Die "Galileo"-Satellitenflotte wächst: Adam und Anastasia gehören jetzt dazu
Am 27. März 2015 sind um 22.46 Uhr mitteleuropäischer Zeit (18.46 Uhr Ortszeit) die neuen Galileo-Satelliten "Adam" und "Anastasia" mit einer russischen Sojus-Rakete vom Raumfahrtzentrum Kourou in Französisch-Guyana ins All gestartet. Nach einem drei Stunden und 48 Minuten dauernden Flug wurden sie auf ihrem Zielorbit in der mittleren Erdumlaufbahn ausgesetzt. Damit ist die Flotte des europäischen Satellitennavigationssystems, an dem auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt ist, von sechs auf acht Satelliten angewachsen.
Nachdem "Adam" und "Anastasia" ihren Zielorbit erreicht hatten, entfalteten sich planmäßig die Solarpaneele, die die Satelliten mit Energie versorgen. In 23.222 Kilometern Höhe kreisen "Adam" und "Anastasia" nun um die Erde, die sie in etwa 14 Stunden einmal umrunden. Dabei senden sie hochpräzise Navigationssignale aus, die weltweit empfangen werden können. Benannt wurden auch diese Satelliten nach den Kindern, die im Jahr 2011 den Galileo-Malwettbewerb der Europäischen Kommission gewonnen hatten.
"Nach dem Fehleinschuss der beiden Galileo-Satelliten im letzten Jahr ist der erfolgreiche Start der Satelliten sieben und acht ein wichtiges Signal für den weiteren Aufbau von Galileo", betont René Kleeßen, Galileo-Programm-Manager beim Raumfahrtmanagement des DLR. "In der weiteren Planung für 2015 sind noch zwei weitere Starts im September und Dezember vorgesehen. Setzt sich der Aufbau des Systems so fort, plant die Europäische Kommission im Jahr 2016, eine offizielle Erklärung zu den ersten Galileo-Diensten abzugeben."
30 Satelliten sollen jeden Punkt auf der Erde mit Navigationssignalen abdecken
Insgesamt 30 Satelliten soll die Flotte des europäischen Navigationssystems bei Erreichen der vollen Funktionsfähigkeit im Jahr 2020 umfassen. Galileo wird dann Ortungs- und Navigationsdienstleistungen in bisher nicht erreichter Präzision ermöglichen. Mindestens vier Satelliten decken dann rund um die Uhr jeden Punkt der Erde mit Signalen ab. Das Satellitensystem soll insgesamt vier Dienste anbieten: Einen offenen Dienst mit einer Genauigkeit bis zu vier Metern, einen kommerziellen Dienst mit höherer Genauigkeit von bis zu einem Meter, einen Dienst mit verschlüsselten und zuverlässigen Signalen - beispielsweise für Behörden - sowie einen Such- und Rettungsdienst. Galileo macht Europa aber auch unabhängig von den militärisch genutzten Diensten GPS (USA), GLONASS (Russland) sowie Beidou (China) und garantiert damit, dass die Navigationsdaten jederzeit zur Verfügung stehen.
Mit "Milena" und "Doresa" waren im August 2014 die ersten beiden Satelliten aus der so genannten Aufbauphase von Galileo gestartet. Aufgrund eines technischen Defektes an der Oberstufe (Fregat) der Sojus-Trägerrakete wurden sie jedoch in einer Umlaufbahn ausgesetzt, die außerhalb des Zielorbits lag. Dies hat dazu geführt, dass die Satelliten nicht in der geplanten kreisförmigen, sondern in einer elliptischen Umlaufbahn um die Erde fliegen. Das Galileo Kontrollzentrum (GCC)hat im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA und mit deren Unterstützung inzwischen eine Bahnkorrektur durchführen können, um den Orbit zu optimieren. Sollen die Satelliten vollständig in den Galileo-Betrieb integriert werden, so wäre eine Anpassung des Bodensegments notwendig. "In Zusammenarbeit mit mehreren an Galileo beteiligten europäischen Kontrollzentren ist es unserem Betriebsteam gelungen, die Satelliten mit dem bordeigenen Antriebssystem und dem begrenzten Treibstoff in eine bessere Ausgangssituation zu bringen" , erläutert Walter Päffgen, Geschäftsführer der DLR GfR mbH, die das Galileo-Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen betreibt.
In der ersten Phase von Galileo, der so genannten Entwicklungsphase, wurden 2011 und 2012 insgesamt vier Satelliten zur Erprobung des Systems ins Weltall gestartet. Im März 2013 konnte mit ihrer Hilfe die erste autonome Position mit Galileo-Signalen ermittelt werden. Diese Satelliten wurden von Airbus Defense and Space in Ottobrunn bei München gebaut.
Die Gesamtkosten für die Entwicklung und den Aufbau von Galileo liegen bei zirka sechs Milliarden Euro. Daran ist Deutschland mit rund 20 Prozent beteiligt. Die Aufbauphase wird von der Europäischen Kommission beauftragt, finanziert und durchgeführt. In ihrem Auftrag verhandelt die ESA die Industrieverträge für Entwicklung und Bau des Systems. 22 Satelliten der Aufbauphase werden von der OHB AG in Bremen gebaut. Die Ausschreibung für die restlichen Satelliten soll voraussichtlich noch in diesem Jahr durch die Europäische Kommission erfolgen. Am DLR-Standort in Oberpfaffenhofen ist eines von zwei Galileo-Kontrollzentren stationiert. Für den Aufbau der deutschlandweiten Galileo-Testgebiete, der GATEs, ist das DLR Raumfahrtmanagement in Bonn verantwortlich.