Low Cost Monitor 2/2019 – Eine Untersuchung des DLR
Der aktuelle Markt der Low Cost Angebote von Fluggesellschaften im deutschen Luftverkehr
In der Sommersaison 2019 ist das Wachstum der Low-Cost-Angebote in Deutschland zum Stillstand gekommen. Zwar gibt es noch eine geringfügige Erweiterung des Streckennetzes, besonders nach Italien, dafür liegt die Anzahl der Flüge aber rund einen Prozent unter dem Niveau des letzten Jahres. Neben innerdeutschen Flügen ist besonders das Flugangebot nach Spanien und Großbritannien zurückgegangen. Bei den großen Low-Cost-Carriern in Deutschland hat lediglich Wizz nennenswerte Erweiterungen durchgeführt, während es bei den beiden größten Airlines Eurowings und Ryanair zu Reduzierungen gekommen ist. Diese Ergebnisse stehen im nun erschienenen "Low Cost Monitor 2/2019" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der Bericht wird seit 2006 jeweils im Frühling und Herbst veröffentlicht.
"Eurowings hat als Marktführer in Deutschland die Anzahl angebotener Flüge im Vergleich zum Vorjahr um rund 3,5 Prozent reduziert auf rund 3100 Starts pro Woche", sagt Studienleiter Dr. Peter Berster vom DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr in Köln. "Insgesamt haben wir die Rekordzahl von 6750 Starts pro Woche aus dem Vorjahr nicht mehr erreicht und liegen dieses Jahr ein Prozent darunter. Auf Ryanair entfallen 1256, zusammen mit Lauda sind es etwas mehr als 1500 Flüge oder knapp zwei Prozent weniger als letztes Jahr. Dahinter folgen Easyjet mit 1147 und Wizz mit 314 Starts pro Woche. Gegen den aktuellen Negativ-Trend in Deutschland verzeichnet die Airline Wizz noch Wachstum.
Mittlerweile umfasst der günstige Flugverkehr ab Deutschland 940 Strecken. Noch einmal 14 Strecken mehr als im Vorjahr. Der Ausbau der Strecken resultiert zu einem großen Teil aus zusätzlichen Angeboten von Easyjet und Wizz. Besonders profitieren davon Fluggäste, die Reiseziele in Italien haben. Der Anteil des Low-Cost-Segments am Flugverkehr von deutschen Flughäfen liegt mittlerweile bei rund 33 Prozent im Vergleich zu 32 Prozent im Sommer 2018. Hier spielt der generelle Rückgang der Flugbewegungen in Deutschland eine Rolle. So haben die übrigen Airlines in Deutschland mit rund 3,5 Prozent Minus einen noch höheren Rückgang zu verzeichnen als die Low-Cost-Carrier.
"Höhere Kosten führen zu Preissteigerungen bei den Günstigfliegern gegenüber dem Vorjahr", erklärt Berster. "Die ermittelte Preisspanne liegt in diesem Herbst bei rund 44 bis 111 Euro, nach 38 bis 100 Euro im Herbst 2018 und nach 34 bis 97 Euro im Herbst 2017." Damit haben die Gesellschaften erneut die Preise gegenüber dem letzten Jahr erhöht", so Berster. Die angegebene Preisspanne zeigt den Bereich der durchschnittlichen Brutto-Flugpreise für eine repräsentative Auswahl an Flugstrecken der in Deutschland bedeutendsten Low-Cost-Airlines Eurowings, Ryanair, Easyjet und Wizz. Die Durchschnittspreise werden im Low Cost Monitor auf Grundlage verschiedener Vorausbuchungszeiträume von einem Tag bis zu drei Monaten ermittelt.
Entgegen dem allgemeinen Trend in Deutschland fällt das positive Wachstum der günstigen Flugangebote am Großflughafen Düsseldorf auf. "Düsseldorf kommt durch eine Erhöhung des Angebots, besonders durch Eurowings, auf über 1100 Starts pro Woche und liegt damit auf Platz eins der deutschen Flughäfen mit den meisten Low-Cost-Angeboten", erklärt Berster. Berlin-Tegel folgt auf Platz zwei. Stuttgart steigert ebenfalls sein Low-Cost-Angebot und besetzt Platz vier. Der verkehrsreichste Flughafen Deutschlands, Frankfurt, spielt auf Grund seiner ausgeprägten Drehkreuzfunktion im klassischen Linienverkehr und den zeitweise ausgelasteten Kapazitäten auch im Sommerflugplan 2019 nur eine untergeordnete Rolle bei den Günstigfliegern", so Berster weiter. Europaweit punkten die Flughäfen in Barcelona, London und Dublin mit dem größten Angebot im Low Cost-Verkehr bedingt durch eine hohe Anzahl von Angeboten der Gesellschaften Vueling, Easyjet und Ryanair.
Auf den Großflughäfen London, Paris, Kopenhagen und Stockholm wird um Passagiere der klassischen Allianzfluggesellschaften geworben. Neuerdings sind mit Rom und Madrid sowie Amsterdam und Athen weitere große Abflugorte in Europa hinzugekommen, wobei auch ein direkter Wettbewerb beispielsweise mit Air France besteht. Ziele sind hier etwa New York, Los Angeles, Fort Lauderdale und Oakland in Nordamerika sowie Bangkok in Asien. Mit modernem kleinerem Fluggerät sollten aber auch Sekundärflughäfen auf beiden Seiten des Atlantiks, wie beispielsweise Edinburgh in Europa oder Providence in den USA bedient werden. Aufgrund des aktuellen Flugverbots für die Boeing 737 Max sind solche Strecken aber zur Zeit teilweise nicht buchbar. Insgesamt bietet Norwegian im Sommer 2019 auf 54 Strecken von Europa nach Nordamerika und Asien Low Cost-Verbindungen an. Dies sind drei Strecken weniger als im letzten Jahr, allerdings steigt die Anzahl der Interkontinental-Abflüge noch leicht. Eurowings engagiert sich stark in Düsseldorf und hat ihre Langstreckenverbindungen aus Köln und München eingestellt. Damit einhergehend reduziert die Lufthansa-Tochter das Angebot an günstigen Flugtickets im Langstreckengeschäft kräftig.
Europaweit steigt die Anzahl der Low-Cost-Flüge um knapp vier Prozent auf mehr als 67.000 Starts pro Woche. Dabei ist ein größerer Anstieg besonders an Flügen nach Italien oder Griechenland festzustellen. Ryanair/Lauda und Easyjet bauen ihre Marktführerschaft in Europa weiter aus. Ryanair verzeichnet mittlerweile rund 17.000 Starts pro Woche auf dem Kontinent und Easyjet folgt mit mehr als 13.100 Flügen. Während bei Ryanair rund 500 Strecken hinzugekommen sind, erhöhte Easyjet im Sommer 2018 das Netz um rund 150 Strecken.
Der Wettbewerb unter den Billigfliegern in Europa ist weiterhin relativ gering. Es gibt etwas mehr als 1650 Strecken, auf denen zwei oder mehr Anbieter fliegen. Um den Angebotsausbau bewältigen zu können, verfügt Ryanair mittlerweile über eine Einheitsflotte von mehr als 450 Flugzeugen des Typs Boeing 737 mit 189 Sitzplätzen. Dies ist nur ein geringes Plus um 3,5 Prozent zum vergangenen Jahr, allerdings sind mehrere neue Flugzeuge des Typs Boeing 737 Max aufgrund des aktuellen Flugverbots bisher noch nicht ausgeliefert worden. Hinzu kommen noch 20 Airbusflugzeuge bei Lauda. Easyjet vergrößerte die eigene Flotte im gleichen Zeitraum um rund sieben Prozent auf 334 Flugzeuge. Norwegian zählt dagegen insgesamt nur noch rund 150 Flugzeuge, da auch hier rund 20 Maschinen der Langstreckenversion des Typs Boeing 737 Max vom Flugverbot betroffen sind. So besteht die aktuelle Flotte aus rund 110 Flugzeugen des Flugzeugtyps Boeing 737 und zusätzlich aus mehr als 30 Flugzeugen des modernen Langstreckenmodells Boeing 787, die im Interkontinentalverkehr nach Asien und Amerika eingesetzt werden. Hinzu kommen noch einige unterschiedliche Modelle, die helfen sollen den Ausfall der Boeing 737 Max zu kompensieren.
Die Fluggesellschaften gestalten ihr Low-Cost-Angebot oft sehr unterschiedlich. Dadurch lassen sich nur wenige eindeutige Abgrenzungskriterien für das Marktsegment Low Cost definieren: beispielsweise ein niedriger Preis und seine generelle Verfügbarkeit oder ein Direktvertrieb über das Internet. Zunehmend wird die Tendenz sich vermischender Geschäftsmodelle bei den Airlines sichtbar. Während Ryanair verstärkt auch an Großflughäfen tätig wird und durch Verkauf von Zusatzpaketen versucht, Premiumkunden anzusprechen, greifen Chartercarrier sowie etablierte Fluggesellschaften über Tochtergesellschaften oder eigene Angebote zunehmend in den Markt der preisgünstigen Flugangebote ein. In Deutschland hat Lufthansa ihre innerdeutschen und europäischen Flüge außer von und zu den Drehkreuzflughäfen Frankfurt und München an die Tochtergesellschaft Eurowings abgegeben. Die genannten Ergebnisse der Studie basieren auf Daten einer Referenzwoche im Juli 2019.