20. September 2018 | Mission Mars Express

Cerberus Fossae: Tausend Kilometer lange, junge tektonische Brüche auf dem Mars

  • Die Gräben Cerberus Fossae sind besonders auffällige tektonische Bruchstrukturen, da sie beinahe über eintausend Kilometer parallel verlaufen.
  • Entstanden sind sie durch relativ junge vulkanische Aktivität, wahrscheinlich vor weniger als hundert Millionen Jahren.
  • Schwerpunkt(e): Raumfahrt, Planetenforschung

Vulkanismus geht auf allen erdähnlichen Planeten und dem Mond häufig mit tektonischen Verschiebungen in der Gesteinskruste einher. Magmablasen steigen aus dem Inneren nach oben, schaffen sich beim Aufstieg Platz und ergießen ihr geschmolzenes Gestein als Lava über die Oberfläche. So entstehen durch die entleerte Magmakammer wiederum Hohlräume und die starren Gesteinsmassen der Kruste können absacken und sich verschieben. Auf der Planetenoberfläche lassen sich die tektonischen Bewegungen, je nach Charakter, bei Kontraktion als Überschiebungen und bei Extension als Dehnungsbrüche nachvollziehen. Letzteres ist auf dem Mars die häufigere Form von Tektonik. Die Cerberus Fossae sind zwei über nahezu tausend Kilometer parallel verlaufende Dehnungsbrüche in einer jungen Vulkanebene der Region Elysium Planitia. Das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte und auf der ESA-Mission Mars Express betriebene Kamerasystem HRSC fotografierte die markanten Gräben im Januar 2018. Die systematische Verarbeitung der Kameradaten erfolgte am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof.

Die Cerberus Fossae - lateinisch für die Gräben des Kerberos, des mehrköpfigen "Höllenhundes", der in der griechischen Mythologie den Eingang zur Unterwelt bewacht - sind besonders markante tektonische Bruchstrukturen. Beide Gräben verlaufen fast exakt parallel und erstrecken sich von Nordwesten bis nach Südosten. Sie sind überall extrem steilwandig und durchschneiden die Lavaebenen an manchen Stellen sogar nahezu senkrecht. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Gräben noch sehr jung sind, denn im Laufe der Zeit führt die Erosion dazu, dass von den Hängen und der Geländekante immer wieder Gestein abbricht und die Abhänge an Steilheit einbüßen.

Eine der jüngsten geologischen Strukturen auf dem Mars

Auch die wenigen Einschlagskrater in der vulkanischen Ebene zeigen, dass die Landschaft hier noch nicht sehr alt sein kann. Zählt man alle Krater und misst ihre unterschiedlichen Durchmesser, kann das Alter der Lavaströme durch Vergleich mit anderen Gebieten auf dem Mars recht gut bestimmt werden. Diese Methode der Altersbestimmung von geologischen Flächen wird auf allen Körpern mit fester Oberfläche im Sonnensystem angewandt. Die Wissenschaftler gehen deshalb davon aus, dass Teile dieser Ebene erst in geologisch jüngerer Vergangenheit von dünnflüssiger Lava überflutet wurden, möglicherweise sogar vor weniger als hundert Millionen Jahren. Auch aus den Cerberus Fossae drang Lava an die Oberfläche (später vermutlich auch Grundwasser).

Somit ist die nahe des Äquators gelegene Region der Cerberus Fossae eine der jüngsten geologischen Strukturen auf dem Mars. Auch wenn die zahlreichen Raumsonden, die den Planeten aus der Umlaufbahn beobachteten oder wie Mars Express noch heute untersuchen, keinerlei Anzeichen von aktivem Vulkanismus entdecken konnten, rechnen die Wissenschaftler trotzdem mit tektonischen Bewegungen in der Marskruste. Diese Marsbeben soll das Experiment SEIS (Seismic Experiment for Interior Structure) der französischen Weltraumagentur CNES auf der am 6. Mai 2018 gestarteten NASA-Raumsonde InSight aufzeichnen. InSight wird am 26. November 2018 einige hundert Kilometer weiter westlich ebenfalls in der Elysium-Ebene landen und zum Jahreswechsel mit der Aufzeichnung von Marsbeben beginnen. Damit sollen der Zustand und der Aufbau des Marsinneren untersucht werden. An Bord von InSight ist auch das vom DLR entwickelte Experiment HP3 (Heat Flow and Physical Properties Package), mit dem der Wärmefluss von Kern und Mantel zur Marsoberfläche gemessen werden soll, um Rückschlüsse über den Zustand und die Entwicklung des metallischen Kerns des Mars ziehen zu können.

Cerberus und Athabasca Valles: Teile der großen Vulkanprovinz Elysium

Bei den Cerberus Fossae handelt es sich um tektonische Bruchstrukturen, die höchstwahrscheinlich durch Dehnung von Krustenmaterial oder durch Krustenabsenkungen bei der Bildung vulkanischer Gänge entstanden sind. Einzelne rundlich geformte Einsturzkessel weisen auf eine frühe Phase der Dehnung hin und sind besonders gut im nördlichen Teil der Cerberus Fossae zu beobachten. Rund um die im Nordwesten gelegene Vulkanprovinz Elysium mit dem 12,5 Kilometer hohen Vulkan Elysium Mons haben sich in der Vergangenheit außerdem zahlreiche vulkanische Gänge gebildet. Die Bildung solcher Gänge kann zu Deformationen der Marskruste und zur Entstehung von Brüchen und Gräben an der Oberfläche führen.

Westlich des hier gezeigten Bildausschnitts liegt das Ausflusstalsystem Athabasca Valles (siehe Bild 6), das in den Cerberus Fossae entspringt. Vermutlich ist die Marskruste vor Millionen von Jahren entlang der Cerberus Fossae bis in große Tiefe aufgebrochen, was den Austritt von Lava aus einem unterirdischen vulkanischen Magmenreservoir und auch Grundwasser ermöglichte. Das dunkle Material innerhalb der Cerberus Fossae und am Boden des unbenannten Einschlagkraters wurde durch Winde hierher verfrachtet und bildet Dünen, die aus dunklen Sanden bestehen. Dunkle Dünen kommen auf der Marsoberfläche sehr häufig vor und bestehen aus alter vulkanischer Asche.

Kontakt

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Tel: +49 2203 601-1852

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Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin

Prof. Dr. Ralf Jaumann

Freie Universität Berlin
Institut für Geologische Wissenschaften
Planetologie und Fernerkundung
Malteserstr. 74-100, 12249 Berlin

Dr. Daniela Tirsch

Principal Investigator HRSC
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Institut für Planetenforschung
Rutherfordstraße 2, 12489 Berlin