Die Sonde Solar Orbiter soll zukünftig die Sonne und die inneren Heliosphäre erforschen. Dieser Bereich um die Sonne wird stark vom Sonnenwind mit seinen Magnetfeldern und energetischen Teilchen bestimmt. Eine der zentralen Fragen der Sonnenphysik lautet heute: Wie erzeugt und beeinflusst die Sonne die Heliosphäre? Die Mission soll dazu beitragen, diese Kernfrage zu beantworten.
Start der Mission: 10. Februar 2020, 5:03 MEZ
Die Heliosphäre ist ein einzigartiger Bereich des Weltraums, in dem fundamentale physikalische Prozesse aus der solaren, astrophysikalischen und Labor-Plasmaphysik im Detail untersucht werden können. Die entsprechenden physikalischen Bedingungen lassen sich in Labors auf der Erde nicht reproduzieren und können zudem aus der Ferne – also über astronomische Distanzen hinweg – nicht untersucht werden. Hierfür sind Messungen nahe der Sonne erforderlich, denn nur dort sind die Feld- und Teilchenumgebung noch vergleichsweise ursprünglich und unbeeinflusst.
Zehn Instrumente untersuchen das solare Umfeld
Ein wichtiges Ziel der Solar-Orbiter-Mission ist es, die Eigenschaften, Dynamik und Wechselwirkungen von Plasma (elektrisch geladenen Gasen), Feldern und Teilchen in der sonnennahen Heliosphäre zu bestimmen. Zudem soll die Sonde die Verbindungen zwischen Sonnenoberfläche, Korona und innerer Heliosphäre untersuchen.
Außerdem sollen Energetik, Dynamik und kleinräumige Struktur der magnetisierten Atmosphäre über den gesamten Breitenbereich der Sonne erkundet werden. Durch die Beobachtung von Feldern, Strömungen und seismischen Wellen in den hohen heliographischen Breiten soll zusätzlich auch der Dynamoeffekt , also die Erzeugung des Magnetfeldes der Sonne, erforscht werden.
Für diese Untersuchungen ist Solar Orbiter mit zehn Instrumenten ausgestattet, die zum einen die physikalischen Eigenschaften des Sonnenwindes im direkten Umfeld der Sonde (In-Situ) vermessen und zum anderen mit hochauflösenden Fernerkundungs-Instrumenten (Remote-Sensing) zur Erforschung der Sonnenoberfläche und der Atmosphäre der Sonne beitragen.
Swing-by-Manöver ermöglichen die lange Reise zur Sonne
Solar Orbiter ist am 10. Februar 2020 mit einer Atlas-V-Trägerrakete ins Weltall gestartet. Für ihren langen Weg zur Sonne muss die Sonde mehrfach Schwung holen, wofür die Anziehungskräfte von Erde und Venus genutzt werden. Mit diesen Swing-by-Manövern dauert die Reise rund dreieinhalb Jahre, bevor Solar Orbiter sein Ziel erreicht. Bereits während dieser Transferphase werden die In-Situ-Instrumente ihre wissenschaftlichen Messungen beginnen. Erst danach, im eigentlichen Wissenschaftsorbit um die Sonne, kommen auch die Fernerkundungs-Instrumente zum Einsatz. Die Dauer für einen Umlauf um die Sonne wird 168 Tage betragen.
Während die In-Situ-Instrumente über die gesamte Dauer des Orbits Messungen durchführen werden, wird der Betrieb der Fernerkundungs-Instrumente im Wesentlichen auf drei Zeitfenster von je zirka zehn Tagen pro Orbit beschränkt sein. Der Grund hierfür ist die im Vergleich deutlich höhere Datenrate dieser Instrumente sowie Beschränkungen bei der Datentransferrate von der Raumsonde zur Erde.
Perihel-Aphel
Solar Orbiter wird sich bei Ankunft an der Sonne auf einem hoch-elliptischen Orbit mit einem sonnennächsten Abstand (Perihel) von 0,28 Astronomischen Einheiten (AE) befinden - das entspricht etwa einer Entfernung von 40 Millionen Kilometern. Während der Perihel-Durchgänge wird Solar Orbiter jeweils für einige Tage nahezu synchron mit der Sonne rotieren. Durch diese Besonderheit des Orbits ist es möglich, die Phänomene an einem Ort auf der Sonne über einen längeren Zeitraum hinweg zu untersuchen. Der sonnenfernste Punkt (Aphel) des Orbits liegt bei 0,9 AE, also rund 135 Millionen Kilometern. Im Verlauf der gesamten Mission wird Solar Orbiter weitere Swing-by-Manöver an der Venus durchführen, wobei mit jedem dieser Manöver die Inklination, also die Bahnebene des Orbits relativ zum Äquator der Sonne, erhöht wird. Somit wird Solar Orbiter erstmalig einen Blick mit optischen Instrumenten auf die Pole der Sonne ermöglichen. Zum Ende der Missionsdauer von rund sieben Jahren, hat die Sonde eine Inklination von 25 Grad erreicht.
Deutsche Beiträge zur Mission
Insgesamt vier Forschungseinrichtungen und Institute in Deutschland sind an sechs der zehn Instrumente (PHI, EUI, EPD, METIS, SPICE und STIX) auf Solar Orbiter mit Hardware-Beiträgen beteiligt. Für das Instrument „Polarimetric and Helioseismic Imager“ (PHI) hat das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen die Gesamtleitung für die Entwicklung übernommen, während das Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik (KIS) in Freiburg die Bildstabilisierungseinheit für das Instrument entwickelt und gebaut. Das MPS ist darüber hinaus an der Entwicklung der Instrumente EUI, SPICE und METIS beteiligt. Für das von Spanien beigetragene Teilchen-Instrument „Energetic Particle Detector“ wurden von der Christan-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) verschiedene Sensoren entwickelt und gebaut. Das Leibnitz-Institut für Astrophysik (AIP) in Potsdam ist verantwortlich für die Entwicklung des Imagers für das aus der Schweiz kommende Röntgen-Teleskop STIX.
Solar Orbiter wurde als erste M-Class-Mission im „Cosmic Vision Programme“ (2015-2025) der Europäischen Weltraumorganisation ESA im Oktober 2011 ausgewählt. Sie wird unter der Gesamtleitung der ESA mit Beteiligung der US-amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA entwickelt und durchgeführt. Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR fördert Entwicklung und Bau der wissenschaftlichen Instrumente sowie der Solar Orbiter-Sonde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
In-Situ-Instrumente
Wissenschaftliche Zielsetzung
Deutsche Beteiligung
EPD - Energetic Particle Detector
Messung der Eigenschaften suprathermaler und energetischer Teilchen
Kleinstes Perihel: 0,28 Astronomische Einheiten (das entspricht nur 70% der mittleren Entfernung des Planeten Merkur zur Sonne) - Aphel: 1,2 Astronomische Einheiten; größte heliographische Breite: 25° (nominale Mission)/34° bis 36° (erweiterte Mission)
Missionsdauer:
nominal: 7 Jahre (einschließlich der Transferphase), 3 Jahre (erweiterte Mission)
Raumfahrzeug:
Abmessungen 2,5 Meter x 3,0 Meter x 2,5 Meter (Startkonfiguration) Hitzeschild wegen der zeitweise geringen Entfernung der Sonde zur Sonne, zwei drehbare Solarflächen
Ausrichtung des Raumfahrzeugs:
Sonnenzugewandt, 3-Achsen-stabilisiert
Antrieb:
Chemisch für Orbitkorrekturen und Lageregelung
Telemetrie/Datenrate:
Dual X-Band, 150 Kilobits pro Sekunde
Bodenstation:
ESA-Bodenstation in Malargüe/Argentinien
Missionsbetriebszentrum:
European Space Operations Centre (ESOC), Darmstadt, Deutschland
Wissenschaftliches Betriebszentrum:
European Space Astronomy Centre (ESAC), Villafranca, Spanien