So helfen Analogrechner beim Quantencomputing
- In hybriden Systemen können Gemeinsamkeiten von Analogrechnern und Quantencomputern im Zusammenspiel mit klassischen Hochleistungsrechnern erforscht werden.
- Die Kopplung verschiedener Rechnerarchitekturen ist Gegenstand weiterer Entwicklungen.
- Das Unternehmen anabrid GmbH zieht in das Innovationszentrum des DLR in Ulm ein.
- Schwerpunkte: Quantencomputing, Digitalisierung, High Performance Computing HPC
In den 1960er Jahren sahen Computer aus wie schrankgroße graue Kästen, mit Bedienfeldern voller Regler, Schalter und bunter Kabel. Das waren die Analogrechner, die in den 1980er Jahren von den digitalen Computern abgelöst wurden. Jetzt helfen Analogrechner bei der Entwicklung von hybriden Systemen für Quantencomputer. Ein Projekt der Quantencomputing-Initiative im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beinhaltet den Bau eines Analogcomputers. Hier hat das DLR nun einen ersten Auftrag vergeben.
Wie passen die vermeintlich alten Rechner mit dem zukunftsweisenden Quantencomputer zusammen? „Analogrechner fallen wie Quantencomputer in das Gebiet des unconventional computing. Sie sind diesen insofern ähnlich, als dass direkt ein physikalisches System – in diesem Fall meist ein elektronischer Schaltkreis – als Modell für ein zu lösendes Problem dient, wobei das Auslesen von Variablen messend geschieht“, erklärt Dr. Robert Axmann, Leiter der Quantencomputing-Initiative. „Aus diesem Grund können Analogrechner perspektivisch voraussichtlich auch direkter mit Quantencomputern gekoppelt werden, als beispielsweise klassische speicherprogrammierte Digitalrechner.“
Zusätzlich können sowohl Quantencomputer als auch Analogrechner mit klassischen Hochleistungsrechnern in hybriden Systemen zusammenarbeiten. Für beides ist Forschungsarbeit nötig, die sich ergänzt. Ein hybrides System lagert nur ausgewählte Probleme an einen Quantencomputer beziehungsweise einen Analogrechner aus. Die Weiterverarbeitung erledigt ein konventioneller Computer. So werden Vorteile beider Technologien verknüpft. Die Entwicklung von hybriden Rechnerarchitekturen ist einer der Schwerpunkte in der Quantencomputing-Initiative.
Rechner steht Arbeitsgruppen und DLR-Instituten zur Verfügung
Das Unternehmen anabrid GmbH baut innerhalb der nächsten vier Jahre einen Analogcomputer für das DLR und stellt auch eine Software bereit, die die Abfolge der Rechenschritte festlegt. Dies erlaubt die schnelle Umprogrammierung des Analogrechners zur Lösung ganz unterschiedlicher Probleme. Analogcomputer zeichnen sich dadurch aus, dass sie Aufgaben durch eine festgelegte Aneinanderreihung physikalischer Prozesse lösen. Früher mussten die Bauteile für unterschiedliche Aufgaben jeweils per Hand neu verkabelt werden. Das übernimmt nun die Software. Analogcomputer gelten als besonders schnell und energieeffizient. Auch das wird im Projekt erforscht.
Der moderne Analogcomputer kann als Forschungsrechner auch von anderen Arbeitsgruppen der Quantencomputing-Initiative genutzt werden. Außerdem werden die DLR-Institute ihn für spezielle Rechenoperationen in hybriden Systemen einsetzen können. „Anwendungen sind etwa in der Molekülphysik, bei der Simulation von Quantensystemen, in der Materialphysik oder in der Optimierung von Logistik denkbar. Das sind einige der Felder, in denen wir grundsätzlich auch Quantencomputer sehen“, sagt Robert Axmann.
Dr. Matthias Zimmermann vom DLR-Institut für Quantentechnologien in Ulm zu möglichen Kooperationen: „An unserem Institut prüfen wir konkrete Einsatzmöglichkeiten des Analogrechners, beispielsweise zur Simulation von Quantenmaterie, um damit bestehende Quantentechnologien weiterzuentwickeln. Durch ein besseres Verständnis der Funktionsweise des klassischen Analogrechners können sich aber auch ganz neue, unkonventionelle Ansätze im Bereich des Quantencomputings ergeben, welche wir in die Anwendung überführen möchten.“
anabrid nutzt mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch Räumlichkeiten im DLR-Innovationszentrum in Ulm. Durch die unmittelbare Nähe zu DLR-Instituten und Unternehmen, die in die DLR-Initiative Quantencomputing eingebunden werden, entstehen Synergien. Das DLR hat bereits mehrere Ausschreibungen zur Quantencomputing-Initiative veröffentlicht.
Die DLR-Initiative Quantencomputing
Im Rahmen der Initiative Quantencomputing werden innerhalb der nächsten vier Jahre prototypische Quantencomputer unterschiedlicher Architekturen gebaut. Außerdem werden die damit verbundenen Technologien und Anwendungen entwickelt. Das DLR bindet Unternehmen, Start-ups und andere Forschungseinrichtungen ein, um gemeinsam die Entwicklungsarbeiten von Hard- und Software sowie Anwendungen für Quantencomputer voranzutreiben.
Das DLR wurde durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit Ressourcen hierfür ausgestattet. Dazu vergibt das DLR in großem Umfang Aufträge an Unternehmen, unter anderem über den Weg mehrerer wettbewerblicher Verfahren. Das DLR bringt dabei die eigenen Fähigkeiten und Fragestellungen in Forschung und Entwicklung ein und fokussiert auf den Transfer in die Wirtschaft.
anabrid GmbH
Das Deep-Tech-Start-up anabrid entwickelt seit dem Jahr 2020 moderne Analog- und Hybridcomputer. Die Gründer verfügen über jahrzehntelange Erfahrungen im Bereich des Analogrechnens, des Schaltungsentwurfs, im IC-Design und in industriellen Anwendungsgebieten. Die Firma hat mittelfristig zum Ziel, einen hochintegrierten Analogrechner auf einem Microchip zu entwickeln, der als Co-Prozessor in Industrie und Forschung zum Einsatz kommen kann.
Verwandte Nachrichten
- Ausschreibung zum Bau von photonischen Quantenprozessoren
- Ausschreibung zum Bau von Quantenprozessoren auf Basis der Ionenfallen-Technologie
- Ausschreibung zum Bau von prototypischen NV-Quantenprozessoren
- Qubits starten durch
- Austauschforum Quantencomputing stärkt Zusammenarbeit
- So genau wie nie – Neue Uhren für die Satelliten-Navigation der Zukunft
- Konzepte für den Bau von deutschen Quantencomputern
- DLR entwickelt mit Partnern aus der Wirtschaft deutsche Quantencomputer
- DLR eröffnet Institut für Quantentechnologien in Ulm