Erster Wasserstoffzug auf dem spanischen Schienennetz

FCH2RAIL - bimodaler Demonstrationszug mit Wasserstoff-Brennstoffzellen

Die Tests von Spaniens erstem Wasserstoffzug haben mit einer Fahrt auf der Strecke von Saragossa nach Canfranc in den aragonesischen Pyrenäen begonnen. Weitere Probefahrten folgten in Madrid und in Galicien.

Im Projekt FCH2Rail hatten Forschung und Industrie einen bimodalen Demonstrationszug mit Wasserstoff-Brennstoffzellen entwickelt. Mit der Genehmigung von Testfahrten auf dem spanischen Eisenbahnnetz und der ersten Fernfahrt nach Canfranc in den aragonesischen Pyrenäen hatte das Projekt einen wichtigen Meilenstein erreicht. Dies war ein besonderes Highlight, da die Bahnlinie nach Canfranc wegen ihrer großen Steigungen eine besonders anspruchsvolle Strecke war, die eine große Herausforderung für die neuen Stromerzeugungssysteme darstellte. Der Demonstrationszug war auf einem CIVIA-Nahverkehrszug von Renfe aufgebaut, der sowohl im elektrischen Betrieb auf Strecken mit Oberleitung als auch im Hybridbetrieb mit Strom aus einem System von Wasserstoff-Brennstoffzellen und Batterien lokal emissionsfrei fahren konnte.

Motivation

Die Hälfte der Bahnstrecken in der Europäischen Union war zu Beginn des Proejktes elektrifiziert und ermöglichte bereits damals einen lokal emissionsfreien Nahverkehr. Auf den restlichen Streckenabschnitten waren dieselbetriebene Züge im Einsatz. Der Bau von Oberleitungen war jedoch sehr teuer, aufwändig und zeitaufwändig. Zudem hing die Realisierung von den lokalen geografischen Gegebenheiten ab. Die Reichweite rein batterieelektrisch betriebener Züge lag, je nach Streckenprofil und Außentemperaturen, bei rund 30 bis 100 Kilometern. Konventionelle Dieselfahrzeuge waren im Vergleich zu elektrischen Oberleitungsfahrzeugen in der Höchstgeschwindigkeit und der Beschleunigung eingeschränkt.

Im EU-Projekt FCH2RAIL (Fuel Cell Hybrid Power Pack for Rail Applications) entwickelte und testete das Konsortium mit Mitwirkenden aus Belgien, Deutschland, Spanien und Portugal einen neuartigen Zugtyp. Kernstück war ein hybrider, bimodaler Antrieb, der die Stromversorgung aus der Oberleitung mit einem oberleitungsunabhängigen, bordeigenen Hybrid-Powerpack aus Brennstoffzellen und Batterien kombinierte.

Oberleitung und Hybridsystem: Bimodales, emissionsfreies Reisen

Die Grundidee war: Auf elektrifizierten Strecken bezog der Zug seinen Strom zum Fahren aus der Oberleitung. Auf Strecken ohne Oberleitungen lieferte ein Brennstoffzellen-Batteriesystem, das „Fuel Cell Hybrid Power Pack“, den Fahrstrom. „Wir wollten zeigen, dass ein solches bimodales Stromsystem eine wettbewerbsfähige und umweltfreundliche Alternative zum Dieselantrieb ist“, sagte Holger Dittus, Projektleiter und Mitarbeiter am Institut für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

"Unser bimodales Brennstoffzellen-Batterie-System kombiniert die Vorteile beider elektrischen Technologien. Damit können wir den Schienenverkehr noch nachhaltiger und energieeffizienter gestalten", fasst Eva Terron, technische Projektleiterin bei Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles (CAF), das Hauptziel des Projekts zusammen.

Skalierbare Antriebseinheit für effiziente Produktion

Die Energieversorgung des Wasserstoffzugs war so konzipiert, dass sich je nach Einsatzprofil der Betreiber die Leistung und die Reichweite nach einem modularen Baukastenprinzip erweitern ließen. Die Antriebsleistung skalierte mit der Anzahl der Brennstoffzellen- und Batteriemodule, während die Anzahl der Wasserstofftanks die Reichweite auf nicht elektrifizierten Strecken bestimmte. Die Antriebseinheit konnte dadurch sowohl für den Einsatz im Personen- als auch im Güterverkehr optimal ausgelegt werden. Der modulare Aufbau ermöglichte zudem, die benötigten Komponenten in größeren Stückzahlen und damit kostengünstig zu produzieren.

In den Nahverkehrszug von Renfe hatte CAF ein neues Stromerzeugungssystem installiert, das Strom mit einem Hybrid aus Wasserstoff-Brennstoffzellen und Batterien erzeugte. Das neuartige System war in das bestehende Antriebssystem des Fahrzeugs integriert worden.

Nach einer statischen Testphase im CAF-Werk in Saragossa und der ersten Wasserstoffbetankung begannen Mitte 2022 die ersten Probefahrten auf einer abgeschlossenen Strecke. Dabei konnte das hybride Antriebssystem vor den ersten Fernfahrten auf repräsentativen Strecken des spanischen Eisenbahnnetzes optimiert werden.

2023 begann eine neue Testphase. Der Beginn dieser Testphase bedeutete die erste Genehmigung von Adif für den Betrieb eines Wasserstoffzuges auf der spanischen Eisenbahninfrastruktur. Der Wasserstoffzug hatte dabei alle Risikoanalysen und Sicherheitsvalidierungen zum Erproben der neuen Technologie bestanden. Gleichzeitig hatte Renfe die Lokführer und Zugmanager für das Führen des umgebauten CIVIA-Zugs geschult. Das Ziel war, die neue Technologie in einem breiten Spektrum von Leistungs- und Energiebedarf zu erproben und dabei verschiedene kommerzielle Dienste von Triebzügen zu simulieren. Zu diesem Zweck wurde der Zug auf verschiedenen Strecken des spanischen Eisenbahnnetzes in Aragonien, Madrid und Galicien eingesetzt. Zu den Testszenarien gehörten Fahrten unter verschiedenen klimatischen und betrieblichen Bedingungen. Dies ermöglichte, die neue Bordtechnologie umfassend zu charakterisieren und die Wettbewerbsfähigkeit des neuartigen Bimode-Hybrid-Antriebs mit Wasserstoff-Brennstoffzellen als nachhaltige Alternative zur Dieseltraktion zu bewerten.

Auf die Schiene gebracht: Funktionstests mit umgebautem Nahverkehrszug

Am Anfang der Probefahrten standen die Fragen, welche Bahnstrecken in Spanien und Portugal sich dafür eigneten und welche Umweltauswirkungen ein solches System, von der Herstellung über die Nutzung bis zur Entsorgung, hatte. Um diese Fragen mit Hilfe von Tests unter realen Bedingungen zu beantworten, hatte der spanische Schienenfahrzeughersteller CAF in einen elektrischen Nahverkehrszug der Baureihe CIVIA ein Brennstoffzellen-Hybrid-Aggregat eingebaut. Den Zug hatte die Spanische Staatsbahn Renfe Operadora zur Verfügung gestellt. Die zentralen Komponenten waren Brennstoffzellensysteme von Toyota Motor Europe (TME). Mit Unterstützung der Infrastrukturbetreiber Administrador de Infrastructuras Ferroviarias (Adif) und Infraestruturas de Portugal (IP) wurden erste Funktionstests und Probefahrten für die Zulassung auf spanischen und portugiesischen Strecken durchgeführt. Das spanische Wasserstoff-Forschungszentrum Centro Nacional de Hidrógeno (CNH2) hatte eine Wasserstofftankstelle zur Betankung des Prototyps gebaut.

Konzeption und Steuerung des Systems, Energiemanagement und Zulassung

Vor den ersten Testfahrten hatte das internationale Projektteam noch zahlreiche technologische Herausforderungen lösen müssen. Die Brennstoffzellen- und Batteriemodule mussten so kombiniert und gesteuert werden, dass das System alle Anforderungen erfüllte und gleichzeitig kostengünstig realisierbar war. Außerdem sollte die Abwärme der Brennstoffzellen zum Heizen und Klimatisieren des Zuges genutzt werden können. Der Klimaanlagenhersteller Faiveley / Stemmann Technik (STT) und das DLR hatten dazu innovative Lösungen untersucht, um den Energiebedarf für Heizung, Lüftung und Klimatisierung zu minimieren. Darüber hinaus hatte Stemmann die Wechselwirkung des Stromabnehmersystems mit den Wasserstoffsystemen analysiert.

Ein weiterer kritischer Punkt war das jederzeit sichere Zusammenspiel von Wasserstofftechnologie und Oberleitung. An der Oberleitung konnte es zur Funkenbildung kommen, sodass zusammen mit dem Wasserstoffbetrieb alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden mussten. Das Projekt hatte daher Normen und Standards in den Bereichen Wasserstoff und Schienenverkehr untersucht und versucht, beide zusammenzubringen. Auf dieser Grundlage entwickelte das Projektteam Vorschläge für die Zulassungsbehörden, damit solche Züge in naher Zukunft EU-weit schnell und einfach zugelassen werden können.

Über das Projektkonsortium

Dem FCH2Rail-Konsortium gehörten Mitwirkende aus Forschung und Industrie an: CAF, DLR, Toyota, Renfe, Adif, CNH2, IP und Stemmann-Technik. Der Erfolg des Projekts bestätigte und stärkte das Engagement der Unternehmen im FCH2RAIL-Konsortium zur Entwicklung umweltfreundlicher Mobilitätslösungen. Ebenso zählte das Projekt in der Testphase auf die Zusammenarbeit mit Unternehmen wie IBERDROLA bei der Lieferung von grünem Wasserstoff für die Testfahrten, SHIE-ARPA, das eine Wasserstoff-Betankungslösung bereitstellte, und Ercros, die die Nutzung ihrer Anlagen in Sabiñánigo während der Testphase zwischen Sabiñánigo und Canfranc ermöglichte.

Das Projekt wird mit 10 Millionen Euro durch das Gemeinsame Unternehmen Fuel Cells and Hydrogen 2 (FCH 2 JU, jetzt Clean Hydrogen Partnership) gefördert.

Wir wollen zeigen, dass ein solches bimodales Kraftpaket eine wettbewerbsfähige und umweltfreundliche Alternative zum Dieselantrieb ist

Holger Dittus , Projektleiter und Forscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt - Institut für Fahrzeugkonzepte (DLR)

Laufzeit

01/2021 - 06/2025

Partner

FCH2RAIL - Partner
Credit:

FCH2RAIL

Kontakt

Institut für Fahrzeugkonzepte

Pfaffenwaldring 38-40, 70569 Stuttgart
Tel: 0711 6862 256