29. November 2019 | Made in Germany: Modernste Radartechnik für mehr Sicherheit im Weltraum

Weltraumradar GESTRA hat Feuertaufe bestanden

  • Neue Ära in der Weltraumbeobachtung: Das im Auftrag des Raumfahrtmanagements im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) durch das Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) entwickelte und gebaute Radarsystem GESTRA hat am 27. November 2019 erste Signale von Weltraumobjekten empfangen.
  • Das weltweit einzigartige System kann Weltraumobjekte im erdnahen Orbit rund um die Uhr überwachen.
  • Die Daten von GESTRA werden im deutschen Weltraumlagezentrum in Uedem katalogisiert.
  • Schwerpunkt(e): Weltraumsicherheit, Weltraumlage, Schutz von Infrastrukturen aus dem All.

Neue Ära in der Weltraumbeobachtung: Das im Auftrag des Raumfahrtmanagements im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) durch das Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) entwickelte und gebaute Radarsystem GESTRA (German Experimental Space Surveillance and Tracking Radar) hat am 27. November 2019 erste Signale von Weltraumobjekten empfangen.

Neben der Verwendung neuester elektronischer Komponenten liegt die zentrale Besonderheit von GESTRA in der Sende- und Empfangstechnik. Das komplexe Radarsystem besteht aus 256 einzeln elektronisch gesteuerten Antennen und Empfangseinheiten. Die phasengesteuerten Antennen (Phased-Array-Technik) arbeiten digital und haben eine hohe Leistungsfähigkeit. Diese ist aktuell weltweit unübertroffen. Durch die digitale Steuerung kann die Blickrichtung innerhalb weniger Millisekunden geändert und das Radarsignal sehr konzentriert in Richtung eines Objekts gesendet werden. Dessen Echo wird dann wiederum exakt vom Empfängermodul registriert.

Darüber hinaus kann die Antenne mit einem Drehstand mechanisch in jede Richtung geschwenkt werden. Das ermöglicht die flexible Überwachung des Weltraums in alle Richtungen. Durch eine eigene Wasserkühlung jedes einzelnen Antennenelementes kann eine besonders hohe Radarleistung erzielt werden. Dies erhöht die Sensitivität des Systems zusätzlich. Damit ist GESTRA bei der Beobachtung von Weltraumobjekten nicht nur sehr dynamisch sondern auch überaus sensitiv.

Sender und Empfänger sind in zwei getrennten Containern (Shelter) untergebracht, um zu unterschiedlichen Orten transportiert werden zu können. Diese Kombination aus Mobilität und digitaler Technik macht GESTRA einzigartig. Derzeit befindet sich die Anlage auf dem Gelände des FHR in Wachtberg und wird nach letzten Tests an den finalen Aufstellungsort, der Schmidtenhöhe bei Koblenz, gebracht. "Mit GESTRA wird dem ressortgemeinsamen Weltraumlagezentrum in Uedem schon bald eines der weltweit modernsten Radarsysteme zur Weltraumbeobachtung zur Verfügung stehen", sagt Thomas Eversberg, GESTRA-Projektleiter beim DLR Raumfahrtmanagement.

Im gemeinsam von Raumfahrtmanagement und der Luftwaffe betriebenen Weltraumlagezentrum arbeiten die zivilen Mitarbeiter des DLR gemeinsam mit Soldaten der Luftwaffe unter Hochdruck an der Anbindung von GESTRA. Denn die Beobachtungen des Radars sollen im Weltraumlagezentrum zum Aufbau eines Katalogs von Objekten im erdnahen Weltraum genutzt werden. Diesen Katalog benötigt das Weltraumlagezentrum um nationale Raumfahrtsysteme vor einer Kollision mit anderen Weltraumobjekten zu schützen.

Nach Inbetriebnahme von GESTRA wird das Weltraumlagezentrum auch die Steuerung des Systems übernehmen. Hier werden alle Radardaten des Experimentalradars zusammengeführt, die Bahnen der Weltraumobjekte bestimmt und diese Informationen Nutzern an Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland zur Verfügung gestellt. Neben dem Aufbau eines Deutschen Bahndatenkatalogs wird GESTRA ebenfalls auf europäischer Ebene im Rahmen des Projektes EUSST (European Space Surveillance and Tracking) eingebunden. Deutschland hat hier die Aufgabe, die Messdaten der zu EUSST beitragenden Sensoren, darunter unter anderem GESTRA, zu einem europäischen Bahndatenkatalog zu verarbeiten. Simulationen haben gezeigt, dass die GESTRA-Technologie eine tragende Rolle in der europäischen Sensorarchitektur sein kann.

Mit den nun erfolgten Tests hat diese neue Technologie ihre Betriebsfähigkeit erfolgreich unter Beweis gestellt. "Wir sind stolz, dass wir es im Zusammenspiel von Mitarbeitenden und Zulieferern geschafft haben, so ein komplexes System aufzubauen und jetzt erste Weltraumobjekte gemessen haben", so Fraunhofer FHR-Projektleiter Helmut Wilden. Das DLR, das Fraunhofer-FHR sowie eine Vielzahl an Unterauftragnehmern können stolz sein, dass dieses hochmoderne, einzigartige System im Zusammenspiel erfolgreich erstellt wurde. In naher Zukunft wird GESTRA einen signifikanten Beitrag zur Sicherheit im Weltraum auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene liefern.

Weltraumschrott als Gefahr für die Raumfahrt

Im erdnahen Weltraum ziehen mehrere tausend Satelliten, Raumfahrzeuge und andere Objekte ihre Bahnen. In diesem Bereich befinden sich aber auch hunderttausende Teile Weltraumschrott: Insgesamt handelt es sich dabei um rund 8000 Tonnen Material. Der größte Teil davon – etwa 75 Prozent – befindet sich auf niedrigen Orbits zwischen 200 und 2000 Kilometern Höhe, im sogenannten "Low Earth Orbit" (LEO). Eine Kollision mit Weltrauminfrastruktur stellt damit ein hohes Risiko dar. Auch die Internationale Raumstation ISS, die auf einem Orbit in rund 400 Kilometern Höhe kreist, ist davon betroffen. Um Kollisionen so weit wie möglich zu vermeiden, werden kontinuierlich verlässliche Daten zur Weltraumlage benötigt. Hierzu werden Radarsysteme wie GESTRA benötigt.

Entwickelt wurde GESTRA vom Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR). Die Finanzierung erfolgte durch das DLR Raumfahrtmanagement mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Betrieben wird das Radarsystem zukünftig vom ressortgemeinsamen Weltraumlagezentrum in Uedem, welches vom BMWi und vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) finanziert wird. Die Finanzierung des GESTRA Betriebs erfolgt durch das BMVg.

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