Granulare Rheologie im Weltraum
Der Mond ist im Fokus zukünftiger Raumfahrtmissionen, wie zum Beispiel der Artemis-Mission der NASA und der weiteren beteiligten Nationen. Dabei wird es in Zukunft auch darum gehen eine bemannte Raumstation auf dem Mond aufzubauen.
Bemannte Missionen zum Mond, insbesondere Langzeitmissionen, müssen die auf dem Mond verfügbaren Ressourcen nutzen, entweder als Baumaterial oder als Ressource zur Sauerstofferzeugung. Ein autarkes Konzept wie die Internationale Raumstation scheitert am hohen Transportaufwand.
Die Mondoberfläche ist mit einem feinkörnigem Material bedeckt, dem sogenannten Regolith, bestehend aus feinem Staub bis hin zu gröberen Sandpartikeln. Egal ob Regolith als Baumaterial oder als Rohstoff (zum Beispiel zur Sauerstoffgewinnung) verwendet werden soll, es muss transportiert und gehändelt werden. Das Fließverhalten des Regoliths ist dabei die entscheidende Eigenschaft. Unter der geringen Mondschwerkraft verhält sich ein Pulver anders als auf der Erde, Partikel tendieren zum Verklumpen. Selbst einfache Dinge, wie das Füllen eines Pulvers in einen Behälter oder einen Trichter sind dann nicht mehr selbstverständlich.
Das Ziel des GRIS-Experiments ist es, das Fließverhalten von Mondregolith (bzw. geeigneten Analog-Materialien) unter Mondgravitation zu untersuchen. Die zentralen Fragestellungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Wie hoch ist die Fließgeschwindigkeit von Regolith durch eine Öffnung?
- Wann stoppt der Fluss aufgrund einer Verstopfung?
- Wie groß ist der natürliche Böschungswinkel und wie korreliert der Böschungswinkel unter Mondgravitation mit den Materialeigenschaften (z.B. der Korngrößenverteilung)?
Das Experiment erfordert mondähnliche Bedingungen, insbesondere Mond-Schwerkraft. Parabelflüge erzeugen im Flugzeug Mikrogravitation, d.h. Schwerelosigkeit. In dieser besonderen Umgebung wird mit einer Zentrifuge eine „künstliche Schwerkraft“ erzeugt, die genau die Mondgravitation darstellt. Das Kernstück unseres Experiments sind zwei kleine Vakuumkammern in Form einer Sanduhr, welche mit mondähnlichen Staubproben (Mondregolith-Simulant) gefüllt sind. Sobald die Zentrifuge während einer Parabel die Mondgravitation erreicht, werden die beiden Sanduhren gedreht die Proben beginnen zu fließen. Je nach Partikelgröße, Größe der Öffnung und lokaler Schwerkraft kann es zu Verstopfungen kommen oder nicht. Bei einem gleichmäßigen Partikelfluss werden der Schüttwinkel und die Flussrate anhand von Kamerabildern gemessen.
Das finale Ziel dieser Experimente ist es ein Analogmaterial zu finden, welches sich unter Erdgravitation so verhält wie Mondregolith auf dem Mond. Ein solches Material wäre dann eine wichtige Basis um Methoden und Technologien für zukünftige Mondmissionen zu entwickeln und zu testen.