Das Ende der Funkstille – Windkanaltests simulieren neue Methode zur Kommunikation von Raumfahrzeugen
Der Eintritt von Raumfahrzeugen in die Atmosphäre von Planeten gehört zu den heikelsten Phasen einer Raumfahrtmission. Die enorme Hitzeentwicklung beim Wiedereintritt beansprucht nicht nur das Material der Kapsel, sie verursacht auch einen elektrisch geladenen Plasmastrom. Dadurch werden Radiowellen abgeschirmt und die Besatzung kann während dieser kritischen Phase zum Teil minutenlang nicht mit der Bodenstation kommunizieren. In einem gemeinsamen Projekt forschen Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit ihren Kollegen der kalifornischen Stanford Universität an der Lösung dieses Problems.
Das Phänomen des "Blackouts" beim Übergang vom Vakuum des Weltalls in die dichtere Atmosphäre eines Planeten beschäftigt Generationen von Wissenschaftlern bereits seit den "Mercury", "Gemini" und "Apollo" Programmen der NASA in den 1960er und 1970er Jahren. In Höhen von 40 bis 90 Kilometern sind die durch Reibung entstehenden Plasmaströme für Radiowellen nicht zu durchdringen und unterbinden dadurch den Datenaustausch. Entscheidende Informationen, die zum Gelingen oder Scheitern einer Mission beitragen können, sind hierdurch nicht verfügbar. Zu Zeiten der Space-Shuttle-Ära wurde das Problem zum Teil durch die Form des Shuttle gelöst, da es bauartbedingt Bereiche gab, die eine geringere Dichte des Plasmastroms aufwiesen und so die Kommunikation zuließen. Entscheidend für die Dichte des ionisierten Stroms sind grundsätzlich Faktoren wie Eintrittswinkel, Geschwindigkeit (in der Regel Mach 20 bis 25) und Form des Raumfahrzeugs.
Tests im heißen Kanal
Am lichtbogenbeheizten Windkanal der Abteilung Über- und Hyperschalltechnologien, des DLR-Instituts für Aerodynamik und Strömungstechnik in Köln, fand im Januar 2016 eine Testkampagne statt, um Lösungen für diese Problematik zu finden. Zusammen mit US-amerikanischen Wissenschaftlern der Stanford Universität, unter Leitung von Siddarth Krishnamoorthy, wurden realistische Testbedingungen geschaffen. Die Versuchseinrichtung, bestehend aus einem Hitzeschild sowie einem dahinter liegenden Sender, wurde dazu einem mehrere tausend Grad heißen Plasmastrom ausgesetzt. Außerhalb des Heißgasstroms wurde eine Antenne installiert, um die ausgehenden Radiowellen zu empfangen.
Negative Spannung, positiver Effekt
Entscheidend für den neuen Ansatz zur Lösung des "Reentry-Blackouts" ist ein negatives Spannungsfeld, welches in der Nähe des Senders erzeugt wird. Durch die negative Spannung wird der ionisierte Plasmastrom umgeleitet und ein Fenster für die Radiowellen geöffnet. Dieses "Fenster" kann nicht dauerhaft offen gehalten werden. Deshalb wird die Spannung gepulst, das heißt, in kurzen Intervallen von wenigen Millisekunden erzeugt. Dies ist ausreichend, um ein Senden und Empfangen von Daten zu ermöglichen.
Bislang wurde die Methode der gepulsten elektrischen Felder lediglich in numerischen Simulationen entwickelt. Die Testreihe stellt einen weiteren Schritt zur späteren Anwendung im All dar.
Krishnamoorthy zeigte sich begeistert von der unkomplizierten Zusammenarbeit: "Wir haben innerhalb von nur drei Monaten die Möglichkeit erhalten unser Verfahren hier in der Praxis zu testen und können dabei von den Erfahrungen des DLR auf diesem Sektor profitieren."
Der Leiter der DLR-Überschall- und Hyperschalltechnologie, Dr. Ali Gülhan, zieht ebenfalls eine positive Bilanz: "Die Kooperation zwischen dem DLR und der Stanford Universität bietet optimale Rahmenbedingungen, um das komplexe Problem ‚Communication Black-out‘ mit vertretbaren und systemkonformen technischen Maßnahmen zu reduzieren."
Das getestete Verfahren wird in der Zukunft weiter verfeinert und auf seinen Einsatz in neuen und bereits bestehenden Raumfahrzeugen weiterentwickelt.