Die Mission Euclid soll die Dunkle Materie und die Dunkle Energie im Universum erforschen. Wissenschaftler hoffen, mit den neu gewonnenen Erkenntnissen grundlegende Fragen zur Physik des Weltraums klären zu können - etwa wie sich die Dunkle Materie im Raum verteilt, wie großräumige Strukturen im All entstehen, oder wie sich das Universum entwickelt hat. Euclid ist am 1. Juli 2023 mit einer Falcon-9-Trägerrakete vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida ins Weltall gestartet.
Nach einer dreißigtägigen Reise erreichte die Sonde ihren Orbit im zweiten Lagrange Punkt L2, der rund 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist. Während der sechs Jahre dauernden Mission wird Euclid mehr als zehn Milliarden Galaxien beobachten und dabei etwa 30 Petabytes an Daten sammeln - das entspricht etwa einer Menge von rund vier Millionen BlueRay Discs. Mit ihren Instrumenten wirft die Sonde dabei einen Blick in die Vergangenheit des Universums und erforscht dessen Entwicklung innerhalb der letzten zehn Milliarden Jahre.
Die Natur von Dunkler Materie und Dunkler Energie
Die Theorie der Dunklen Materie wurde erstmals 1933 durch den Schweitzer Physiker und Astronom Fritz Zwicky aufgestellt. Er beobachtete, dass die Masse des Coma-Galaxienhaufens viel größer ist als die Summe der sichtbaren Masse der in ihr enthaltenen Galaxien. Auch die Gasmasse, die sich in den Zwischenräumen der Galaxien befindet, reicht nicht aus, um die gemessene Masse zu erklären.
Sichtbare normale Materie besteht aus Elementarteilchen, den Baryonen. Zu diesen zählen etwa Protonen oder Neutronen. Die Natur der Dunklen Materie ist hingegen unbekannt. Die Dunkle Materie steht mit der Gravitationskraft in Wechselwirkung. Diese ist für das menschliche Auge nicht sichtbar, weil sie nicht mit einer elektromagnetischen Kraft (Licht) in Wechselwirkung tritt.
Die Nobelpreiseträger Saul Perlmutter, Brian Schmidt and Adam Riess entdeckten im Jahr 1998, dass das Universum nicht konstant expandiert, sondern sich beschleunigt ausbreitet. Dieser Einfluss auf die Dynamik des Universums wird auf die Dunkle Energie zurückgeführt. Dabei ist die Natur der Dunklen Energie aber nach wie vor noch ein Rätsel. Um Millionen von Galaxien auf Dunkle Energie und Dunkle Materie untersuchen zu können, ist Euclid mit einem Teleskop und zwei Instrumenten, dem Nahinfrarot-Spektrometer und Photometer (NISP) sowie dem Visible Instrument (VIS) ausgestattet. Das Teleskop besitzt einen Durchmesser von 1,2 Metern und leitet den Infrarotanteil des Lichts zum NISP-Instrument. Außerdem reflektiert es das sichtbare Licht in das VIS-Instrument.
Der Near Infrared Spectrometer and Photometer liefert im Nahen-Infrarot detaillierte Farbanalysen (Photometrie und Spektrometrie) und Rotverschiebungen von Millionen Galaxien. Die NISP-Daten werden mit den VIS-Daten kombiniert, um Entfernungen von Galaxien und ihre dreidimensionale Position im Universum abzuleiten. Die spektroskopischen Daten des NISP werden in erster Linie dazu verwendet, die Verteilung und Haufenbildung von Galaxien zu beschreiben. Außerdem sollen sie erforschen, wie sie sich in den letzten zehn Milliarden Jahren unter dem Einfluss der dunklen Materie und der dunklen Energie des Universums sowie der Schwerkraft verändert haben.
Euclid von Alexandria
Euclid ist nach dem griechischen Mathematiker Euklid von Alexandria (3.-4. Jhr. v. Chr.) benannt, der als "Vater" der Geometrie gilt. Seine geometrischen Prinzipien bildeten bis ins 19. Jahrhundert deren Grundlage. Nach Euklid sind viele mathematische Strukturen, Sätze und Beweise benannt.
Das visible Instrument wird alle Galaxien der Euclid-Durchmusterung mit sehr hoher Bildqualität abbilden. Daraus werden die Formen der Galaxien gemessen und die Gravitationslinseneffekte (Ablenkung von Licht durch große Massen) abgeleitet, die durch den Einfluss großräumige Strukturen des Universums auf entfernte Hintergrundgalaxien verursacht werden. VIS wird untersuchen, wie die dunkle Materie verteilt ist und wie sich ihre Verteilung in den letzten zehn Milliarden Jahren verändert hat.
Euclid ist eine ESA-Mission aus dem Cosmic Vision Programm der Europäischen Weltraumorganisation. Das Service-Modul und die Satellitenplattform werden von Thales Alenia Space bereitgestellt. Das Nutzlastmodul steht unter der Verantwortung von Airbus Defence and Space. Es umfasst das Teleskop, das Thermalkontrollsystem, den Feinsteuerungssensor sowie die zwei wissenschaftlichen Instrumente, die vom internationalen Euclid-Konsortium beigesteuert werden.
Die Studien zum NISP Instrument wurden in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck Institut für Astronomie in Heidelberg (MPIA) vom Max-Planck Institut für Extraterrestrik in Garching (MPE) geleitet. Weitere Beiträge stammen vom Astronomy Technology Centre (ATC), Grossbritannien, vom Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives (CEA), Frankreich und vom Jet Propulsion Laboratory (JPL), USA. Der deutsche Anteil wird zum Teil von der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR gefördert.
Kenndaten der Mission
Euclid Mission
Missionstyp
M-Klasse, ESA
Wissenschaftliche Zielsetzung
Kosmologie und Fundamentalphysik: Verständnis der Eigenschaften und Natur der Dunklen Energie und Dunklen Materie
Starttermin
1. Juli 2023
Startplatz
Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Florida)
Trägerrakete
Falcon-9-Trägerrakete
Orbit
um den Lagrange-Punkt L2 (1,5 Millionen Kilometer von der Erde) – Halo Orbit
Missionsdauer
6,25 Jahre
Gesamtmasse
2.200 kg
Nutzlastmasse
855 kg
Abmessungen
4,5 m Länge, 3,1m Durchmesser
Teleskop
3-Spiegel anastigmatisches Korsch Teleskop Apertur des Hauptspiegels: 1,20 m Siliziumkarbid Spiegel
Brennweite
24,5 m
Instrumente
Visible imager (VIS) Near Infrared Spectrometer and Photometer (NISP)
Gemeinsames Gesichtsfeld (VIS+NISP)
0.53 deg²
Spektralbereich
Sichtbar (550-900nm) und Nahes Infrarot (900-2000nm)
Beobachtungsmodus
Step and Stare; Belichtungszeit bis zu 4500 Sekunden/Feld
Telemetrie
855 Gbit/Tag, 4 Std./Tag im K-band (25.5-27.0 Ghz)