Versuchsanlage für Raketentriebwerke

Im Herzen des DLR-Standort Trauen befindet sich die Versuchsanlage "Viererblock". Diese Anlage wurde 1961 zusammen mit weiteren Prüfständen und Laboratorien zur Erforschung von Raketentriebwerken mit festen Treibstoffen, Monergoltriebwerken und hypergol zündfähigen Treibstoffgemischen errichtet und wurde u.a. für Triebwerksversuche im Kontext der Entwicklung der europäischen "Europa-1" Rakete eingesetzt. Der Viererblock besteht aus vier Testzellen für die Durchführung horizontaler Triebwerkstests sowie einem zentral gelegenen Kontroll- und Steuerbunker zur sicheren Unterbringung von Personen und Messtechnik während eines Versuchslaufs. Die Zellen selbst sind zylindrisch ausgeführt, wodurch im Falle eines unregelmäßigen Versuchsablaufs eine optimale strukturelle Lastverteilung gewährleistet ist und bei einer Beschädigung die vergleichsweise schnelle Reparatur ermöglicht wird. Zwei Testzellen wurden für Triebwerksversuche mit flüssigen Treibstoffen bis zu einer Schubklasse von 150 Kilonewton konzipiert und werden jeweils durch einen Versorgungs- und Lagerraum für flüssige Treibstoffe ergänzt. Die anderen beiden Testzellen wurden für Versuche mit Festtreibstofftriebwerken mit einer Treibstoffmasse bis 300 Kilogramm entworfen. Der gesamte Anlagenkomplex ist von einem ca. 2,5 Meter hohen Schutzwall umgeben, um mögliche Schadensereignisse auf den Bereich der Anlage selbst zu begrenzen.

Versuch am "Viererblock" mit dem VISERION Triebwerk
Raketentriebwerkstest auf dem "Viererblock" Anlagenkomplex für Versuche mit Feststoff- und Hybridraketentriebwerken
Testlauf auf dem Viererblock: Die Abgasflamme des Triebwerkes tritt deutlich sichtbar aus dem Komplex hervor.

Aktuell wird der Viererblock für Versuche mit Feststoff- und Hybridtriebwerken verwendet. Eine der Flüssigzellen inklusive des dazugehörigen Tankraums wurde seit 2012 vom Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik für den Betrieb von Hybridtriebwerken bis zu einer Schubklasse von 15 Kilonewton mit hochkonzentriertem Wasserstoffperoxid als Oxidator ausgerüstet. Die übrigen Zellen werden von verschiedenen internen und externen Auftraggebern, u.a. Universitäten und Hochschulen im Kontext des studentischen STERN-Projekts des DLR, für Versuche mit Feststoff- und Hybridtriebwerken eingesetzt.

Um den Versuchskomplex für zukünftige Triebwerksprojekte im Kontext "Responsive Space" und als Forschungsanlage für industrielle Triebwerksentwicklungen zu etablieren, wurde eine umfassende Modernisierungsmaßnahme des "Viererblocks" angestoßen. Neben der allgemeinen Instandsetzung und Modernisierung aller Anlagenteile sowie der Messtechnik soll die Einsatzkapazität der Festtreibstoffzellen für Feststoffraketentriebwerke mit einer Treibstoffmasse von bis zu 1000 Kilogramm und einem Schub von bis zu 300 Kilonewton erhöht werden. Unter anderem wird dazu der Schutzwall weiter erhöht, ein automatisches Feuerschutz und -bekämpfungssystem installiert und der Kontrollbunker mit einer unabhängigen Luftversorgung ausgestattet werden. Verfahrbare Vorzellendächer sollen künftig beispielsweise die multidimensionale Signaturvermessung von Raketentriebwerken erlauben. Eine geeignete Ausführung des Zellenvorfelds wird, im Zusammenspiel mit dem geplanten Chemieanalyselabor im Technikum, das Potential bieten moderne Abgasaufbereitungsanlagen für Großprüfstände zu erproben, um auch in Zukunft allen Anforderungen des Umweltschutzes gerecht werden zu können. Die dafür notwendigen Baumaßnahmen werden zeitnah beginnen, so dass die Versuchsanlage in der modernisierten Konfiguration voraussichtlich 2026 den Betrieb aufnehmen kann.

Kontakt

Volker Brockhaus

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.
Kompetenzzentrum für Reaktionsschnelle Satellitenverbringung
Eugen-Sänger-Straße 50, 29328 Faßberg