DLR zeigt Flugzeugkonfigurationen der Zukunft
- Neue klimaverträgliche Flugzeugkonfigurationen bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit möglich.
- Sowohl der vollständige Lebenszyklus der Flugzeuge als auch die Kette von Produktion und Nutzung regenerativer Treibstoffe sind in Analyse berücksichtigt.
- Folgeprojekt befasst sich mit detaillierterer Auslegung der vielversprechendsten Konfigurationen.
- Schwerpunkte: Luftfahrt, klimaverträgliches Fliegen
Seit vier Jahren arbeiteten 20 Forschungsinstitute des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gemeinsam im Projekt EXACT (Exploration of Electric Aircraft Concepts and Technologies) an den Entwürfen emissionsarmer Verkehrsflugzeuge. Das Ergebnis: Es ist möglich, die Klimawirkung des Luftverkehrs deutlich bei gleichzeitiger wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit zu reduzieren. Vom 7. bis 8. Mai 2024 werden die Ergebnisse 170 Teilnehmenden aus Industrie und Forschung bei den EXACT Public Days am DLR-Standort in Hamburg-Finkenwerder im Dialog vorgestellt. Sowohl der vollständige Lebenszyklus der Flugzeuge als auch der Prozess der Gewinnung, des Transports und der Bereitstellung regenerativer Treibstoffe wurde umfassend in der Analyse der Klimaverträglichkeit neuer Flugzeugkonfigurationen berücksichtigt. So konnten die Forschenden die Flugzeugkonfigurationen mit dem ökologisch und ökonomisch größten Potenzial finden.
„Als Europas größte Einrichtung für die Luftfahrtforschung haben wir alle Kompetenzen an Bord, um neuartige Flugzeugkonfigurationen detailliert vorauszulegen“, betont DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt Dr. Markus Fischer. „Zudem ist es wichtig, dass alle Partner aus Industrie und Forschung an einem Strang ziehen und sich gut abstimmen, um die große Aufgabe einer klimaverträglichen Luftfahrt unter hohem Zeitdruck effizient zu meistern.“
Dr. Björn Nagel, Direktor des Hamburger DLR-Instituts für Systemarchitekturen in der Luftfahrt, ergänzt: „Im Projekt EXACT haben wir nun sehr umfänglich die aussichtsreichsten Flugzeugkonzepte und Technologien analysiert und bewertet. Über die Erkenntnisse möchten wir uns mit Flugzeugbauern, Zulieferern und anderen Forschungseinrichtungen austauschen. Bei der Erforschung ökologischer Flugzeugkonzepte zeigt sich, dass die Auswirkung der Luftfahrt auf das Klima um mindestens 80 Prozent reduziert werden kann und die Kosten dabei nicht steigen.“
Als vielversprechendste, emissionsarme und wirtschaftliche Flugzeugkonzepte für die Kurz- und Mittelstrecke für 250 Passagiere haben sich drei herauskristallisiert:
Batterie-Hybrid-Antrieb überraschend gut
„Was auf den ersten Blick vielleicht überraschen mag, ist die Tatsache, dass das batterie-elektrische Hybrid-Konzept am allerbesten abgeschnitten hat. Aufgrund der hohen Masse der Batterien und der eher geringen Reichweiten, galt der Betrieb mit Batterien bislang eher als vielversprechend für kleinere Flugzeuge bei dem Einsatz auf der Kurzstrecke. Tatsächlich ermöglicht die Plug-in-Hybrid-Architektur aber, dass auch größere marktrelevante Flugzeuge damit angetrieben werden können“, sagt Daniel Silberhorn Leiter des EXACT-Projekts. Eine nachhaltige Produktion mit sehr hohen Recyclingrate sowie eine lange Lebensdauer der Batterien sind zentrale ökologische Randbedingungen. Geringe Produktionskosten und eine schnelle Ladefähigkeit gewährleisten die Wirtschaftlichkeit des Flugzeugs. Batterie-elektrisch betrieben könnte so ein Flugzeug 500 Kilometer zurücklegen, hybrid-elektrisch zusätzlich mit nachhaltigen Treibstoffen sogar bis zu 2.800 Kilometer.
Kurzstrecken-Turboprop-Flugzeug
Die Technologie für Turboprop-Flugzeuge befindet sich bereits seit vielen Jahren in der praktischen Anwendung, allerdings vornehmlich im regionalen Einsatz. Bei einer geringeren Reisegeschwindigkeit verbraucht das Flugzeug signifikant weniger Treibstoff. Damit ist diese Option nicht nur ökologisch vorteilhaft, sondern lohnt sich für Airlines trotzdem auch aus wirtschaftlicher Sicht. Mit fossilen Treibstoffen betrieben, verringert sich die Wirkung auf das Klima bereits um mehr als 40 Prozent, beim Einsatz von nachhaltigen Treibstoffen würde sich die Auswirkung auf das Klima noch weiter reduzieren. Das betrachtete Flugzeug hat eine Reichweite von 2.800 Kilometern.
Wirtschaftlichkeit des Wasserstoff-Antriebs
Wasserstoff-betriebene Flugzeuge können die Klimaauswirkungen um mindestens 80 Prozent reduzieren. Ob sie allerdings auch wirtschaftlich attraktiv sind, hängt wesentlich von den Produktionskosten für Wasserstoff und synthetisches Kerosin ab. Brennstoffzellen zur Unterstützung auf dem Rollfeld, im Sinkflug oder der Bordsysteme hätten eine deutliche Emissionsminderung bis 1.500 Kilometer Reichweite zur Folge.
Simulation von der Energiegewinnung bis zum Recycling
Im EXACT-Projekt hat das DLR ein Simulationsframework entwickelt. Es ermöglicht anhand einer Vielzahl von Parametern – von der Energieproduktion, der Flugzeugkonstruktion bis hin zur Klimawirkung und der Gesamtbewertung des Lufttransportsystems – Berechnungen zu erstellen. Damit haben die Forschenden detailliert gezeigt, wie neue klimaverträgliche Flugzeuge aussehen können. Zu jeder möglichen Antriebstechnologie gibt es so auch Informationen wie entsprechende Komponenten oder Leichtbaustrukturen beschaffen sein müssen. Dies hilft wiederum bei der Produktvorentwicklung und der Planung der Produktion.
„Seit Anfang des Projekts haben wir schrittweise vielfältige Technologieoptionen miteinander verglichen und sind so zu den drei Favoriten gekommen“, sagt Daniel Silberhorn. „Das Simulationsframework können wir dazu nutzen, alle Szenarien auch mit aktuellen Gegebenheiten, zum Beispiel Energiepreisen oder neuen Flugzeugtechnologien, schnell neu zu berechnen.“
Details in der Zusammenarbeit ausarbeiten
In einem Folgeprojekt geht es darum, technische Details, wie die genauen aerodynamischen Eigenschaften der Flugzeuge oder das exakte Gewicht eines Wasserstofftanks detaillierter zu definieren. Zusammen mit Flugzeugbauern, Zulieferern und Forschungseinrichtungen soll während eines kollaborativen Austauschs der Designprozess eines möglichen neuen Flugzeugs stetig angepasst werden.
„Aus unserer Forschung resultieren Virtuelle Produkte, in denen das Zusammenwirken verschiedener Technologien abgebildet ist. In der Zusammenarbeit mit Industrieunternehmen möchten wir das Potenzial und die Randbedingungen für den Transfer in das nächste reale Produkt konkretisieren. In der Zusammenarbeit mit anderen Forschungseinrichtungen ergeben sich viele Synergien mit unserem gesamt-systemischen Ansatz“, sagt Björn Nagel.