Pulverbasierte additive Fertigung unter Schwerelosigkeit
Verfahren zur additiven Fertigung unterscheiden sich von subtraktiven Verfahren wie Fräsen, Bohren und Erodieren dadurch, dass Material zu einem Bauteil zusammengeführt und nicht abgetragen wird. Eine Klasse der frühen und industriell sehr erfolgreichen Verfahren zur additiven Fertigung bilden die pulverbasierten Verfahren.
Bei pulverbasierten 3D-Druckverfahren wird ein Bauteil mittels Aufbringens von Schichten eines fließfähigen Pulvers aufgebaut. Dazu wird das virtuelle 3D-Modell des herzustellenden Bauteils am Computer in Schichten geschnitten. Nach Aufbringen einer Schicht pulverförmigen Materials wird anschließend die Geometrie aus dem virtuellen 3D-Modell selektiv in die einzelne Schicht übertragen. Dies geschieht beispielsweise durch Verkleben oder lokale Verdichtung des Pulvers mittels Laserstrahlung. Diese Abläufe wiederholen sich Schicht für Schicht, bis das Objekt fertiggestellt ist. Zum Schluss ist das Bauteil vollständig von einem Pulverbett umschlossen, aus dem es leicht entnehmbar ist und dann gereinigt werden kann.
Basierend auf diesem Konzept ist es denkbar mittels eines 3D Druckers in einer Raumstation Bauteile, Komponenten, Ersatzteile oder Werkzeuge je nach Bedarf zu fertigen. Es müsste dann nur das Material, also das Pulver, zur Raumstation transportiert werden und nicht ein ganzes Sortiment an Teilen.
In vorangegangenen zero-g Kampagnen wurde die industriell sehr erfolgreiche Fertigungsmethode des Selektiven Laserschmelzens, das Laser-based Powder Bed Fusion (PBF-LB) in Schwerelosigkeit erprobt. Der Fokus lag hierbei auf dem Schichtauftrag des Pulvers. Da die Schwerkraft eine entscheidende Voraussetzung für das Auftragen einer dünnen Schicht fließfähigen Pulvers ist, besteht die Herausforderung darin, den Schichtauftrag des Pulvers unabhängig von der Schwerkraft auszuführen. Es konnte nachgewiesen werden, dass ein Gasstrom durch das Pulver die Gravitation ersetzen kann, und erste metallische Bauteile wurden unter Bedingungen der Schwerelosigkeit gefertigt. Neben Pulver als Ausgangsmaterial wurde dieses Verfahren in vorherigen Experimenten auch an Suspensionen getestet, die metallische oder keramische Partikel enthielten. In dem aktuellen Experiment liegt der Fokus erneut auf dem Auftrag von trocknen Pulverschichten mit einer optimierten Depositionseinheit sowie der Qualitätskontrolle und Visualisierung der aufgetragenen Schichten.
Dazu wird die im letzten Experiment erprobte und weiterentwickelte Depositionseinheit genutzt, in welcher das Pulver nicht aus einem einzelnen großen Behälter appliziert wird, sondern mittels mechanisch angeregter einzelner Zellen, die in einer Wabenstruktur verbunden sind. Das Design reduziert das Agglomerieren der einzelnen Pulverpartikel und unterstützt einen homogenen Schichtauftrag. Ein implementierter Linienscanner wird nun jede einzelne aufgetragene Pulverschicht direkt vermessen, visualisieren und somit eine verbesserte Auswertung der unter Schwerelosigkeit erzeugten Oberflächenqualität ermöglichen. Zudem sollen die Sinterparameter für das Schmelzen von einem Mondregolith-Simulant durch einen adaptierten Laser-Fokus und dadurch variierten Schmelzpool untersucht werden.
Diese Experimente dienen zur Vorbereitung weiterführender Experimente unter Schwerelosigkeit im Weltraum.
Ziel des zero-g Experiments ist der Nachweis, dass
- pulverbasierte additive Fertigung und
- die Fertigung gebrauchsfertiger metallischer Bauteile mittels Selektiven Laserschmelzens (LPBF)
auch auf einer Raumstation im Weltraum ohne Schwerkraft möglich sind.
Darüber hinaus soll mittels eines abbildenden Verfahrens eine in operando Qualitätskontrolle jeder einzelnen Schicht realisiert und erstmals getestet werden.
Die für das Schmelzen von Regolith wichtige Ausbildung eines Schmelzbades im Pulverbett soll für unterschiedliche Größen des Laserspots mit dieser abbildenden Methode ebenfalls in Schwerelosigkeit sowie in normaler Erdgravitation und Hypergravity dokumentiert werden.