wertvolle Ergänzung für die Koordinierung der Rettungsmaßnahmen vor Ort darstellt", sagt Thomas Kraft vom DLR-Institut für Optische Sensorsysteme, der diese Testflüge begleitete.
"In einem Krisenfall zählt jede Minute", erklärt Kraft weiter. "Wir konnten zeigen, dass mit der MACS-Kamera und dem unbemannten Luftfahrzeug von Germandrones große Gebiete innerhalb weniger Minuten kartiert werden können." Bereits direkt nach der Landung standen den Einsatzkräften Übersichtskarten zur Verfügung, wodurch sich ein Rettungseinsatz schneller koordinieren lässt. Dazu wurden Einzelbilder von zerstörten Bereichen und Übersichtskarten in das Global Disaster Alert and Coordination System (GDACS) der UN eingebunden. Diese tagesaktuellen Informationen können somit zukünftig auch anderen Hilfsorganisationen über die Koordinierungsstelle zur Verfügung gestellt werden.
Hand in Hand im Krisenfall
Bei großräumigen Katastrophen ermittelt zunächst das Büro der Vereinten Nationen zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (RDC) den humanitären Bedarf und koordiniert die Hilfsaktionen der Mitgliedsstaaten. Liegt ein entsprechendes Hilfegesuch vor, baut OCHA im betroffenen Land verschiedene Koordinationseinheiten auf. Dazu gehören das On-Site-Operations-Coordination-Center (OSOCC) sowie das Reception-Departure-Centre (RDC). Das RDC ist die erste Anlaufstelle für alle Hilfsmannschaften und koordiniert diese vor Ort und stellt ihnen aktuelle Informationen zur Schadenslage bereit. Für OCHA stellt I.S.A.R. Germany in zahlreichen Fällen ein RDC und OSOCC zur Verfügung und versucht vor Ort Hot-Spots von zerstörten Bereichen mit vielen Verletzten und mögliche Zugangswege zu identifizieren. Dabei sollen die tagesaktuellen Karten zukünftig helfen.
Weitere Tests folgen
Die Erprobung des aktuellen Prototyps erfolgte im Rahmen einer Vorbereitungsübung von I.S.A.R. Germany zur INSARAG Zertifizierung (International Search and Rescue Advisory Group) im Mai 2017 in der Schweiz. Unter Beteiligung weiterer Hilfsorganisationen wird dann ein Szenario über mehrere Tage unter realen Bedingungen simuliert. Während dieser Übung werden erneut Testflüge in Kooperation mit Germandrones stattfinden.
Über I.S.A.R. Germany
I.S.A.R. Germany (International Search-and-Rescue) ist eine gemeinnützige Hilfsorganisation. Sie wurde 2003 in Duisburg gegründet. Nach verheerenden Unglücks- und Katastrophenfällen wird zeitnah ein Team von Rettungsspezialisten zusammengestellt, das in der Regel innerhalb von 12 Stunden in das jeweilige Einsatzgebiet entsandt wird. Nach schweren Erdbeben und Flutkatastrophen sucht das Rettungsteam nach verschütteten Personen und leistet medizinische Soforthilfe. Seit 2007 arbeitet I.S.A.R. Germany unter dem Dach der Vereinten Nationen und wurde als weltweit erstes Team von der UN-Organisation INSARAG als so genanntes „Medium Team“ geprüft und zertifiziert.
Zur Sicherheitsforschung
In der Sicherheitsforschung des DLR werden die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mit verteidigungs- und sicherheitsrelevantem Bezug in Abstimmung mit den Partnern in Staat, Wissenschaft, Industrie und internationalen Organisationen geplant und gesteuert. Der Querschnittsbereich Sicherheitsforschung verknüpft dabei die Kernkompetenzen aus den etablierten DLR-Programmen der Luftfahrt, Raumfahrt, Energie und des Verkehrs. Insgesamt mehr als zwanzig DLR-Institute und - Einrichtungen liefern im Rahmen ihrer sicherheitsrelevanten Arbeiten Beiträge zur Entwicklung, Erprobung und Bewertung von Technologien, Systemen und Konzepten sowie zur Analyse- und Bewertungsfähigkeit hinsichtlich sicherheitsrelevanter Anwendungen.