Aeolus-Mission mit neuem Rekord erfolgreich abgeschlossen
Nach fast fünfjähriger Laufzeit ist das Doppler-Wind-Lidar-Instrument ALADIN (Atmospheric Laser Doppler Instrument) an Bord des Satelliten Aeolus am 5. Juli 2023 abgeschaltet worden. Die fünfte Earth Explorer Mission der ESA hatte ihre vorgesehene Betriebsdauer von drei Jahren bereits um 18 Monate übertroffen. Doch nun zwingt der zur Neige gehende Treibstoff den „Gott der Winde“ zur Rückkehr zur Erde. Der Treibstoffverbrauch war im vergangenen Jahr stark angestiegen infolge der zunehmenden Sonnenaktivität, die sich dem Maximum ihres etwa elfjährigen Zyklus nähert und dafür sorgt, dass der Satellit in seiner niedrigen Umlaufbahn von 320 km eine erhöhte Reibung durch die Erdatmosphäre erfährt. Nach einem schrittweisen Absinken soll der Satellit durch gezielte Manöver in einem ausgewählten Ozeankorridor in den kommenden Wochen über dem Meer verglühen. Es wird der erste assistierte Wiedereintritt dieser Art sein und soll einen Präzedenzfall für einen verantwortungsvollen Ansatz zur Verringerung von Weltraummüll darstellen.
Nachdem der operationelle Betrieb der ESA-Mission bereits am 30. April 2023 beendet worden war, wurde im Mai und Juni eine Vielzahl dedizierter Tests, so genannte End-of-Life-Aktivitäten, durchgeführt mit dem Ziel, wichtige wissenschaftliche und technologische Erkenntnisse für zukünftige Lidarmissionen im Weltraum wie EarthCARE und Aeolus-Nachfolger zu sammeln. Neben Sensitivitätsanalysen verschiedener Instrumentenparameter, insbesondere zur Justage, wurde das Leistungsmaximum des Lasers ausgereizt. So wurde die Energie der ultravioletten Laserpulse, die während des operationellen Betriebs zwischen 40 und 100 mJ lag, in den letzten Tagen vor dem Abschalten auf 182 mJ erhöht. Damit wurde ein neuer Rekord für einen UV-Laser im Weltraum aufgestellt. Dank einer wolkenfreien Atmosphäre konnten die letzten von insgesamt mehr als 7,3 Milliarden Laserpulsen seit August 2018 ungehindert in den Pazifischen Ozean zwischen Nordamerika und Hawaii eintauchen und finale Windprofile mit kompletter Abdeckung vom Boden bis in die untere Stratosphäre liefern (siehe Abb. 1).
Die Aeolus-Mission war ein voller Erfolg und hat die Erwartungen weit übertroffen. Obwohl ursprünglich nur als Technologiedemonstrator der ESA vorgesehen, haben sich die Windmessungen von ALADIN als so gut erwiesen, dass die Daten seit einigen Jahren von zahlreichen Wetterdiensten, u.a. beim Deutschen Wetterdienst (DWD) und dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF), für die Vorhersage operationell genutzt wurden. Trotz der großen Bedeutung des Windes für Wetter und Klima wurde die höhenaufgelöste, globale Messung von Windprofilen erst mit der technologisch äußerst herausfordernden Entwicklung von ALADIN möglich. Die europäische Forschung und Industrie nehmen heute dank der erfolgreichen Aeolus-Mission eine weltweite Führungsrolle im Bereich der Lidar-Technologie ein.
Das Institut für Physik der Atmosphäre (IPA) hat einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der Aeolus-Mission geleistet. Wissenschaftler des IPA sind von der ersten Idee für diese Mission in den 1980er und 1990er Jahren bis heute maßgeblich an der Entwicklung und Verbesserung des ALADIN-Instruments und seiner Datenprodukte beteiligt. So wurde am DLR der ALADIN Airborne Demonstrator (A2D) aufgebaut, mit dem bereits viele Jahre vor dem Satellitenstart wertvolle Erfahrung über Betrieb und Datenqualität der Wind-Lidar-Technologie gesammelt worden war. Als Referenz dienten dabei die dreidimensional gemessenen Windprofile des ebenfalls am IPA entwickelten 2-µm Doppler Wind-Lidars (DWL). Die mit A2D und 2-µm DWL bei zahlreichen Flugkampagnen gewonnenen Daten nutzte das IPA gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie für die kontinuierliche Weiterentwicklung des Aeolus-L1B-Prozessors sowie für die Validierung des Aeolus-Windprodukts.
In den letzten Jahren fand die Verbesserung der Datenprodukte im Rahmen des Aeolus Data Innovation and Science Clusters (DISC) statt. Das Aeolus DISC ist ein internationales Konsortium bestehend aus etwa 40 Wissenschaftler*innen und Ingenieur*innen bei mehr als zehn europäischen Instituten und Firmen (Abb. 2), welches im Auftrag der ESA und unter Leitung des IPA die Messungen von Aeolus analysiert, ihre Qualität verbessert und ihren Nutzen für die Wettervorhersage demonstriert hat.
Aufgrund der großen Bedeutung von globalen Winddaten für die zukünftige Wettervorhersage und Klimaforschung wurde auf der ESA-Ministerratskonferenz im November 2022 der Weg für eine operationelle Aeolus-Nachfolgemission als Kooperation zwischen ESA und EUMETSAT mit Start in den 2030er Jahren geebnet.