Beendete Mission

Ulysses

ESA

Flug über die Sonnenpole

Zahlreiche Weltraummissionen in den vergangenen 30 Jahren haben die Struktur und die Bedingungen in unserem Sonnensystem bis in Entfernungen von etwa 40 Astronomischen Einheiten (1 AE = ca. 150 Millionen Kilometer) untersucht, allerdings mit der Einschränkung, dass nur wenige Informationen über den Raum ober- und unterhalb der Ekliptik gewonnen werden konnten. Dort treffen unter anderem interstellares Neutralgas und Plasma auf die Heliosphäre, die die Sonne umgibt. Die Wissenschaftler erwarteten deutliche Unterschiede zwischen dem interstellaren Raum und dem Inneren unseres Sonnensystems.

Start: 06. Oktober 1990, endgültiges Missionsende: 30. Juni 2009

Logo der Mission
Credit:

ESA

DownloadDownload

Um diese Wissenslücken zu verkleinern, riefen ESA und NASA Mitte der siebziger Jahre eine zunächst als „International Solar Polar Mission“ (ISPM) bezeichnete Mission ins Leben. Geplant waren anfangs zwei baugleiche Sonden, die simultan über die Sonnenpole fliegen sollten, um die Sonne, den Sonnenwind und den interplanetaren Raum in Abhängigkeit von der solaren Breite zu erforschen. Aus finanziellen Erwägungen wurde die Mission 1981 auf eine Sonde reduziert und ab 1984 in „ULYSSES“ umbenannt, in Anlehnung an Odysseus (engl. „Ulysses“) aus Dantes „Göttlicher Komödie“, der die unbewohnten Gebiete jenseits der Sonne bereiste.

Raumsonde ULYSSES
Künstlerische Darstellung der ULYSSES-Sonde.
Credit:

ESA

DownloadDownload

Die Ulysses-Mission war Bestandteil des ESA-Wissenschaftsprogramms. Der für 1986 geplant Start musste aber wegen der Challenger-Katastrophe auf Oktober 1990 verschoben werden. Die Weltraumfähre Discovery der NASA setzte ULYSSES in einer niedrigen Erdumlaufbahn aus. Dann wurden die „Inertial Upper Stage“ und der „PAM-S Booster“ gezündet, mit deren Hilfe die Sonde auf eine Übergangsbahn zum Jupiter geschickt wurde.

Jupiter versorgte die Sonde dank seiner enormen Anziehungskraft mit genügend Energie, um sie auf eine Bahn senkrecht zur Ebene der Ekliptik zu bringen. Als Ergebnis der jeweils vier Monate dauernden Überflüge der Ulysses-Sonde über den Süd- beziehungsweise Nordpol der Sonne - im Abstand von etwa 330 Millionen Kilometern - erhofften die Wissenschaftler mit Hilfe der zehn wissenschaftlichen Experimente zu wesentlichen neuen Erkenntnissen über die Sonne und die innere Heliosphäre zu gelangen. Die erste Passage des Sonnensüdpols erfolgte im Sommer/Herbst 1994, der Nordpol wurde etwa ein Jahr später überflogen.

Aufgrund der wissenschaftlichen Erfolge und der weitgehend einwandfreien Funktion der Bordinstrumente wurde die Ulysses-Mission von ESA und NASA mehrfach verlängert. Damit wurden Messungen über nahezu einen kompletten 22-jährigen magnetischen Zyklus der Sonnenaktivität ermöglicht. Außerdem stand Ulysses über einen langen Zeitraum für simultane Messungen mit dem ESA-Sonnenobservatorium SOHO zur Verfügung.

Die Ulysses-Mission wurde in internationaler Arbeitsteilung durchgeführt, um die Effektivität der Mission zu erhöhen. Die ESA trug dabei die Kosten für die Sonde (industr. Hauptauftragnehmer: Dornier Satellitensysteme GmbH, jetzt Airbus Defence and Space) und war für den Betrieb der Bodenstation bei JPL in Pasadena (Kalifornien) mitverantwortlich. Die NASA stellte die Raumfähre für den Start zur Verfügung, lieferte die Raketenmotoren für die Übergangsbahn zum Jupiter und den Radioisotopen-Thermalgenerator (RTG) und betrieb das Deep Space Network für den Datenempfang und die Telekommunikation mit der Sonde.

Deutschland beteiligte sich an der Ulysses-Mission über das ESA-Wissenschaftsprogramm. Das DLR fördert darüber hinaus im Rahmen des deutschen nationalen Weltraumprogramms sechs der zehn Ulysses-Experimente, von denen drei unter deutscher Federführung entwickelt und gebaut wurden.

Wissenschaftliche Ziele

Von früheren Missionen wie Voyager 1/2 und Pioneer 10/11 waren Struktur und Inhalt des Raumes nahe der Ebene der Ekliptik bis etwa 40 Astronomische Einheiten bekannt. Es fehlten Kenntnisse für hohe heliographische Breiten. Dies war die Hauptaufgabe der Ulysses-Mission mit ihren Messinstrumenten. Untersucht wurden:

  • das von der Sonne abströmende Sonnenwindplasma und das vom Plasma „mitgeschleppte“ Sonnenmagnetfeld, das wegen der Rotation der Sonne in der Ebene der Ekliptik spiralförmig aufgewunden ist,
  • die energiereichen solaren geladenen Teilchen,
  • der Staub (etwa aus dem Staubschweif von Kometen),
  • die solare Röntgenstrahlung.

Ulysses untersuchte ferner außerheliosphärische Quellen im Hinblick auf:

  • Eindringen und Ausbreitung von kosmischer Strahlung in die Heliosphäre,
  • Verteilung von interstellarem Staub,
  • Verteilung und die Herkunft von neutralem Gas,
  • gelegentliche Ausbrüche kosmischer Gammastrahlung.

Wissenschaftliche Nutzlast

Drei der insgesamt zehn Hauptexperimente (neun aktiv und eins passiv) wurden unter der Leitung deutscher Wissenschaftler entwickelt und gebaut:

Kosmisches Staub-Experiment (Experiment DUST)
Messung der dreidimensionalen Staubverteilung und deren dynamischen Verhaltens; Filtersysteme erlaubt Messung von Masse, Geschwindigkeit, Richtung des Einschlags und elektrischer Ladung der einzelnen Staubteilchen;
PI: Dr. H. Krüger vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau (jetzt: Göttingen), CoI's vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik (MPE) in Garching und der Universität Bochum.

Energiereiche Teilchen und interstellares Gas (Experiment EPAC)
Vier unabhängige Spezialteleskope für Messung der Zusammensetzung und des dynamischen Verhaltens von niederenergetischer solarer und galaktischer Strahlung; Messung der Verteilung und der Flussrichtung von interstellarem Helium;
PI: Dr. N. Krupp vom MPI für Sonnensystemforschung, CoI's von Universität Bonn und MPI für Extraterrestrische Physik.

Solare Röntgenstrahlung und Gamma-Ray-Bursts (Experiment GRB)
Messung der Energie und Zeitstruktur von Röntgenquellen und von Gamma-Ray-Bursts;
Co-PI: Dr. M. Sommer vom MPI für Extraterrestrische Physik.

An weiteren drei Experimenten waren deutsche Wissenschaftler als Co-Investigatoren beteiligt:

Sonnenwind-Plasma (Experiment SWOOPS)
Messung von Dichte, Geschwindigkeit und Zusammensetzung des Plasmas;
CoI vom MPI für Sonnensystemforschung.

Sonnenwind-Ionen-Experiment (Experiment SWICS)
Messung von Masse, Energieverteilung und Ladungszustand;
CoI's von der Universität Braunschweig und vom MPI für Sonnensystemforschung.

Kosmische Strahlung (Experiment COSPIN)
Messung von Fluss, Energiespektrum, chemischer Zusammensetzung und Isotopen;
CoI von der Universität Kiel.

Das Telemetriesignal von Ulysses zur Erde wurde für das folgende passive Experiment genutzt:

Radio Science, Coronal Sounding
Messung der Ladung und des elektrischen Feldes;
PI: Dr. M. Bird von der Universität Bonn.

Kenndaten der Sonde:

  
Abmessungen
(ohne Booms):
3,2 m x 3,3 m x 2,1 m
Startmasse:
366,7 kg, davon 55,1 kg wiss. Nutzlast und 33,5 kg Treibstoff
Lagestabilisierung:
Spin-stabilisiert (5 U./min.)
Energieversorung:
Radioisotopen-Thermalgenerator mit 283 W (beim Beginn der Mission)
Datenübertragung:
X-Band downlink mit 20 W,
S-Band uplink mit 5 W
Datenraten:
Echtzeit (8 Stunden pro Tag): 1024 bps,
aufgezeichnet (16 Stunden pro Tag): 512 bps

Missionsparameter:

  
Start:
06. Oktober 1990
Startplatz:
Kennedy Space Center, Cape Canaveral, Florida, USA
Träger:
Raumfähre Discovery, Mission STS-41
Orbit:
Heliozentrisch mit 80° Inklination zur Ekliptik
Bodenstationen:
Deep Space Network (Goldstone/USA, Canberra/Australien, Madrid)
Missionsbetriebszentrum:
NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL), Pasadena, Kalifornien
Missionsende:
30. Juni 2009, nach mehr als 18 Jahren Missionsdauer
Überflüge der Sonnenpole:
Südpol:
Juli 1994 - Oktober 1994,
September 2000 - Januar 2001,
November 2006 - April 2007

Nordpol:
Juni 1995 - September 1995,
September 2001 - Dezember 2001
November 2007 - März 2008

Endgültiges Missionsende

Nachdem bereits am 1. Juli 2008 aus technischen Gründen das vorläufige Ende der Mission bekannt gegeben worden war, konnten noch für ein weiteres Jahr Daten empfangen und ausgewertet werden. Schließlich wurde die Mission von der Europäischen Weltraumorganisation ESA zum 1. Juli 2009 endgültig eingestellt und der Funkkontakt nicht mehr weiter aufrecht erhalten.

Links

Kontakt

Dr.-Ing. Christian Gritzner

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Deutsche Raumfahrtagentur im DLR
Erforschung des Weltraums
Königswinterer Straße 522-524, 53227 Bonn