Börse für Zukunftstechnologien
- Leichtbautag in Stade bringt Unternehmen zusammen
- Erste Forschungsergebnisse in die Industrie übertragen
- Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie in Stade als Zukunftsfabrik 2030
- Schwerpunkt(e): Luftfahrt, Windenergie
Seit 2009 erforschen und entwickeln das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Fraunhofer-Gesellschaft in Stade gemeinsam mit mehr als 50 Unternehmen neue Produktionstechnologien für Luftfahrt-Großstrukturen aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK). Um die weltweit führenden Ergebnisse nun auch in eine breite über den Flugzeugbau hinausreichende industrielle Anwendung zu bringen, fand am 15. November 2017 im Forschungszentrum CFK NORD in Stade der erste branchenübergreifende Leichtbautag statt.
Auf Initiative des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, luden das DLR und die Fraunhofer-Gesellschaft an Forschungsprojekten mitwirkende Industriepartner und potentielle neue Anwender innovativer Produktionstechnologien für CFK-Bauteile ans Forschungszentrum CFK NORD ein. Dort wurde den Gästen ein ungefilterter Einblick in die Anlagen-Technologien geboten, die zwar für den Flugzeugbau entwickelt wurden, sich aber relativ schnell für andere Einsatzfelder modifizieren lassen.
"Im Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie im CFK NORD hat das DLR sich zum Ziel gesetzt, neue Fertigungstechnologien gemeinsam mit Industriepartnern zu entwickeln", sagt Klaus Hamacher stellvertretender DLR-Vorstandsvorsitzender. "Ein hoher technischer Reifegrad unserer Forschung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Anwendung in der Praxis. So stärkt das DLR mit seinen Forschungspartnern Innovation und Kompetenz im Leichtbau am Standort Deutschland."
Ingelore Hering, Abteilungsleiterin Industrie und maritime Wirtschaft im Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr: "Die hohe Kompetenz im Bereich der Forschung beim Werkstoff CFK ständig auszubauen und über die Luftfahrt hinaus in andere Branchen zu transferieren, ist das erklärte Ziel der niedersächsischen Landesregierung. Das Zusammenbringen der beiden Großforschungseinrichtungen DLR und Fraunhofer-Gesellschaft im CFK Forschungszentrum Nord hat in den vergangenen Jahren bereits Früchte getragen. Nun gilt es, dass Profil national sowie international weiter zu schärfen und die gewonnenen Ergebnisse noch mehr in die industrielle Anwendung zu bringen, damit weitere Unternehmen davon profitieren können."
Erste Forschungsergebnisse bereits in der industriellen Anwendung
Die an den Anlagen erarbeiteten Forschungsergebnisse konnten bereits dazu beitragen, neue Industrieanwendungen zu entwickeln, beispielsweise die automatisierte Leckageerkennung. In der Regel werden Faserverbundbauteile unter Druck und Hitze ausgehärtet. Für den Druckaufbau müssen die Teile in eine Vakuumfolie verpackt werden. Bei der Leckageerkennung spürt eine Infrarotkamera Undichtigkeiten in der Folie auf, die dann abgedichtet werden können. So wird verhindert, dass es während des Aushärteprozess zu einem unzulässigen Druckverlust im Vakuumaufbau kommt. Die Qualität des Bauteils ist sichergestellt, Zeit und Geld werden gespart.
Federführende Forschungsanlagen im DLR Stade
Um Bauteile aus CFK herzustellen, müssen mehrere Schichten der Fasern aufeinander gelegt werden. Eine Anlage mit koordinierten Robotern ermöglicht eine simultane Ablage der Fasern. Sie kann außerdem verschiedene Materialien mit Hilfe unterschiedlicher Ablegetechnologien verarbeiten und ist flexibel für Aufgaben der Fertigung einsetzbar. Die Ablagerate kann so drastisch gesteigert werden. Dies ist wichtig für die Anforderungen zukünftiger Produktionsverfahren. Zukünftig soll durch eine intelligente Steuerung die Anlage selber Entscheidungen treffen und den Prozess regulieren können.
Automatisierte Produktionsanlagen für CFK-Bauteile bieten einerseits ein sehr hohes Potential für eine wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Fertigung, andererseits rentieren sich die hohen Investitionskosten erst durch eine Produktion von hohen Stückzahlen. Unter den Flugzeugstrukturbauteilen gibt es jedoch nur wenige Gleichteile bei geringen jährlichen Raten. Eine vollautomatisierte Prozeßtrecke zum Harzinjektionsverfahren RTM (Resin Transfer Moulding) soll diese widersprüchlichen Anforderungen miteinander vereinen. Sie demonstriert verkettete Verarbeitungsschritte. Derzeit wird die Anlage weiterentwickelt. Sie soll zukünftig so flexibel und modular sein, dass verschiedene Bauteile im Wechselgefertigt werden können.
Der Forschungsautoklav wird zur Aushärtung von CFK-Werkstoffen genutzt. Er dient als eine Forschungsplattform, um innovative Ideen in die industrielle Anwendung zu überführen. Ein virtueller Autoklav simuliert den Aushärtungsprozess und gleicht ihn regelmäßig mit dem realen ab. Seine intelligente Steuerung kann bei Bedarf in stattfindende Prozesse im Autoklaven eingreifen, um Parameter, wie beispielsweise die Temperatur, anzupassen. So ist sichergestellt, dass das Bauteil gelingt. Das spart Zeit und Geld. Zukünftig soll untersucht werden, wie auch Thermoplasten, also Kunststoffe, die unter Wärmeeinwirkung geformt werden, im großen Maßstab im Autoklaven ausgehärtet werden können.
Zukunftsfabrik 2030
Mit der Eröffnung des Zentrums für Leichtbauproduktionstechnologie in Stade, das seinerzeit vom Land Niedersachsen mit 31,5 Millionen Euro gefördert wurde, wurde 2010 der Grundstein für eine Forschungsplattform der Zukunftsfabrik 2030 für den Multimaterial-Leichtbau gelegt. In der Zukunftsfabrik 2030 sind Maschinen und Anlagenkomponenten miteinander vernetzt, arbeiten autark agierende mobile Robotereinheiten, entscheidet künstliche Intelligenz über Fertigungsabfolgen und werden Bauteilfehler im Fertigungsprozess bewertet und gegebenenfalls automatisch behoben. Das Forschungsfeld "Zukunftsfabrik 2030" ist eine konsequente Umsetzung der DLR-Strategie 2030 und unterstützt das DLR-Querschnittsprojekt "Factory of the Future".