Der Wissenschaftssatellit Gaia soll das gesamte Universum erforschen - von unserem Sonnensystem bis hin zu weit entfernten Galaxien. Die Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird dabei Position, Eigenbewegung, Entfernung und Helligkeit von etwa zwei Milliarden Himmelskörpern erfassen.
Start: 19. Dezember 2013
Der Satellit wurde am 19. Dezember 2013 mit einer Sojus-Trägerrakete vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana gestartet. Ursprünglich sollte die Mission fünf Jahre lang Daten aufzeichnen. Da alle Systeme noch einwandfrei funktionieren, wurde die Mission jedoch verlängert, und wird nun voraussichtlich noch bis zum Jahr 2025 andauern.
Aus 1000 Milliarden Beobachtungen entsteht ein Sternenkatalog
Es wird erwartet, dass Gaia Hunderttausende neuer Himmelskörper wie Exoplaneten, Braune Zwerge und Asteroiden in unserem eigenen Sonnensystem entdecken wird. Die Mission wird zudem etwa 500.000 entfernte Quasare untersuchen und unter anderem die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein erneuten Überprüfungen unterziehen. Gaia wird jeden ihrer Ziel-Himmelskörper während der gesamten Missionsdauer rund 150 Mal beobachten, um die Messungen so präzise wie möglich durchzuführen. Für die helleren Himmelskörper wird die Sonde dabei eine Positionsgenauigkeit von etwa einem sieben Milliardstel Grad erreichen. Dies entspricht dem Durchmesser einer Ein-Euro-Münze in der Entfernung des Mondes.
Aus den Beobachtungen erstellen die Astrophysiker des Gaia-Konsortiums (Data Processing and Analysis Consortium, DPAC) den bislang größten Sternenkatalog. Er soll fast zwei Milliarden Himmelskörper - also rund ein Prozent unserer Galaxie - erfassen. Bis zur Fertigstellung werden die Wissenschaftler mit Hilfe von riesigen Gleichungssystemen rund zehn Milliarden Parameter aus 1000 Milliarden Beobachtungen bestimmen und mehr als ein Petabyte an Daten bearbeiten. Die beiden ersten Teilkataloge wurden bereits im September 2016 und April 2018 veröffentlicht, im Dezember 2020 kam ein weiterer Teil hinzu. Der Gesamtkatalog soll im Jahr 2027 vorliegen.
Zwei Teleskope durchmustern den Himmel
Die beiden Teleskope des Gaia-Observatoriums besitzen jeweils einen rechteckig geformten Hauptspiegel von 1,45 x 0,45 Metern Größe sowie einen Sekundär- und einen Tertiärspiegel zur Abbildung. Die Gesichtsfelder der Teleskope liegen 106,5 Grad auseinander. An Bord befinden sich drei Hauptinstrumente, welche über die beiden Teleskope simultan Objekte in zwei unterschiedlichen Beobachtungsrichtungen betrachten können. Auf diese Weise lassen sich äußerst genaue relative Positionsabstände messen.
In der gemeinsamen Brennebene der Teleskope befinden sich insgesamt 106 CCD-Detektoren, die sich zu einer 930 Megapixel-Kamera mit einer physikalischen Fläche von 42 x 93 Quadratzentimetern zusammensetzen. Bei den CCDs (Charge-coupled Device) handelt es sich um lichtempfindliche Detektor-Chips. Das Detektorfeld gliedert sich in drei Hauptinstrumente: Einen astrometrischen, photometrischen und spektroskopischen Bereich.
Zum astrometrischen Instrument gehört ein CCD-Feld zur Aufnahme von ungefiltertem Licht für die Astrometrie, der hochgenauen Messung von Sternpositionen und Sternbewegungen. Das photometrische Instrument misst Helligkeiten, Farben und Temperaturen der Sterne über einen weiten Wellenlängenbereich. Das spektroskopische Instrument, das Radialgeschwindigkeits-Spektrometer, liefert für die helleren Sterne hoch aufgelöste Spektren. Außerdem befinden sich auf dem Detektorfeld noch ein Wellenfrontsensor sowie ein Basiswinkel-Monitor zur ständigen Kontrolle des Winkels zwischen den beiden Teleskopen.
Der deutsche Beitrag zur Gaia-Mission
Gaia ist eine Mission der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Die deutschen Beiträge werden durch die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) finanziert und durch das Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH), die Technische Universität Dresden, das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP) und das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg realisiert. Die Institute erbringen ihre Beiträge im Rahmen des DPAC, das europaweit mehr als 380 Mitarbeiter umfasst. Als Hauptauftragnehmer für die Gaia-Mission wurde Airbus Defence and Space (ehemals EADS Astrium) ausgewählt. Die Finanzierung des Satelliten, der Sojus-Trägerrakete, der wissenschaftlichen Instrumentierung und des operationellen Betriebs liegt in der Verantwortung der ESA. Die wissenschaftliche Datenauswertung und die Erstellung der erforderlichen Rechenverfahren zur Feinjustierung der Geräte und Interpolation der Daten werden von den ESA-Mitgliedsstaaten finanziert.
Kenndaten der Gaia-Mission
Start der Entwicklung:
1993 (erste Gaia-Studien)
Start der Mission:
19. Dezember 2013
Trägerrakete:
Sojus-ST/Fregat
Startort:
Kourou, Franz. Guayana
Umlaufbahn:
Lissajous-Bahn um den zweiten Lagrange-Punkt (L2), 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt
Transitzeit:
circa 1 Monat
Nominelle Missionsdauer:
5 Jahre (plus 1 Jahr optionale Verlängerung)
Bodenstationen:
Cebreros/Spanien, Malargüe/Argentinien und New Norcia/Australien
Missionsbetrienszentrum:
European Space Operations Centre (ESOC), Darmstadt/Deutschland
Wissenschaftlicher Betrieb:
European Space Astronomy Centre (ESAC), Villafranca/Spanien
Kenndaten der Raumsonde
Abmessungen:
Nutzlastzylinder: 3 x 2 Meter Service-Modul: 3 x 1 Meter Spannweite des Solar-Arrays: 11 Meter
Startmasse:
circa 2030 Kilogramm
Nutzlastmasse:
circa 690 Kilogramm
Positionsgenauigkeit der Instrumente:
bei Sternen bis zur 15. Größenklasse circa 20 Mikrobogensekunden, bei Sternen bis zur 20. Größenklasse circa 0,3 Millibogensekunden