Factsheet der Mission LISA - Deutsch
Factsheet der Mission LISA (Laser Interferometer Space Antenna) – Deutsch
Sie breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit im Raum aus und weisen ein Schwingungsmuster und einen Frequenzverlauf auf, die für ihre Quelle charakteristisch sind. Die mit LISA beobachtbaren Frequenzen von Gravitationswellen liegen dabei in einem sehr langsam schwingenden Bereich von einigen hunderttausendstel bis hinauf zu etwa einem Hertz (Schwingungen pro Sekunde). Dies erlaubt es, Quellen zu beobachten, die zwischen etwa tausend und zehn Millionenmal die Masse unserer Sonne haben, da diese solche langsam schwingenden Wellen aussenden.
LISA wird sich in ein bestehendes Netzwerk bodengebundener Gravitationswellenobservatorien einfügen. Hierzu gehören beispielsweise LIGO in den USA und Virgo in Italien. Diese empfangen Schwingungen mit deutlich höheren Frequenzen von etwa 30 bis zu einigen 1000 Hertz und beobachten deshalb andere Quellen als LISA.
Gravitationswellen machen sich als winzige, sich periodisch wiederholende Änderungen von Abständen auf der Erde und im All, den Amplituden der Gravitationswellen bemerkbar. Diese Wellen erreichen uns mit einer so unglaublich kleinen Stärke, dass sie nur äußerst schwer gemessen werden können. Gravitationswellendetektoren wie LISA oder LIGO arbeiten mit Laserstrahlen, die über definierte Messstrecken laufen (Laserinterferometer). Trifft eine Gravitationswelle auf den Detektor, dehnt und staucht sie diese Strecken periodisch, was mit Hilfe des Laserstrahls gemessen werden kann. Die Längenänderung liegt dabei für LISA im Bereich von nur wenigen Femtometern, also einem Hundertstel des Durchmessers eines Wasserstoffatomkerns.
Bereits bestehende Detektoren auf der Erde, wie beispielsweise Virgo oder LIGO, arbeiten mit Messstrecken von drei beziehungsweise vier Kilometern. Sie beobachten Gravitationswellen mit hohen Frequenzen, die von vergleichsweise massenarmen kosmischen Objekten ausgesandt werden. Die Messstrecke bei LISA wird mit rund 2,5 Millionen Kilometern sehr viel größer sein als die der erdgebundenen Gravitationswellendetektoren. Mit ihr können Gravitationswellen mit sehr niedrigen Frequenzen erfasst werden. Sie stammen von kosmischen Objekten, die bis mehr als zehn Millionen Mal die Masse unserer Sonne haben. LISA wird damit eine wichtige Ergänzung zu den bestehenden Detektoren sein.
Die winzigen Amplituden einer Gravitationswelle lassen sich nur durch höchst empfindliche Lasermessungen (Interferometrie) nachweisen. LISA wird hierzu ein Laserinterferometer im Weltall aufspannen, indem drei baugleiche Sonden ein nahezu gleichseitiges Dreieck mit rund 2,5 Millionen Kilometern Seitenlänge bilden. An Bord einer jeden Sonde befinden sich jeweils zwei Teleskope, die Laserstrahlen zu beiden anderen Sonden senden und von diesen wiederum Laserlicht empfangen. Zu jedem der Teleskope gehört eine verspiegelte, würfelförmige Testmasse aus einer speziellen, metallischen Legierung (Gravitational Reference System – GRS) und eine Optische Bank (OB); Die Testmassen schweben während des Messbetriebs frei in ihren Gehäusen. Sie bilden zugleich Spiegel für die von den anderen Sonden ausgesendeten Laserstrahlen. Äußere Störungen auf die Sonden und damit die Testmassen, verursacht etwa durch den Strahlungsdruck der Sonne, Magnetfelder oder wechselnde Gravitationskräfte, werden durch deren Aufbau weitgehend eliminiert. Weitere Störungen werden mit Hilfe eines sogenannten „Drag-Free Attitude Control Systems“ (DFACS) und hochempfindlichen Steuertriebwerken (Kaltgas-Mikronewton-Triebwerke) kompensiert. Das DFACS misst dabei diese Störungen und wandelt die Messergebnisse in entsprechende Korrektursignale für die Triebwerke um.
Wichtig ist auch die berührungslose Kontrolle der unerwünschten, elektrostatischen Aufladung der Testmassen mittels UV-Licht (Entladung). Diese Aufladung wird vor allem durch die im Weltall allgegenwärtige kosmische Partikelstrahlung verursacht. Zusammen mit der notwendigen, störungsarmen Steuer- und Nachweiselektronik (u.a. ein sogenanntes Phasenmeter) bilden die beschriebenen Elemente das „Moving Optical SubAssembly“ (MOSA). Teleskop, OB und GRS werden in dieser beweglichen Montierung so nachgeführt, dass die Laserverbindung zur jeweils gegenüberliegenden Sonde des Interferometers stets erhalten bleibt. Eine direkte Rückreflektion des Laserstrahls über 2,5 Millionen Kilometer ist selbst bei deren sehr geringer Strahlaufweitung wegen der äußerst geringen Strahlungsenergie am Empfänger nicht sinnvoll; vielmehr wird deshalb von der empfangenden Sonde jeweils ein phasengekoppelter „frischer“ Strahl zurückgeschickt.
GRS und OB sowie andere, nun bei LISA zum Einsatz kommende Technologien, wurden von 2015 bis 2017 bereits bei der Technologie-Demonstrationsmission LISA Pathfinder erfolgreich im Weltraum erprobt.
Ausreichend starke und damit auf der Erde nachweisbare Gravitationswellen werden durch sehr schnelle zeitliche Änderungen sehr großer Massen verursacht, die zumindest der Masse der Sonne vergleichbar sind. Dies sind zum Beispiel Doppelsterne in unserer Milchstraße, die sich im extrem kurzen Zeitraum von nur wenigen Minuten gegenseitig umkreisen, Schwarze Löcher, die Sterne auseinanderreißen, oder gar mit anderen Schwarzen Löchern verschmelzen. Die Massen der Schwarzen Löcher reichen dabei von einigen wenigen bis hin zu Millionen von Sonnenmassen, insbesondere bei Schwarzen Löchern in den Zentren ferner Galaxien. Auch Neutronensterne, kompakte Überreste von massereichen Sternen am Ende ihrer Lebenszeit, können miteinander verschmelzen und dabei Gravitationswellen erzeugen. Schließlich wird erwartet, dass auch bei Vorgängen sehr kurz nach dem Urknall Gravitationswellen abgestrahlt worden sind. Analog zu Wellen an einer Wasseroberfläche breiten sich all diese Gravitationswellen mit Lichtgeschwindigkeit im Raum aus und werden sich durch LISA nachweisen lassen. Diese Beobachtungen von Gravitationswellen werden maßgeblich dazu beitragen, unser Wissen über die Entwicklung des Universums, die Entstehung von Galaxien und auch über die Gravitation selbst deutlich zu erweitern.
Von großer Bedeutung ist zudem die geplante Suche nach Signalen von Gravitationswellenereignissen und permanenten Quellen von Gravitationswellen im sichtbaren Licht und anderen Bereichen des Spektrums elektromagnetischer Wellen, wie etwa bei Gamma- und Röntgenstrahlung oder bei Radiowellen durch Teleskope am Boden und im Weltraum. Schließlich soll auch nach Neutrinos von Gravitationswellen-Ereignissen Ausschau gehalten werden (Neutrinos sind Elementarteilchen mit äußerst geringer Masse, die bei Prozessen in der Umgebung von Gravitationswellenereignissen entstehen könnnen). Ziel ist es, auf diese Weise ein möglichst umfassendes Bild für die astrophysikalische Interpretation der Quellen von Gravitationswellen zu erhalten.
Als L3-Mission im Wissenschaftsprogramm der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird LISA unter Beteiligung der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde NASA und mit Beistellungen zur Nutzlast aus mehr als zehn europäischen Ländern entwickelt und gebaut. Ein wissenschaftliches LISA-Konsortium ist maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt und baut zudem die Datenverarbeitung und –archivierung der Mission auf. Der deutsche Beitrag zu LISA besteht aus einer Beistellung des zentralen Phasenmeters der Nutzlast durch das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik / Albert-Einstein-Institut (AEI) in Hannover. Außerdem wird das AEI in Zusammenarbeit mit niederländischen Partnern einen kritischen, opto-mechanischen Mechanismus für die Nutzlast liefern. Schließlich unterstützt das AEI die Mission auch bei vielen Fragestellungen zum Systemdesign. Das AEI stellt zugleich den Principal Investigator der Mission. Die Beteiligung des AEI an LISA wird durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), vertreten durch die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR maßgeblich unterstützt.
Missionsdaten | |
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Mission | LISA (Laser Interferometer Space Antenna) |
Missionsthemen | Nachweis von Gravitationswellen und Charakterisierung ihrer Quellen |
Starttermin | August 2035 |
Startplatz | Kourou (Französisch Guayana) |
Trägerrakete | Ariane 6.4 |
Missionsdauer | min. 6,25 Jahre (inkl. 4.5 Jahre nom. Betrieb) / 6 Jahre Missionsverlängerung |
Orbit | heliozentrischer Drift-Orbit (Erdabstand > 50 Millionen km) |
Startmasse | etwa 8.300 kg (drei Sonden) |
Nutzlastmasse | etwa 830 kg (Nutzlast pro Sonde) |
Abmessungen | 4,8 m x 3,0 m x 1,1 m (eine Sonde) / Dreieck mit 2,5 Mio. km Seitenlänge |
Elektrische Leistungsaufnahme | etwa 2.300 W (Sonde mit Nutzlast, voller Nutzlastbetrieb) |
Telemetrierate | etwa 270 kbit/s (X-Band, Downlink pro Sonde) |
Weitere Gravitationswellendetektoren: