Tjark Siefkes leitet die Abteilung "Neue Schienenfahrzeuge"
- Tjark Siefkes leitet seit November 2018 die neu aufzubauende Abteilung "Neue Schienenfahrzeuge" am DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte.
- Seine Abteilung untersucht, wie sich neue Technologien aus dem Bahnbereich auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt auswirken und wie sie umzusetzen sind.
- Schwerpunkt(e): Verkehr, Schienenverkehr, Zugkonzepte, intelligente Mobilität
Seit November 2018 freut sich das Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) über einen Neuzugang: Der Bahnexperte Dr.-Ing. Tjark Siefkes unterstützt die Verkehrsforschung des DLR im Bereich der Zugkonzepte und leitet gleichzeitig die neu aufzubauende Abteilung "Neue Schienenfahrzeuge" an den Institutsstandorten Stuttgart und Berlin. Tjark Siefkes prägte zwölf Jahre die Konzernforschung und das Produktmanagement beim Zughersteller Bombardier Transportation. Die letzten fünf Jahre arbeitete er als Entwicklungsmanager in den Niederlanden für den weltgrößten Hersteller spezieller Maschinen für die Fertigung von Mikrochips.
Herr Siefkes, was reizt Sie am DLR und Ihrem neuen Job?
Siefkes: Mobilität befindet sich im globalen Wandel und muss den Spagat zwischen Wachstum und Ressourcenschonung schaffen. Einerseits stehen wir alle vor der Herausforderung, schnell aktiv zu werden, damit unser ökologischer Fußabdruck nicht zu einem zu großen Fußstapfen für unsere Kinder und Enkelkinder wird. Anderseits gilt es, die notwendigen Veränderungen aus gesamtsystemischer Sicht optimal umzusetzen – also zusätzlich zu den rein technologischen Aspekten auch gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Faktoren zu berücksichtigen. Das DLR ist eine der weltweit ganz wenigen Forschungseinrichtungen mit dem notwendigen Know-how dafür. Ich freue mich deshalb sehr auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen.
Seit mehr als zehn Jahren ist die Bahnforschung ein integraler Bestandteil des Programmbereichs Verkehr im DLR. Wie sehen die Weichenstellungen für die Zukunft aus?
Siefkes: Lösungen für intelligente und verkehrsträgerübergreifende Mobilität werden immer stärker in den Vordergrund rücken. Entscheidend ist es, Qualitätsziele zu definieren: Welche Mobilität wollen wir eigentlich, zu welchem Preis und zu welchen Konditionen? Neue Akteure betreten den Markt: Hersteller von alternativen Antriebssystemen, Energie- und IT-Anbieter. Digital vernetzte Informationsdienste machen nahtlose Mobilität über alle Verkehrsträger hinweg erst möglich. In diesem sich fundamental verändernden Mobilitätssektor hat die Bahn nur einen festen und wichtigen Platz, wenn sie sich technologisch, ökonomisch und ökologisch weiter entwickelt und als intermodaler Akteur auftritt. Gleichzeitig plant die europäische Politik, bis ins Jahr 2050 mehr als die Hälfte des Personenfernverkehrs auf die Bahn verlagern, Ähnliches ist für den Güterverkehr vorgesehen. Es stehen uns also sehr spannende Zeiten bevor.
Welche Fragestellungen stehen für Sie im Fokus?
Siefkes: Die Mobilität der Zukunft muss frei von Verspätungen, Unfällen und Lärm sein, bei gleichzeitig minimalen Transportzeiten und maximaler Ressourcenschonung sowie Transparenz über die Transportketten hinweg. Diesen Herausforderungen widmet sich die DLR-Verkehrsforschung mit dem Zugkonzept "Next Generation Train" (NGT). Es umfasst eine ganze Zugfamilie für den Hochgeschwindigkeits-, Regional-, und Güterverkehr, deren Grundlage eine gemeinsame Plattform mit Fahrplan-Geschwindigkeiten bis 400 Kilometern pro Stunde ist. Neben den technologischen Herausforderungen gilt es, die Zusammenarbeit der Fachbereiche voranzutreiben. Das Stichwort ist hier Sektorenkopplung, vor allem der Bereiche Verkehr und Energie. Bei all diesen technischen und sehr komplexen Themen ist es überaus wichtig, die Menschen mitzunehmen, indem man Ergebnisse verständlich kommuniziert ohne sie zu sehr zu vereinfachen.
Wie sind Sie zur Bahnforschung gekommen?
Siefkes: Als Kind stand ich mit meinem Großvater oft am Frankfurter Hauptbahnhof und wir haben den Zügen zugeschaut. Das war in den letzten Jahren der Dampflokära Ende der 1960er. Eine gewisse Faszination war da bestimmt schon mit dabei. Nach dem Maschinenbaustudium habe ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Berlin gelehrt und meine Promotion zum Thema "Reifen-Fahrbahn-Wechselwirkung" abgeschlossen. Erst danach kam ich zurück zur Bahn und war fast zwei Jahrzehnte in der Schienenfahrzeugindustrie tätig, in leitender Funktion mit Einsätzen in der ganzen Welt. Zuletzt war ich fünf Jahre zwecks Horizonterweiterung als Entwicklungsleiter in der Digitalisierungsbranche aktiv, was für die Analyse neuartiger Zugsysteme eine wesentliche Zusatzqualifikation bedeutet. Denn die Bahn der Zukunft ist ohne eine umfassende Digitalisierung undenkbar.
Hat schon einmal jemand Ihren Vornamen Tjark auf Anhieb verstanden?
Siefkes: Ja, Menschen aus dem ehemaligen Einflussgebiet der Wikinger. Jack in England und Jaques in Frankreich haben den gleichen Ursprung. Meine Vorfahren väterlicherseits kommen aus Ostfriesland. Dort ist der Name noch heute geläufig.
Was macht der Privatmensch Tjark Siefkes in seiner Freizeit?
Siefkes: Ich bin ein Mobilitätsmensch und beruflich wie privat viel unterwegs. Fixpunkt und Heimat für meine Familie und mich ist ein alter Bauernhof nördlich von Berlin, den wir renoviert haben. Ich bewege mich sehr gerne im Freien. Je nach Jahreszeit: Laufen, Radfahren, Abfahrtski und Skilanglauf. Früher habe ich auch Geige gespielt, aber wegen mangelnder Zeit aufgeben müssen; die Musik wieder intensiver aufzugreifen, ist eines meiner privaten Ziele.