Modellierung
Fast alle Forschungsprojekte am Institut verwenden in der einen oder anderen Form nichtlineare dynamische Modelle des zugrunde liegenden physikalischen Systems, die durch algebraische, differentielle, partielle differentielle und/oder diskrete Gleichungen beschrieben werden. Diese Modelle werden in allen Phasen des Entwicklungszyklus eingesetzt, von der Anforderungsanalyse bis hin zur Generierung von Steuerungscode und zum Test. Das übergeordnete Ziel des Instituts ist es, Technologien bereitzustellen, mit denen alle notwendigen Modelle auf bequeme und benutzerfreundliche Weise erstellt und verwendet werden können, in einer Form zur Verfügung gestellt werden, in der die Modelle automatisch für die jeweilige Anwendung umgewandelt werden können, z.B. detailliertes oder Echtzeit-Simulationsmodell, inverses Modell, LPV-Modell (Linear Parameter Varying models), und an Partner verteilt werden können.
Standardisierung
Das Institut leitet die gemeinnützige internationale Modelica Association (https://modelica.org/), die seit ihrer Gründung im Jahr 2000 mehr als 20 organisatorische und mehr als 120 individuelle Mitglieder aus Europa, Nordamerika und Asien hat. Diese Organisation standardisiert und entwickelt Open-Source-Softwaretechnologie und -methoden im Bereich der cyber-physischen Systeme und des Systems Engineering.
Das Institut hat die folgenden Standardisierungsaktivitäten initiiert, mitgestaltet und trägt zu ihnen bei:
Modelica Language
Ein Projekt zur Entwicklung, Standardisierung und Förderung von Modelica, einer Sprache zur Modellierung und Simulation domänenübergreifender cyber-physikalischer Systeme auf einfache Art und Weise. Modelica ist weit verbreitet und wird von mehr als 10 Tools unterstützt (mehr Details)
Modelica Libraries
Ein Projekt zur Entwicklung, Pflege und Förderung von quelloffenen Modelica-Modellbibliotheken und Modellkomponenten in vielen Bereichen auf der Grundlage von standardisierten Schnittstellendefinitionen (weitere Details). Das Institut stellt auch andere Open-Source-Bibliotheken zur Verfügung.
fmi Functional Mock-up Interface
Ein Standard, der einen Container und eine Schnittstelle für den Austausch dynamischer Simulationsmodelle mit einer Kombination aus XML-Dateien, Binärdateien und C-Code definiert. FMI ist weit verbreitet und wird von mehr als 180 Tools unterstützt. (fmi-standard.org)
efmi Functional Mock-up Interface for embedded systems
Ein Standard zur nahtlosen Integration physikalischer Entwurfsmodelle von Systemen mit der Entwicklung ihrer elektronischen Steuerung - kompatibel zum fmi-Standard (efmi-standard.org)
Robuste Modellierung von Thermofluidsystemen
Thermische Fluidsysteme werden z.B. zur Modellierung von Kraftwerken, Bauphysik und Umweltkontrollsystemen in Flugzeugen verwendet. Wenn diese Systeme objektorientiert formuliert werden, wie z.B. mit der Modelica-Sprache, sind sie notorisch schwer zu lösen, da ihre allgemeine Formulierung zu großen nichtlinearen Gleichungssystemen führen kann. Die numerische Lösung dieser Systeme ist weder sicher noch effizient.
Das Institut hat daher den grundlegenden Aufbau der Gleichungen für die thermische Strömungsmechanik überdacht und eine neue und robuste Form abgeleitet, die sich für die objektorientierte Modellierung eignet. Eine Idee besteht darin, stets dynamische Impulsbilanzen in Form von instationären Bernoulli-Gleichungen zu verwenden (anstelle von stationären Druckabfallgleichungen) und die Näherung zu verwenden, dass die Druckabfallgleichungen eine Funktion des stationären Drucks sind. Die neue Formulierung vermeidet die Erstellung eines nichtlinearen Gleichungssystems von vornherein und erzeugt Modelle, die sowohl effizient als auch robust sind.
Die neue Technik wird vom Institut zum Beispiel mit der kostenlosen Open-Source-Bibliothek ThermofluidStream bereitgestellt. Diese Bibliothek wurde so konzipiert, dass sie einfach zu verwenden und anzupassen ist, und ist mit einer Reihe von Beispielen angereichert. Sie kann als Grundlage für viele verschiedene Anwendungen wie das Wärmemanagement von Elektroautos, Kraftwerken oder Bauphysik verwendet werden.
Kommerzielle Modelica-Bibliotheken
Das Institut entwickelt und pflegt kommerzielle Modelica-Bibliotheken, die von Dassault Systèmes und LTX Simulation GmbH vertrieben werden.
Modellierung der nächsten Generation
Das Institut entwickelt zusammen mit anderen Partnern Modellierungsfähigkeiten der nächsten Generation, siehe z.B. das Open-Source-Projekt Modia, das auf der Programmiersprache Julia basiert, und den Artikel Modelling and Simulation of Physical Systems with Dynamically Changing Degrees of Freedom.