SIMBOX

Universität Hohenheim/Wolfgang Möller

Eine deutsch-chinesische Raumfahrtkooperation

Am 31. Oktober 2011 um 22:00 Uhr (MEZ) startete die Versuchsanlage SIMBOX an Bord des chinesischen Raumschiffs Shenzhou-8 mit einer Rakete vom Typ „Langer Marsch“ vom Weltraumbahnhof Jiuquan ins All. In ihr befanden sich 17 biologische und medizinische Experimente, die deutsche Forschende gemeinsam mit ihren chinesischen Kolleginnen und Kollegen durchführen. SIMBOX ist damit das erste Raumfahrtprojekt, das Deutschland und die Volksrepublik China gemeinsam auf Shenzhou durchgeführt haben.

Die Experimente sollten grundlegende Fragen beantworten: Wie kann man das menschliche Immunsystem stärken? Wie nehmen verschiedene Organismen und Pflanzen Schwerkraft wahr? Und wie funktioniert ein Ökosystem in Schwerelosigkeit? Hierfür wurden Pflanzen, Organismen und menschliche Krebszellen rund 17 Tage lang den Bedingungen des Weltalls ausgesetzt. Zum Vergleich wurde eine Kontrollgruppe mittels einer Zentrifuge an Bord so schnell beschleunigt, dass auf sie die normale Erdanziehungskraft wirkte. Eine weitere Referenzgruppe von Experimenten zeitgleich auf dem Erdboden durchgeführt.

Labore im Miniatur-Format

Die rund 35 Kilogramm schwere SIMBOX-Versuchsanlage verfügte über ein Volumen von 37 Litern. Im Inneren befanden sich der Biobox-Inkubator, eine Art Brutschrank. Er beinhaltete die 17 Experimente, die sich in 40 Einheiten gliederten. Daher besaßen die einzelnen Kammern nur etwa die Größe einer Zigarettenschachtel.

Neben zehn chinesischen Experimenten wurden sechs deutsche Versuche sowie ein deutsch-chinesisches Kooperationsexperiment der Universitäten Wuhan und Erlangen durchgeführt. Außerdem waren Wissenschaftler der Universitäten Hohenheim, Magdeburg, Tübingen und Freiburg sowie der Charité Berlin an den Untersuchungen beteiligt.

Zwei Tage nach dem Start koppelte Shenzhou-8 an das erste Vorläufermodul der chinesischen Raumstation, „Tiangong-1“, an - die SIMBOX-Experimente starteten danach automatisch. Nach rund zweieinhalb Wochen dockte das Raumschiff wieder von Tiangong-1 ab und landete nach dem Wiedereintritt in die Atmosphäre an einem Fallschirm auf dem Erdboden. Suchteams bargen die Proben anschließend und transportierten sie mit Helikoptern zur Auswertung nach Peking.

SIMBOX-Inkubator
Der SIMBOX-Inkubator wird auf der Shenzhou-8-Mission mitfliegen. Auf der halb herausgezogenen Experimentplattform erkennt man die einzelnen Container, die die biologischen Proben enthalten.

Experimente auf SIMBOX mit deutscher Beteiligung

Experiment
Universität
Wissenschaftliche Leitung
Ein Lebenserhaltungssystem in einer Zigarettenschachtel
Institut für Botanik I, Universität Erlangen
University of Wuhan
Dr. Michael Lebert
Prof. Liu Yongding
Schwerkraftorientiertes Schwimmverhalten von Euglena
Institut für Botanik I, Universität Erlangen
Dr. Michael Lebert
Differenzierung menschlicher Nervenzellen unter Schwerelosigkeit
Institut für Physiologie, Fachgruppe Membranphysiologie, Universität Hohenheim
Prof. Wolfgang Hanke
Einfluss der Schwerelosigkeit auf menschliche Krebszellen
Universitätsklinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie, Universität Magdeburg
Prof. Daniela Grimm
Signalverarbeitung in Zellen des Immunsystems in Schwerelosigkeit
Universität Magdeburg und Medizinische Fakultät, Universität Zürich
Prof. Oliver Ullrich
Expression von Pflanzengenen und -proteinen in Schwerelosigkeit
Physiologische Ökophysiologie der Pflanzen, Universität Tübingen
Prof. Rüdiger Hampp
Analyse von schwerkraftabhängigen Genen in Aradopsis thaliana
Insititut für Biologie, Universität Freiburg
Prof. Klaus Palme
Kristallisation von Biomakromolekülen in Schwerelosigkeit
Institut für Biochemie und Molekularbiologie, Arbeitsgruppe für Makromolekulare Strukturanalyse, Universität Hamburg
Institute of Biophysics, Beijing
Prof. Christian Betzel
Drucktests an der Experiment-Hardware
Unter der Aufsicht von Tao Xin, der chinesischen Beauftragten für Qualitätskontrolle, führen Mitarbeiterinnen der Firma Astrium Drucktests an der Experiment-Hardware durch.

Ausbau der deutsch-chinesischen Kooperation

Bereits im Jahr 2008 haben das Chinesische Büro für Bemannte Raumfahrt (China Manned Space Engineering Office, CMSEO) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) einen Rahmenvertrag für die weitere Zusammenarbeit geschlossen. Damit wurde eine wichtige Grundlage für den weiteren Ausbau der Kooperation beider Länder in der Raumfahrt geschaffen.

Der deutsche Anteil an SIMBOX umfasste die Bereitstellung und Finanzierung des Inkubators, sowie die finanzielle Förderung der sieben Experimente deutscher Forschungseinrichtungen. Industrieller Hauptauftragnehmer für die Entwicklung und den Bau der Versuchseinrichtung war EADS Astrium. CMSEO fungierte als Startdienstleister für SIMBOX im Rahmen der Mission Shenzhou-8. Außerdem übernahm die Organisation die Koordinierung und technische Betreuung der wissenschaftlichen Nutzlast innerhalb des chinesischen Raumfahrtprogramms.

Kontakt

Dr. Markus Braun

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Forschung und Exploration
Königswinterer Straße 522-524, 53227 Bonn