Der Einfluss von Schwerelosigkeit und Immobilisation auf die neuromuskuläre Performanz

Spacebike

Bewegung ist ein fundamentaler Baustein menschlichen Lebens und für das Leben auf der Erde von grundlegender Bedeutung. Gehen, Laufen und Springen gelten als natürliche Bewegungsformen, die für die Fortbewegung auf der Erde und für alltägliche Aktivitäten von Bedeutung sind. Angesichts der Pläne nationaler und internationaler Weltraumagenturen die Exploration des Weltalls voran zu treiben, ist es von grundlegender Bedeutung, die Auswirkungen von Mikrogravitation bzw. langfristiger muskulärer Immobilisation auf die Bewegungsaktivitäten des Menschen mit einem tieferen Verständnis zu unterlegen Was für uns im Alltag aufgrund trivial erscheint und größtenteils unbewusst abläuft (zum Beispiel gehen, laufen, Rad fahren), kann unter veränderten Umgebungsbedingungen, wie Mikrogravitation oder längerer Nichtnutzung (Immobilisation) auf einmal problematisch werden.

Wichtig ist hierbei zu verstehen, und das betrifft die bemannte Raumfahrt ähnlich wie den Rehabilitationsprozess nach neurologischen Schädigungen, wie die Anpassung an neue Umgebungsbedingungen stattfindet. Welche Anteile nehmen periphere, muskuläre Prozesse, und welche Anteile nimmt die neuromuskuläre Ansteuerung über das zentrale (ZNS) und periphere Nervensystem (PNS) ein? Während ein Verlust an Muskelkraft höchstwahrscheinlich die Leistung in Mikrogravitation nicht beeinträchtigt, da niedrigere Schwerkraftniveaus auf Mond und Mars einen Kraftverlust kompensieren, können eine veränderte inter- und intramuskuläre Koordination sowie Änderungen der neuromuskulären Ansteuerung von Bedeutung sein. Es ist davon auszugehen, dass bei längerer Nichtnutzung eine funktionelle Plastizität innerhalb des Zentralnervensystems (ZNS) und des peripheren Nervensystems (PNS) einsetzt, die in der Frage kumuliert: Geht gehen noch, wenn sich das zentrale Nervensystem an nicht Gehen gewöhnt hat?

Unser Experiment im Rahmen des 39. DLR Parabelflugs nähert sich vorsichtig dieser Thematik. In einem ersten Schritt soll die Auswirkung von Mikrogravitation auf die zentralnervöse Ansteuerung bei fest eingefahrenen Bewegungen untersucht werden. Hierzu fahren unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf einem stationären Fahrradergometer, während parallel die zentralnervöse Aktivität im motorischen Kortex mittels Elektroenzephalographie (EEG), ebenso wie die resultierende Innervation der Muskeln mittels Elektromyographie (EMG) aufgezeichnet werden. Eine Korrelationsanalyse im Anschluss soll zeigen, ob sich die zentralen Innervationspotentiale mit dem Wegfall der Schwerkraft ändern und dies ggf. die periphere Motorik beeinflusst.

Wie bereits angedeutet, ist dies nicht nur für die Anpassung an veränderte Gravitationsbedingungen während langfristiger Weltraumaufenthalte von Bedeutung, sondern ebenso für den Rehabilitationsprozess bei zerebralen Schädigungen, zum Beispiel Schlaganfallpatienten.