Grips statt Kupfer – intelligentes Laden von E-Autos erfolgreich getestet
- Im Forschungsprojekt eLISA-BW haben DLR und ZSW ein intelligentes Lademanagement für Fahrzeugflotten aufgebaut und erfolgreich im Realbetrieb getestet.
- Mit dem Verfahren lassen sich mehr E-Autos bei gleicher Leistung des lokalen Netzanschlusses laden.
- Dank eines Leitfadens aus dem Projekt eLISA-BW lassen sich die Forschungsergebnisse auf andere Ladeinfrastrukturen übertragen.
- Schwerpunkte: Verkehr, Elektromobilität, intelligente Mobilität, Energie, Energieeffizienz, Digitalisierung, Klimawandel
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) haben erfolgreich ein neuartiges, intelligentes Lademanagement für E-Autos erprobt. Damit lassen sich in Fuhrparks – bei gleicher Anschlussleistung an das Stromnetz – zusätzliche Ladesäulen aufstellen und mehr Fahrzeuge gleichzeitig laden.
Dazu verarbeitet ein Algorithmus die Buchungsdaten der Fahrzeuge und passt die Ladevorgänge für jedes Auto individuell an. Er steuert die Ladeleistungen so, dass die Batterien rechtzeitig bis zur nächsten Fahrt ausreichend geladen sind und dabei der Netzanschluss nicht überlastet wird.
DLR und ZSW haben im Forschungsprojekt eLISA-BW (elektrische Ladeinfrastruktur intelligent steuern und anbinden in Baden-Württemberg) die Ergebnisse aus dem Testbetrieb in einem Leitfaden zusammengefasst. Diese lassen sich auf andere Ladeinfrastrukturen übertragen.
Mehr Ladesäulen bei gleicher Netzanschlussleistung
Die Elektromobilität ist ein grundlegender Baustein für die Verkehrswende und den Klimaschutz. Bei der Erneuerung der Fahrzeugflotten spielen Investitionen in eine leistungsfähige und flächendeckende Ladeinfrastruktur eine wichtige Rolle. Ein entscheidender Faktor ist die Zahl der Ladesäulen und die dafür benötigte Netzanschlussleistung. Für spezifische Anwendungen gibt es allerdings keine fertigen Lösungen für ein intelligentes Lademanagement. Dazu zählen beispielsweise Fuhrparks. Die Buchungsdaten der Fahrzeuge sind zwar verfügbar, lassen sich jedoch nicht standardmäßig für ein Lademanagement nutzen.
Das DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte und das ZSW haben im Projekt eLISA-BW für die Fahrzeugflotte des Regierungspräsidiums Karlsruhe ein intelligentes Lademanagement in dessen Fuhrpark erfolgreich eingerichtet und optimiert. Damit lassen sich bei gleicher Leistung des Netzanschlusses jetzt 19 E-Autos statt bisher fünf bedarfsgerecht laden.
Grips statt Kupfer – mit Buchungsdaten die Ladeleistung anpassen
Die lokale Anschlussleistung des Fuhrparks an das Stromnetz war zu gering, um zusätzliche Ladesäulen mit einer Leistung von 22 Kilowatt zu betreiben. Dafür wäre ein sehr teurer Ausbau des Netzanschlusses, der Trafoanlagen oder ein Einbau von Batteriespeichern nötig gewesen. „Statt gleichzeitigem Laden bei voller Leistung bestand die Lösung darin, die Ladeleistung individuell anzupassen – quasi Grips statt Kupfer“, erklärt Sebastian Sigle vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte, der das Projekt eLISA-BW leitete. „Nicht jedes Fahrzeug benötigt immer gleich die volle Ladeleistung. Es reicht, wenn das Fahrzeug pünktlich bis zur nächsten Fahrt geladen ist.“
Das intelligente Lademanagement nutzt dazu die Buchungsdaten aller E-Autos im Fuhrpark, wann welches Auto wohin unterwegs ist. Zweimal täglich vergleicht es diese Angaben mit den aktuellen Ladezuständen der Fahrzeuge und der verfügbaren Netzanschlussleistung. Damit lassen sich Ladeleistung, Ladedauer und Ladezeitpunkt an jeder Ladesäule so regeln, dass der Anschluss an das Stromnetz nicht überlastet wird.
Lademanagement vernetzt Fahrzeuge und Infrastruktur
„Damit sich die Ladepunkte je nach Bedarf einzeln ansteuern lassen, haben wir Fahrzeuge, Infrastruktur und zentrale Steuerung miteinander vernetzt. Das Herausfordernde war die Schnittstellen für den Daten- und Informationsaustausch festzulegen und aufeinander abzustimmen“, betont Dennis Huschenhöfer vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg.
Um das Lademanagement zu optimieren, hat das eLISA-BW-Team auch Statistiken zur Nutzung der Fahrzeuge des Fuhrparks ausgewertet. Damit konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler berechnen, wie viele Diesel- und Hybridfahrzeuge sich durch rein batterieelektrische Autos ersetzen lassen. „Die Batteriefahrzeuge werden häufiger genutzt als Hybridfahrzeuge, jedoch meist für kürzere Fahrstrecken. Daher benötigen die reinen E-Autos im Mittel höhere Ladeleistungen als die Hybridfahrzeuge“, erläutert Projektleiter Sigle.
Corona-bedingt gab es zeitweise jedoch deutlich weniger Dienstfahrten. Daher haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mögliche Ladeengpässe in Stresstests künstlich erzeugt. „Daraus konnten wir sogenannte Plangrößen ableiten. So werden die Fahrzeuge während der Standzeiten nicht erst ‚auf den letzten Drücker’ geladen, sondern immer dann, wenn Leistung verfügbar ist.“
Leitfaden für intelligentes Lademanagement
Der Probebetrieb im Fuhrpark des Regierungspräsidiums Karlsruhe lieferte wertvolle Erkenntnisse, mit denen sich das Konzept auf andere Ladeinfrastrukturen und Fahrzeugflotten übertragen lässt. „Wir haben hierbei gezielt Hemmnisse identifiziert, wie beispielsweise die schwierige Abstimmung der Informationsschnittstellen und deren fehlende Normung“, so Sigle.
Daraus ist ein Leitfaden für vergleichbare Ladeinfrastrukturen entstanden. Darin sind Erkenntnisse und praktische Erfahrungen aus dem Probebetrieb zusammengefasst und für potenzielle Anwender aufbereitet. Der Leitfaden ist kostenlos verfügbar unter https://www.dlr.de/fk/PortalData/40/Resources/DLR_Leitfaden-Ladeinfrastruktur.pdf.
Über eLISA-BW – intelligentes Laden von E-Autos
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg hat das Projekt eLISA-BW sowie sieben weitere Pilotprojekte im Rahmen des Förderaufrufs INPUT (Intelligente Netzanbindung von Parkhäusern und Tiefgaragen) mit insgesamt 2,9 Millionen Euro gefördert. Die Förderung erfolgte im Rahmen des von der Landesregierung initiierten Strategiedialogs Automobilwirtschaft Baden-Württemberg.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe, der Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg, die Parkraumgesellschaft Baden-Württemberg sowie die Projektbeteiligten AVAT Automation und Siemens haben das Vorhaben unterstützt.