High-Tech für humanitäre Helfer: DLR entwickelt Service-Tools für SOS-Kinderdorf International
Mehr als 1,5 Millionen Kinder und deren Familien werden zurzeit von der humanitären Hilfsorganisation SOS Kinderdorf International weltweit in über 130 Ländern unterstützt. Damit die Organisation auch bei Naturkatastrophen, wie Hochwasser, Erdbeben oder Waldbränden, in den betroffenen Gebieten effektiver Hilfe anbieten kann, unterstützt das Zentrum für Satellitengestützte Kriseninformation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen SOS Kinderdorf International beim Aufbau von Notfall- und Katastrophenschutzkonzepten. Mit Hilfe innovativer technischer Lösungen aus dem Erdbeobachtungsbereich sollen Frühwarnungen ermöglicht werden. Zudem bietet das ZKI eine Notfallkartierung betroffener Einrichtungen an und unterstützt die NGO bei der Weiterentwicklung von Kommunikations- und Arbeitsabläufen. Die Allianz SE fördert das Projekt im Rahmen der globalen Partnerschaft mit SOS Kinderdorf International und stellt darüber hinaus ihre Expertise zur Optimierung des Systems zur Verfügung.
Frühwarnsystem für Waldbrände und Hochwasser
"Im Gegensatz zu Behörden und Zivilschutzorganisationen, wie das THW, haben humanitäre Hilfsorganisationen oftmals nur einen begrenzten Zugang zu neuen Technologien.", beschreibt Dr. Konstanze Lechner, Projektleiterin am Deutschen Fernerkundungsdatenzentrum des DLR die Problematik. "Doch gerade Erdbeobachtungsdaten, wie sie das ZKI erstellt, sind in Katastrophenfällen eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Viele NGOs agieren in Krisenregionen und Gebieten, die oft von Naturkatastrophen betroffen sind, und sind deshalb besonders auf solche Notfallinformation angewiesen, um ihr Katastrophenmanagement zu verbessern. Das ZKI unterstützt deshalb SOS Kinderdorf International bei dem Ausbau ihrer Notfall- und Katastrophenschutzkonzepte mit satellitengestützten Kriseninformationen." Während einer sechsmonatigen Projektphase von Oktober 2016 bis März 2017 entwickeln die Mitarbeiter des Zentrums unter anderem ein satellitengestütztes Früherkennungssystem für Waldbrände und Hochwassersituationen für SOS Kinderdorf International. Dazu nutzen sie die Daten europäischer Wettersatelliten für die Feuerdetektierung und die Daten der europäischen Copernicus-Satelliten für die Hochwassererkennung. Für die Projektphase wurde das westliche Afrika als Pilotregion gewählt. Hier betreibt SOS Kinderdorf International über 297 Einrichtungen und Projekte.
Notfallkartierung für Nachbarschaftshilfe
In der satellitengestützten Notfallkartierung kann das ZKI auf eine langjährige Erfahrung zurückgreifen. Bei akuten Krisenfällen für Einrichtungen weltweit kann SOS Kinderdorf International das ZKI aktivieren und eine Satellitenanalyse anfordern. Dabei steht nicht nur das betroffene Dorf, sondern auch die Bevölkerung in der Umgebung im Fokus. "Bei Erdbeben oder Sturmkatastrophen sind meistens die SOS-Kinderdörfer so gut wie nicht beschädigt, da diese sehr stabil gebaut werden. Für uns ist es deshalb umso wichtiger zu wissen, wie sich die Lage in der Nachbarschaft entwickelt, also dort, wo wir Familien betreuen oder andere soziale Projekte betreiben.", erklärt Andreas Papp, International Director Emergency Response, von SOS Kinderdorf International. "Nach größeren Naturkatastrophen sind unsere Einrichtungen meist die einzigen Gebäude, die noch stehen. Deshalb kommen die Leute zu uns. Um effektiv helfen zu können und auch andere Einsatzkräfte zu unterstützen, ist eine aktuelle Lagekarte für uns sehr wichtig. So können wir zum Beispiel den Bedarf für Kinder aus der Region und die Menge an benötigten Hilfsgütern besser planen und koordinieren."
Neue Technologien für humanitäre Aufgaben
Gerade bei großen Naturkatastrophen ist oft ein großer Teil der Infrastruktur, zum Beispiel Telekommunikationsnetze oder Stromversorgung, beschädigt oder sogar zerstört. Damit die Mitarbeiter der SOS-Einrichtungen vor Ort alle nötigen Informationen bekommen, aber sich ebenfalls mit externen Mitarbeitern austauschen können, müssen andere Kommunikationswege genutzt werden. Neue Technologien können beispielsweise auch bei der stabilen und ausfallsicheren Energieversorgung der SOS-Kinderdörfer zum Einsatz kommen. Für solche Aufgaben kann das DLR ebenso technologische Unterstützung leisten.
Das aktuelle Projekt wird sechs Monate dauern und die Katastrophenfrüherkennung und Notfallkartierung wird dabei unter anderem in das bei SOS Kinderdorf International neu implementierte Notfallmanagementsystem eingebunden. In Zusammenarbeit mit anderen Dienstleistern werden alle nötigen Aspekte zur optimalen Visualisierung und Verarbeitung der Informationen erarbeitet. "Nach Ende des Projektes im März 2017 wird das ZKI auch weiterhin für SOS Kinderdorf International als fachlicher Berater sowie für weitere technische Entwicklungen im Krisenmanagement zur Verfügung stehen", so Dr. Lechner zum Projektabschluss.