MACS-Himalaya
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) war wissenschaftlicher Partner im Mountain Wave Project (MWP) und hat für die Himalaya-Kampagne 2013/2014 eine angepasste Variante seines modularen Luftbildkamerasystems MACS (Modular Aerial Camera System) zur Verfügung gestellt, mit welchem ein hochgenaues 3D-Modell der nepalesischen Everest-Region mit einer Bodenauflösung von bis zu 15 Zentimetern erstellt wurde.
Hintergrund der Expedition
Neben dem Einsatz in Katastrophen- und Gefahrenlagen zur Erstellung von Lagebilddaten in Echtzeit, nutzen wir die MACS-Kamerasysteme auch wissenschaftliche Fragestellungen im Umweltmonitoring - insbesondere in besonders anspruchsvollen Umgebungen wie im Hochgebirge oder polaren Gebieten. Im Rahmen der Himalaya-Expedition 2014 konnte das DLR diese Expertise für die erstmalige hochauflösende 3D-Kartierung Everest-Region mittels Luftbildaufnahmen einbringen. Die Ergebnisse wurden im Anschluss für unterschiedliche Anwendungen wie Gletscheruntersuchungen oder geomorphologische Analysen verwendet.
Folgende wissenschaftliche Themen wurden mit Hilfe des MACS-Kamerasystems adressiert:
- Ableitung von Indikatoren für die Wahrscheinlichkeit von Hangrutschungen in gefährdeten Gebieten wie dem Seti-Tal
- Erzeugung eines 3D-Modells der Rettungsroute zwischen Lukla und dem Mount Everest aus hochauflösenden Luftbilddaten
- Bereitstellung von Basisdaten für das bestehende Mountain GeoPortal der Forschungseinrichtung ICIMOD
- Analyse der Eis- und Schneebedeckung und hydrologische Modellierung des Schmelzwasserabflusses
Das vollständig automatisch arbeitende Kamerasystem wurde im Außenlastbehälter eines Motorseglers Stemme S10 VTX integriert. Es ist ausgelegt auf den Betrieb in Flughöhen bis zu 20 km. In Rahmen des Himalaya-Einsatzes wurden Flughöhen über 10 km erreicht werden. Durch den Einsatz mehrerer Kameramodule wurde ein Bildwinkel von ca. 120° abgedeckt. Somit wurde auch die hochauflösende Abbildung von Berghängen gewährleistet.
Im Anschluss an die Kampagne wurden die Luftbilddaten zu 3D-Geodaten (digitale Oberflächenmodelle, True-Otho-Mosaike und 3D-Modelle) in besonders hoher Auflösung und Lagegenauigkeit erstellt. Dafür kamen im DLR entwickelte Verfahren und Technologien zum Einsatz. Diese Daten sind Grundlage für eine Reihe weiterer Forschungsaktivitäten - u.a. im Bereich Georisiken und Gefährdungsanalysen.
Eindrucksvolle Impressionen
Um die Rekordflüge festzuhalten, wurden Videokameras an den verschiedensten Stellen des Flugzeuges angebracht, wie etwa an den Tragflächenspitzen, im Cockpit und am Leitwerk. Mit ihren Weitwinkelobjektiven wurden so ungewöhnliche und beeindruckende Perspektiven des Himalaya eingefangen.
Neben der eindrucksvollen Bergwelt des Annapurna-Massivs erkennt man auch die Enge im Fluggerät sowie die Sauerstoffversorgung für die Arbeit in großen Höhen. Die 3D-Spezialkamera ist unter der Tragfläche in einem speziellen Aussenlastbehälter (Wing-Pod) angebracht, der bei Aufnahmen aus dem Cockpit oder von der Tragflächenspitze aus gut zu erkennen ist. Das Kamerasystem arbeitet vollautomatisch, während die Piloten auf einem Tablet-Computer den aktuellen Fortschritt der Befliegung angezeigt bekommen: Direkt können sie kontrollieren, ob die geplanten Gebiete des jeweiligen Forschungsfluges vollständig und in der angestrebt hohen Auflösung von bis zu 15 Zentimetern aufgenommen wurden.
MACS-Daten in der Katastrophenhilfe
Im Rahmen der Expedition wurde auch Nepals Hauptstadt Kathmandu mit seiner beeindruckenden Altstadt hochauflösend 3D-kartiert - ursprünglich zur virtuellen Konservierung der vielen UNESCO Weltkulturerbestätten.
Etwa ein Jahr nach unseren Messflügen, am 25. April 2015 ereignete sich ein schweres Erdbeben mit einer Magnitude von fast 8 auf der Richterskala und mehreren tausend Opfern. Besonders betroffen war auch die Region um Kathmandu.
Die, durch die Befliegung generierten, einzigartigen 3D-Daten des Stadtgebietes galten als wertvolle Informationsquelle für die Einsatzkräfte vor Ort. Insbesondere halfen die Gebäudeinformationen bei der Koordinierung der Bergungs- und Rettungsarbeiten.
Der bis dato noch unveröffentlichten Datensatz mit einer Auflösung von 10 cm wurde kurzfristig gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des Zentrums für Satellitengestützte Kriseninformation des DLR (ZKI) ausgewertet und für den Einsatzzweck aufbereitet. Die fertigen Kartenprodukte wurden den Rettungskräften weltweit als Referenzkarte zur Verfügung gestellt.