Botschaften für die Zukunft
- Mit der Zeitkapsel des DLR werden Wünsche von 8000 Schülerinnen und Schülern sowie 2000 Fotos ins All reisen.
- Geöffnet wird die Grußbotschaft an die Zukunft erst im Jahr 2068.
- Schwerpunkt(e): Nachwuchs, Raumfahrt
Als 1977 die beiden Voyager-Raumsonden starteten, um das äußere Sonnensystem zu erforschen, flog auch die "Golden Record" mit - eine Datenplatte mit Fotos, Audios und Musikstücken. Sollten Außerirdische existieren und auf die "Golden Record" stoßen, würden sie so erfahren, wie das Leben und die Kultur auf der Erde sind. Die Zeitkapsel des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) legt zwar einen nicht ganz so weiten Weg zurück, doch auch sie enthält Grußbotschaften - und zwar an die Menschen in 50 Jahren: Sie wird mit dem deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst auf der Internationalen Raumstation ISS um die Erde kreisen - gefüllt unter anderem mit Wünschen, die 8000 Schülerinnen und Schüler in die Zukunft schicken wollen, sowie mit über 2000 Fotos, die den Alltag im Jahr 2017 zeigen. Erst 50 Jahre nach dem Start wird diese versiegelte und ins All gereiste Zeitkapsel dann im Haus der Geschichte in Bonn geöffnet.
Für die Voyager-Mission suchte ein Team aus Experten aus, welche Motive in den Weltraum fliegen sollten. ...und irgendwie fliegen alle in Gedanken zusammen mit Alex ins All Das Ergebnis: Die Deutschen lieben ihre Haustiere - Fotos vom verstorbenen Kater Peppi, Hund Rocky beim Sonnen oder auch Zwerghamster Mephi wurden ans DLR geschickt und werden im Dateiformat mit der Zeitkapsel in die Schwerelosigkeit reisen. Viele machten sich Gedanken, wie die Welt in 50 Jahren sein könnte: Gibt es dann noch den Leuchtturm am Küstenrand oder haben Wind und Meer ihn verschwinden lassen? Wird es noch Bienen geben und sind die Gletscher dann längst geschmolzen? Die dazugehörigen Fotos kommen mit auf den Datenträger. Viele reichten Motive ein, bei denen man sicher gehen kann - das gehört in fünf Jahrzehnten zum alten Eisen: ein Süßigkeiten-Automat, eine Litfass-Säule und der Briefmarkenautomat.
Kühlfächer, Waschsalons und Konzerte
Die Zeitkapsel wird auch einigen Passagieren Platz bieten - beispielsweise zwei "hochbetagte Tanten, 92 und 82 Jahre alt", die laut Twitter-Nachricht ins All möchten und auf dem Foto startbereit posieren. Auch Marie-Luise Marjan - oder besser gesagt "Mutter Beimer" aus der Lindenstraße - wurde fotografisch für den Flug ins All vom TV-Team beigesteuert. Hände, die in die Zukunft winken, ein Blick in einen Waschsalon, eine Intensivstation im Krankenhaus, ein fahrender Zug, der Inhalt eines Kühlfachs oder auch einfach ein inniges Familienfoto sind zudem dabei, wenn die Zeitkapsel im Jahr 2068 geöffnet wird. Die Menschen werden dann auch erfahren, dass man 50 Jahre zuvor bei Konzerten von Iggy Pop oder Depeche Mode gefeiert hat.
Wünsche für die Zukunft
Von den rund 8000 Schülerinnen und Schüler stammen etliche Wünsche für die Zukunft: Von Schülern aus Hennef kommt die Vision, "dass jeder einen Roboter hat, der uns bedient und für uns sorgt. Die Roboter werden alles für uns machen." Ein anderes Team namens "Die coolen Jungs der Moderne" wünscht sich, "dass alle Kinder auf der Welt genügend zu essen haben und dass es keinen Krieg gibt. Und dass die Schule nur noch vier Stunden dauert. Das wäre gut." Eine Mädchen-Gruppe aus Berlin stellt einen Katalog von Forderungen für die Zukunft auf, in dem sich unter anderem folgende Punkte finden: "Bessere Versorgung der armen Länder. Illegalen Tierhandel stoppen. Frauen und Kinder sollen mehr Rechte haben. Mehr Bildung." Außerdem wollen sie "mit Jetpacks zur Schule fliegen können". Auch bei Team Humanity ist der Name Programm: Die Schülerinnen machen sich für Toleranz, Respekt und Menschenrechte stark.
Für die Jüngsten hatten sich stellvertretend Erzieherinnen einer Kindertagesstätte aus Kerpen gemeldet: Gemeinsam mit den Kindern hatten auch sie sich Gedanken gemacht, wie die Welt in 50 Jahren aussehen könnte. Sie überlegten, ob der Himmel noch blau sein wird und ob Menschen dann noch Brokkoli essen.
Datenträger mit Ausdauer
Alle diese Beiträge werden als Daten zur ISS und wieder zurück fliegen - untergebracht auf einem speziellen Datenträger, einer M-Disc im Blu Ray-Format, auf dem die Informationen auch noch in 50 Jahren ausgelesen werden können. So wie die "Golden Record" der Voyager-Mission mit einer kleinen Gebrauchsanweisung für die Aliens ins All geschickt wurde, geht auch das DLR sicher, dass 2068 der nostalgische Gruß gelesen werden kann. "Das Haus der Geschichte erhält ein Duplikat des Datenträgers, der mit Alexander Gerst reist, und ein heutiges Abspielgerät", erklärt Dr. Volker Kratzenberg-Annies, Vorstandsbeauftragter des DLR für Nachwuchsförderung.
Neben der M-Disc fliegen aber noch weitere Gegenstände in der Kapsel mit einem Durchmesser von zwölf Zentimetern in die Schwerelosigkeit: Ein Mini-Papierflieger mit einer Spannweite von nur einem Zentimeter steht für die Luftfahrtforschung des DLR. Die Raumfahrt wird durch mehrere Meteoritenstückchen von verschiedenen Himmelskörpern repräsentiert. Für den Bereich der Verkehrsforschung kommt ein kleines Spielzeug-Auto, für die Energieforschung eine von Schülern gefertigte "Mini-Sonnenuhr" in die Zeitkapsel.
Reise durch die vierte Dimension
Geöffnet werden die Grüße aus der Vergangenheit dann exakt ein halbes Jahrhundert nach dem Raketenstart, der Astronaut Alexander Gerst zu seiner Mission auf die ISS bringt. Die Kapsel reist also nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die vierte Dimension - die Zeit. "Uns freut sehr, dass die Aktion bei Schülern und Erwachsenen zum Nachdenken über die Zukunft angeregt hat - und damit auch zu Überlegungen, was es zu bewahren und was es zu verändern gilt", sagt Volker Kratzenberg-Annies. "Vielleicht sind an dem Tag, an dem die Zeitkapsel des DLR feierlich geöffnet wird, auch einige Damen und Herren dabei, die als Kinder an der Aktion teilgenommen und ihre Zukunftswünsche eingereicht haben."